SZ + Dippoldiswalde
Merken

Osterzgebirge: Gastwirte schreiben offenen Brief an Landesregierung

Die sächsische Corona-Notfallverordnung wurde verlängert. Das wollen die hiesigen Hoteliers und Wirte nicht so einfach hinnehmen. Was sie fordern.

Von Anja Ehrhartsmann
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Jan Kempe, Mitglied im Wirtestammtisch Osterzgebirge, stellt am Gasthof Bärenfels Ende November das Schild mit den geltenden 2G-Regeln auf.
Jan Kempe, Mitglied im Wirtestammtisch Osterzgebirge, stellt am Gasthof Bärenfels Ende November das Schild mit den geltenden 2G-Regeln auf. © SZ-Archiv: Egbert Kamprath

Beim Wirtestammtisch Osterzgebirge, dem 23 Hoteliers und Gastwirte von Altenberg bis Neuklingenberg angehören, ist die Stimmung schlecht. Grund ist die sächsische Corona-Notfallverordnung, die nun um eine weitere Woche verlängert wurde. Der Stammtisch hat deshalb einen offenen Brief verfasst, adressiert an Staatsministerin Barbara Klepsch und Ministerpräsident Michael Kretschmer.

"Mit Ihren derzeit für uns gültigen Beschlüssen schließen Sie uns vom Wettbewerb aus und unterstützen damit unlauteren Wettbewerb zwischen den restlichen Bundesländern, anderen deutschen Mittelgebirgsregionen und Ferienhotels außerhalb Sachsens", heißt es in dem Brief, der Sächsische.de vorliegt.

Beschäftigte werden abgeworben

Die Wirte, deren Sprecher Jochen Löbel, ehemaliger Direktor des Zinnwalder Lugsteinhofes ist, äußern ihren Unmut darüber, dass sie nun schon zum zweiten Mal keine Übernachtungsgäste über die Advents- und Weihnachtszeit beherbergen durften. "Dem ,Weihnachtsland' Erzgebirge wurde mit diesem unsinnigen touristischen Beherbergungsverbot, der Schließung unserer Gasthäuser ab 20 Uhr und der Absage aller Weihnachtsmärkte ein unermesslicher Imageschaden zugefügt." Statt hier im Osterzgebirge hätten langjährige Stammgäste „Weiße Weihnachten“ im tschechischen Cinovec (Zinnwald), Cesky Jiretin (Georgendorf) und Bozi Dar (Gottesgab) gefeiert oder seien Richtung Rheinland/Pfalz, Hessen, Sachsen-Anhalt oder Berlin gefahren, um dort auf die Weihnachtsmärkte zu gehen.

"Mit dieser Politik fahren Sie sehenden Auges die sächsische Tourismusbranche an die Wand." Manche Kollegen seien bereits dabei, ihre Altersvorsorge aufzulösen, um mit den Ersparnissen finanzielle Löcher zu stopfen. Ohnmächtig müssten sie außerdem dabei zu schauen, wie ganz offen von Vertretern des Einzelhandels, der Deutschen Post oder des Online-Handels versucht werde, ihre Mitarbeiter ohne Skrupel abzuwerben.

Dass Beschäftigte einiger Branchen zudem 1.500 Euro Corona-Prämie erhalten, während sich im Gastgewerbe viele mit einem Kurzarbeitergehalt von 60 bis 80 Prozent des normalen Lohns zufriedengeben müssen, ohne Zuschläge und Trinkgeld, stößt den Gastwirten zudem sauer auf. "Wir sind maßlos enttäuscht, dass offenbar der Dialog mit unserer Regierung nur noch über Gerichte erfolgen kann. Die sächsische Staatsregierung macht uns mit ihrem Alleingang schmerzlich bewusst, dass wir weder ,systemrelevant' sind, noch zur wichtigen Infrastruktur gehören."

Wirte fordern bundeseinheitliche Regeln

Wenn sich an ihrer Situation nicht bald etwas ändere, werde Sachsen nicht nur Stammgäste aus dem In- und Ausland verlieren, sondern auch gut ausgebildete Köche, Hotel- und Restaurantfachleute. Und zu guter Letzt auch wichtige Ausbildungsbetriebe im ländlichen Raum. Die Gastwirte um Sprecher Jochen Löbel fordern deshalb unter anderem bundeseinheitliche Regeln für das Beherbergungs- und Gastgewerbe, verlässliche Öffnungsperspektiven und einen unverzüglichen Ausgleich des finanziellen Schadens, der ihnen durch das Berufsverbot entstanden ist.

In einem öffentlichen Austausch auf der Facebookseite des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU), der nach zwei Tagen bereits mehr als 77.000 Aufrufe verzeichnet hat, trat auch Veronika Hiebl, Geschäftsführerin der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen für die Branche ein und forderte einen "Gleichklang der Maßnahmen" mit anderen Bundesländern. Dem entgegnete Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD), dass sie dann aber auch auf einen Gleichklang bei der Impfquote drängen muss und sich dabei mehr Unterstützung der Branchenvertreter wünschen würde.

Die Gastwirte aus dem Osterzgebirge haben Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU) und Ministerpräsident Kretschmer zu ihrem nächsten Stammtisch eingeladen, der am 1. Februar bei Jan Kempe im Gasthof Bärenfels stattfindet. Sie hoffen nun auf eine Reaktion und einen ergebnisorientierten Dialog.