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So sinkt der Stress im Berufsalltag

Überstunden, Mehrarbeit durch unbesetzte Stellen oder krankheitsbedingte Ausfälle, schlechte Stimmung im Team: Es gibt viele Auslöser für Stress im Arbeitsleben. Einer der größten hat aber nur indirekt mit dem Job zu tun.

Von Annett Kschieschan
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Cholerik hat noch nie ein Problem konstruktiv gelöst, eine offene Kommunikation dagegen senkt den Stress im Arbeitsalltag – für alle Beteiligten.
Cholerik hat noch nie ein Problem konstruktiv gelöst, eine offene Kommunikation dagegen senkt den Stress im Arbeitsalltag – für alle Beteiligten. © AdobeStock

Weniger Stress! Das ist offenbar der größte Wunsch vieler Menschen in Deutschland und die Stress-Reduzierung gleichzeitig einer der beliebtesten Vorsätze für das neue Jahr. Stress gibt es in jedem Lebensbereich, im Job ist er aber besonders präsent. Kein Wunder, wer Vollzeit arbeitet, ist schließlich 40 Stunden in der Woche im Dienst. Rechnet man den Arbeitsweg noch hinzu, bleibt nicht mehr viel vom Tag übrig.

Oft, so die Erfahrung von Arbeitspsychologen, ist schon dieser immense Zeitaufwand allein ein Stressfaktor. Und Stress macht krank. Das zeigt ein Blick auf die Zahlen, zum Beispiel auf die einer aktuellen Metastudie, in der das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung für die Techniker-Krankenkasse (TK) 79 Analysen zur Arbeitsmobilität ausgewertet hat. Demnach nehmen zum Beispiel sowohl die psychischen als auch die physischen Beschwerden proportional mit der Fahrzeit zum Arbeitsplatz zu. Mit anderen Worten: Wer jeden Tag erst einmal viele Kilometer zurücklegen muss, um seinen Job anzutreten, leidet unter deutlich mehr Stress als Menschen, die einen kurzen Arbeitsweg haben. Die Schmerzgrenze liegt Experten zufolge bei 30 Minuten. Wer länger unterwegs ist – und das sind im Pendlerland Sachsen viele – tut seiner Gesundheit langfristig nichts Gutes. Zwar sind Pendler laut dem jüngsten TK-Report nicht unbedingt häufiger krank, dafür fallen sie oft aufgrund psychischer Probleme aus. Die Fehltage wegen Depressionen und anderen psychischen Leiden liegen demnach bei Pendlern fast 11 Prozent höher als bei Menschen, die im Homeoffice arbeiten oder nur kurze Strecken ins Büro oder in Werkstatt zurücklegen müssen. „Die Mobilität einer 24-Stunden-Gesellschaft hat ihren Preis“, so Dr. Steffen Häfner, Chefarzt Verhaltensmedizin und Psychosomatik an der Deutschen Klinik für Integrative Medizin und Naturheilverfahren in Bad Elster, im Rahmen der TK-Studie. Zwar fehlten derzeit noch Langzeituntersuchungen, „aber auf die Dauer ist Pendeln offenkundig gesundheitsschädigend“, so der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Kommunikation ist der Schlüssel

Den Stress in diesem Punkt zu reduzieren, ist nicht leicht. Nicht jeder Beruf und auch noch längst nicht jeder Arbeitgeber, der das könnte, ermöglicht eine Homeoffice-Lösung. Bleibt im Zweifel also nur der Jobwechsel. Dafür stehen die Zeichen in Zeiten des Fachkräftemangels gut, dennoch will auch diese Entscheidung überlegt sein. Denn neben dem Arbeitsweg ist natürlich auch der Alltag im Job selbst ein potenzieller Stressfaktor. Gerade weil es heute schwer ist, freie Stellen schnell zu besetzen, muss das Team oft Mehrarbeit leisten. Hält dieser Umstand länger an, kann es schnell zur Überlastung beziehungsweise einem Burnout kommen. Hier raten Experten Unternehmen dringend, ins Betriebliche Gesundheitsmanagement zu investieren. Mit Präventionsangeboten von der Rückenschule bis zu Sportangeboten und Anti-Stress-Trainings kann der Arbeitgeber nicht nur zeigen, dass ihm die Gesundheit seiner Mitarbeiter am Herzen liegt, sondern auch ganz konkret bei der Vorbeugung stressbedingter Krankheiten helfen.

Dabei unterstützen können oft vermeintlich kleine Veränderungen, zu denen eine angenehme Beleuchtung und die Senkung des Geräuschpegels durch Trennwände oder Pflanzeninseln in Großraumbüros gehören. Genauso wichtig wie eine angenehme Arbeitsatmosphäre ist eine offene Kommunikation, die es Mitarbeitern möglich macht, Probleme frühzeitig anzusprechen. Denn schlechte Stimmung, vielleicht sogar die Angst vor Auseinandersetzungen im Team oder Mobbing sind die größten Stressfaktoren überhaupt. Im Zweifel können speziell geschulte Mediatoren helfen, wenn das Betriebsklima nachhaltig geschädigt ist.

Auch diese Investition lohnt nach Einschätzung von Arbeitsmarkt-Experten. Mitarbeiter, die merken, dass ihr Arbeitgeber viel tut, um den Stresspegel im Alltag zu senken, sind entsprechend loyal dem Unternehmen gegenüber. Ein hohes Gut in diesen Tagen.