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Gleicher Lohn für den gleichen Job?

Noch immer verdienen Frauen in vielen Branchen weniger als ihre männlichen Kollegen. Eine EU-Richtlinie verlangt nun Transparenz von Unternehmen. Doch die Umsetzung ist schwieriger als gedacht.

Von Annett Kschieschan
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Von wegen gerecht: Frauen hatten 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer, so das Statistische Bundesamt. Eine neue EU-Richtlinie soll Abhilfe schaffen.
Von wegen gerecht: Frauen hatten 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer, so das Statistische Bundesamt. Eine neue EU-Richtlinie soll Abhilfe schaffen. © AdobeStock

Arbeit soll sich lohnen. Das betonen Politiker quer durch alle politischen Lager. Doch Arbeit wird in Deutschland noch immer nicht gerecht bezahlt. „Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt es generell bei allen Beschäftigten und nicht nur bei Teilzeitverdiensten“, konstatierte die Dresdner Arbeitsagentur im Sommer und verwies dabei auf den bereinigten Gender Pay Gap, der den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien bezeichnet. Frauen in Dresden bekamen zum Zeitpunkt der Untersuchung im Schnitt zehn Prozent weniger Lohn für ihre Arbeit als ihre männlichen Kollegen. Sachsenweit lag der Wert bei 11,4 Prozent, deutschlandweit sogar bei 14,7 Prozent.

Hier wird einmal mehr sichtbar, dass Berufstätigkeit bei Frauen in Ostdeutschland auch mehr als 30 Jahre nach der politischen Wende noch eher als selbstverständlich wahrgenommen wird als im Westen des Landes. Doch Berufstätigkeit bedeutet nicht immer, ein auskömmliches Gehalt zu beziehen. Gerade Frauen arbeiten oft in Teilzeitmodellen, um Familie und Job unter einen Hut zu bekommen. Auch das ist nichts Neues, in Zeiten des Fachkräftemangels aber zunehmend mehr als ein privates Problem. Und es ist ein Thema, das aktuell noch unter einem anderen Gesichtspunkt diskutiert wird, dem des Entgelttransparenzgesetzes. Es soll eigentlich für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern sorgen. Doch das funktioniert längst noch nicht so wie angedacht. Andrea Jochmann-Döll, Elisa Rabe und Johannes Specht haben die erst im März verabschiedete EU-Richtlinie für das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) untersucht und gleich mehrere Probleme festgestellt.

Drei Jahre Zeit zur Umsetzung

So besteht zum Beispiel die Verpflichtung, Auskunft über die Verdienste zu geben, nach aktuellem deutschen Recht nur für Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten. Die EU-Richtlinie sieht hier keinerlei Größenbeschränkungen vor. Sie legt außerdem fest, dass bereits Bewerberinnen und Bewerber Anspruch auf entsprechende Informationen zum Einstiegsgehalt von Männern und Frauen in gleicher Position haben müssen.Wer jetzt einen Gleichbehandlungsanspruch durchsetzen will, muss sich damit auf eine Vergleichsgruppe von mindestens sechs Personen des anderen Geschlechts zu beziehen, die ähnliche Tätigkeiten ausüben. Die neue Richtlinie schafft auch hier Erleichterung. Demnach könnten künftig sogar Personen als Vergleich dienen, die nicht mehr im entsprechenden Unternehmen arbeiten.

Vielleicht noch wichtiger: betroffenen Beschäftigten wird die Beweislast von den Schultern genommen. Die Geschäftsführung muss ihrerseits beweisen, dass die firmeninterne Entlohnung diskriminierungsfrei organisiert ist. Im Zweifel ist Schadensersatz fällig. Was mit Blick auf die überfällige Lohngerechtigkeit nach einem wichtigen Schritt nach vorn klingt, beinhaltet in der Umsetzung aber noch Fallstricke. So ist zum einen der Gesetzgeber gefragt, wenn es darum geht, EU-Richtlinie und deutsche Gesetze in Einklang zu bringen. Aber auch auf die Gewerkschaften dürfte neue Arbeit zukommen. So haben Beschäftigte das Recht, bei unzutreffender oder unvollständiger Information „zusätzliche und angemessene Klarstellungen und Einzelheiten“ zu verlangen, so die Fachleute in der WSI-Studie. Innerbetriebliche, vielleicht auch juristische Auseinandersetzungen könnten eine Folge sein.

Zumindest die Gesetzeshüter haben noch ein wenig Aufschub. Die Entgelttransparenz-Richtlinie muss erst innerhalb von drei Jahren in deutsches Recht umgesetzt werden.