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Damit das Potenzial nicht auf der Strecke bleibt

Immer mehr Menschen fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz nicht ausreichend gefordert und gefördert. Das sorgt für Unzufriedenheit und erhöht die Bereitschaft, den Job zu wechseln.

Von Annett Kschieschan
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Vor allem jüngere Arbeitnehmer sind zunehmend unzufrieden am Arbeitsplatz. Oft, weil sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen können.
Vor allem jüngere Arbeitnehmer sind zunehmend unzufrieden am Arbeitsplatz. Oft, weil sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. © AdobeStock

Etwa ein Drittel seiner Lebenszeit verbringt der durchschnittliche Mitteleuropäer bei der Arbeit. Das ist eine ganze Menge. Nur mit Schlafen sind wir im Laufe des Lebens noch länger beschäftigt. Umso wichtiger, dass die Zeit im Büro, in der Produktionshalle, im Atelier oder auf der Baustelle nicht als verschwendet wahrgenommen wird.

Arbeitszufriedenheit ist ein wichtiger Bestandteil von Selbstwirksamkeit. Aber wie sieht es damit in einer Zeit aus, die von Krisen – global, national, lokal – geprägt ist? Die Personalvermittlung Avantgarde Experts hat genau das in einer Studie untersucht – und durchaus Beachtenswertes festgestellt. Demnach fühlen sich zunehmend mehr Beschäftigte in ihrem Job unterfordert beziehungsweise haben den Eindruck, ihre Fähigkeiten nicht voll einsetzen zu können. Das trifft auf Männer und Frauen nahezu in gleichem Maße zu. Allerdings zeigt die Studie große Unterschiede zwischen den Altersgruppen. So gaben vor allem jüngere Arbeitnehmer an, ihr Potenzial an ihrem gegenwärtigen Arbeitsplatz nicht wirklich ausschöpfen zu können.

Das erhöht die Wechselbereitschaft, denn – und das ist ein Ergebnis, das den Unternehmen im Grunde entgegenkommt – die Mehrheit der Befragten will im Job gefordert werden. Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer betonten, dass sie Herausforderungen positiv gegenüberstehen und sich eher über neue Aufgaben und Projekte freuen. Auch das gilt zwar etwas stärker für die jüngere Altersgruppe, aber auch die über 55-Jährigen sehen das nicht wesentlich anders. Hier spielt oft der Wunsch hinein, bei der Vergabe neuer Projekte nicht zugunsten der jüngeren Generation vergessen zu werden. Generell gilt das gute Miteinander von älteren und jüngeren Mitarbeitern als wichtiger Faktor für Arbeitszufriedenheit und ein gutes Teamgefühl. Rund 18 Prozent der Befragten gaben an, sich in ihrem gegenwärtigen Job eher überfordert zu fühlen. Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Krisenlage werden in diesen Fällen auch Veränderungen am Arbeitsplatz eher als verunsichernd erlebt.

Kommunikation ist Chefsache

Sowohl Über- als auch Unterforderung sorgen für Frust an Schreibtisch oder Werkbank. Dementsprechend sind viele Arbeitnehmer durchaus offen für einen Wechsel. Fast jeder Fünfte gab in der Befragung an, mit dem Gedanken zu spielen, in den nächsten sechs Monaten zu kündigen, sofern sich ein passendes Angebot findet. Letzteres ist in Zeiten des Fachkräftemangels in vielen Branchen keine große Herausforderung. Eine hohe Fluktuation wiederum ist für Unternehmen oft problematisch. Neue Mitarbeiter müssen erst einmal gefunden und dann entsprechend eingearbeitet werden. Beides kostet Zeit und Geld. Darüber hinaus kann das Teamgefüge durch allzu häufige Weg- und Neuzugänge leiden.

Was also tun, um die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und damit die Bereitschaft zur Abwanderung zur Konkurrenz zu senken? Die Antwort ist kein Geheimnis, geht im Arbeitsalltag aber dennoch leicht verloren. Eine gute Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Führungsebene hilft, sowohl Über- als auch Unterforderung zu vermeiden. In beiden Fällen ist es so, dass Beschäftigte und ihre Aufgaben nicht gut aufeinander abgestimmt sind. So kommt es dazu, dass der Eine seine Kenntnisse gar nicht einbringen kann, sich nicht wertgeschätzt fühlt und am Ende vielleicht sogar im Bore Out landet, während die Andere einen Aufgabe nach der anderen auf denTisch bekommt und das Pensum nur auf maximalem Stresslevel bewältigen kann. Dass vor allem jüngere Mitarbeiter geschlechterunabhängig beklagen, ihre Potenziale nicht ausschöpfen zu können, gibt dabei zu denken. Oft traut man dem Nachwuchs offensichtlich weniger zu, als er kann. Hier kann sich der Mut, einem jungen Teammitglied mehr Verantwortung zu übertragen, auszahlen.

Kommunikation hat heute viele Kanäle. Auch das gilt es bei der Mitarbeiterführung zu beachten. Seit Beginn der Corona-Pandemie werden diese Kanäle viel stärker genutzt. In der Avantgarde Experts-Studie bescheinigen zwei Drittel der Befragten ihren Arbeitgebern einen guten Umgang mit der Pandemie. Der Trend hin zum Homeoffice macht es manchem Mitarbeiter aber auch schwerer, das persönliche Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen. So geht es beim Teams-Meeting dann doch eher um projektbezogene Fragen, aber nicht um die generelle Zufriedenheit – oder Unzufriedenheit – des Angestellten mit seinen Aufgaben. Die Arbeitswelt erfindet sich gegenwärtig ohnehin neu. Kommunikationsstrategien, die die Kompatibilität von Mitarbeitern und Projekten im Fokus haben, dürften künftig noch stärker gefragt sind. Die Zeit, sie zu entwickeln, ist jetzt.

Für die Untersuchung „Arbeitszufriedenheit in Krisenzeiten“ der Personalvermittlung Avantgarde Experts wurden im Frühjahr 2022 1062 erwerbstätige und nicht-selbstständig arbeitende Personen bevölkerungsrepräsentativ nach Alter(ab 18 Jahren), Geschlecht und Region befragt.