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„Viele Jugendliche denken, Cannabis ist schon legal“

Neben Alkohol konsumieren im Landkreis Bautzen immer mehr vor allem junge Menschen Cannabis. Suchtberaterin Jana Stahn erklärt, wie sich das auswirkt und was sie von einer Legalisierung hält.

Von David Berndt
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Jana Stahn ist Leiterin der Suchtkrankenhilfe der Arbeiterwohlfahrt Bautzen. Sie sagt, Drogenkonsum beginnt oft schon mit 14, 15 Jahren.
Jana Stahn ist Leiterin der Suchtkrankenhilfe der Arbeiterwohlfahrt Bautzen. Sie sagt, Drogenkonsum beginnt oft schon mit 14, 15 Jahren. © Steffen Unger

Bautzen. Der Freistaat Sachsen hat jetzt seinen neuesten Drogen- und Suchtbericht vorgestellt. Alkoholkonsum wird darin als größtes Problem beschrieben. Dazu kommen Crystal, Cannabis und weitere illegale Drogen.

Jana Stahn, Leiterin der Suchtkrankenhilfe der Arbeiterwohlfahrt Bautzen, spricht im Interview über die Lage im Landkreis Bautzen, die Auswirkungen des Konsums und eine mögliche Cannabis-Legalisierung.

Frau Stahn, laut dem vierten sächsischen Drogen- und Suchtbericht ist der Alkoholkonsum das größte Problem im Freistaat. Wie sieht es im Landkreis Bautzen aus?

Das ist hier ganz genau so, wie die vergangenen Jahre auch. Von unseren 906 Betroffenen und Angehörigen im Jahr 2023 ist die Hälfte mit oder wegen eines Alkoholproblems in unsere Beratungsstelle gekommen.

Warum ist der Alkoholkonsum das größte Problem?

Alkohol ist eine legale Droge, verfügbar, preiswert, einfach zu bekommen, und der Konsum ist ein gesellschaftliches Phänomen. Alkohol kann am Anfang auch schon mal Probleme lösen.

Welche Probleme können das sein?

Allgemeine Sorgen, Probleme beim Einschlafen oder nach der Arbeit nicht so gut entspannen zu können. Diese Probleme kann Alkoholkonsum vielleicht zu Beginn lösen, aber daraus kann sich ein größeres Problem entwickeln

Ab wann ist Alkoholkonsum ein Problem?

Wenn der Alkohol eine Funktion bekommt, also, wenn ich ihn brauche, um einschlafen zu können, um Probleme zu verdrängen, um nach der Arbeit runterzufahren. Aber auch, wenn andere Pflichten zum Teil oder komplett vernachlässigt werden. Und es wird problematisch, wenn Menschen immer mehr Alkohol brauchen, um dieselbe Wirkung zu erzielen wie zu Beginn.

2022 gab es weniger Alkohol-Fälle bei Ihnen als im Vorjahr. 2023 sind es wieder mehr geworden. Warum gab es diesen zwischenzeitlichen Rückgang?

Ich denke, das hat noch ein bisschen was mit der Corona-Pandemie zu tun. In dieser Zeit waren die Problemlagen im sozialen Kontext, auf Arbeit, innerhalb der Familie oder mit Schulden alle sehr komplex. Da kamen nicht nur Betroffene mit Alkoholproblemen. Und bei vielen Klienten sind erstmal andere Probleme zu lösen, bevor sie mit einer Therapie beginnen oder einen Antrag dafür stellen. Auffällig waren die Probleme mit sozialen Kontakten.

Inwiefern?

Die sozialen Kontakte haben abgenommen oder es fällt den Menschen schwerer, sie aufzunehmen, zu halten oder zu stabilisieren, nicht nur im Zusammenhang mit Alkoholproblemen. Junge Mädchen mit Essstörungen zum Beispiel hatten immer nur über soziale Medien Kontakte gehalten und sich über Essen und Nicht-essen strukturiert. Und es fehlen vor allem die positiven sozialen Kontakte, die dabei helfen rauszugehen und was Tolles zu unternehmen oder etwas zu schaffen.