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Tarifeinigung: Wer jetzt mehr verdient, und was das für die Kommunen im Kreis Bautzen bedeutet

Für den Landkreis Bautzen sowie Städte und Gemeinden steigen die Personalkosten, zum Teil um mehrere Millionen Euro. Wie bewältigen sie das?

Von David Berndt & Reiner Hanke & Verena Belzer
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Ende April 2023 hatten sich Gewerkschaften und Arbeitnehmer auf einen neuen Tarif für den öffentlichen Dienst geeinigt - der auch im Landkreis Bautzen große Auswirkungen hat. Dem gingen mehrere Streiks an verschiedenen Orten und Einrichtungen voraus.
Ende April 2023 hatten sich Gewerkschaften und Arbeitnehmer auf einen neuen Tarif für den öffentlichen Dienst geeinigt - der auch im Landkreis Bautzen große Auswirkungen hat. Dem gingen mehrere Streiks an verschiedenen Orten und Einrichtungen voraus. © Archivfoto: dpa/Martin Schutt

Bautzen. Erzieherinnen, die Leute vom Bauhof oder Sachbearbeiter beim Meldewesen: Durch die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst Ende April 2023 bekommen sie und weitere Angestellte durch Sonderzahlungen und Lohnerhöhungen mehr Geld.

Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich unter anderem auf steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3.000 Euro in mehreren Stufen geeinigt. 1.240 Euro davon sollen in diesem Juni fließen, weitere 220 Euro dann jeweils in den Monaten von Juli bis Februar 2024. Ab März 2024 soll es einen Sockelbetrag von 200 Euro brutto sowie anschließend 5,5 Prozent mehr Lohn geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro brutto erreicht, soll der Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden.

Diese Einigung hat Folgen für den Landkreis Bautzen und sämtliche Kommunen. Ihre Personalkosten steigen.

Landkreis Bautzen zahlt 1.773 Beschäftigten mehr Geld

Der Landkreis Bautzen muss durch die Tarifeinigung Mehrkosten von rund 4,5 Millionen Euro für das Jahr 2023 und von rund zehn Millionen Euro für das Jahr 2024 einplanen. Die Personalkosten betragen rund 20 Prozent der Gesamtausgaben, heißt es aus dem Landratsamt. Das muss nun für den Großteil seiner aktuell 1.858 Beschäftigten die Sonderzahlungen und Lohnerhöhungen auszahlen. Lediglich 80 Beamte, drei Volontäre und zwei geringfügig Beschäftigte seien nicht von der Tarifeinigung betroffen.

Im Juni entscheidet der Bautzener Kreistag über den Doppelhaushalt des Landkreises für 2023/24. Im Entwurf seien die Ergebnisse der Tarifeinigung für 2024 berücksichtigt. Das Landratsamt befinde sich in Gesprächen mit den Fraktionen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Es herrsche Einigkeit darüber, dass es in dem schon stark reduzierten Freiwilligkeitsbereich zunächst keine weiteren Kürzungen geben soll, sagt Landkreis-Sprecherin Sabine Rötschke.

Zuletzt wurden diese Leistungen im März 2022 per Kreistagsbeschluss reduziert oder gestrichen, etwa für die Förderung von Kita-Investitionen, den Aus- und Neubau von Pendlerparkplätzen an der A4 oder die Schlüsselzuweisung je Oberschüler an die Kommunen.

Bautzen kostet Tarifabschluss 2023/24 knapp 4,8 Millionen Euro

In der größten Stadt des Landkreises betrifft die Tarifeinigung etwa 500 Beschäftigte, so Bautzens Stadtsprecher Peter Stange. Für 2023 entstehen demnach etwa 1,18 Millionen Euro und für 2024 etwa 3,6 Millionen Euro mehr Personalkosten.

Bautzens Finanzbürgermeister Robert Böhmer begrüßt einerseits den erzielten Kompromiss. „Andererseits müssen wir als Kommune gehörige Anstrengungen unternehmen, um die dauerhafte Mehrbelastung bewerkstelligen zu können“, so Böhmer.

So bekommt zum Beispiel ein Verwaltungsangestellter der Stadt Bautzen in Vollzeit und Entgeltgruppe 9b, Stufe 3, in diesem Jahr eine einkommensteuerfreie Sonderzahlung in Höhe von 2.560 Euro; 2024 kämen eine weitere in Höhe von 440 Euro dazu. Ab 1. März 2024 folgt eine Entgelterhöhung von monatlich knapp 407 Euro.

Alle Mitarbeiter der Stadt Radeberg bekommen mehr Geld

Laut Radebergs OB Frank Höhme (parteilos) ist „der Tarifabschluss ohne Zweifel sehr teuer, aber notwendig, um als Verwaltung vom Personal her konkurrenzfähig zu bleiben und unsere Stadt gemeinsam voranbringen zu können.“

In Radeberg bekommen alle 88 städtischen Mitarbeiter mehr Geld. Ausgenommen ist nur der OB, denn wie andere hauptamtliche Bürgermeister ist er Beamter auf Zeit.

Für den städtischen Haushalt bedeutet das 2023 eine Kostensteigerung von 200.000 Euro, 2024 dann von 500.000 Euro. Zum Vergleich: Der städtische Haushalt, der demnächst beschlossen wird, beläuft sich auf etwa 32 Millionen Euro. „Im Rahmen der Haushaltsplanung werden immer geschätzte Lohnsteigerungen aufgrund der Tarifverhandlungen geplant“, erklärt die Radeberger Pressesprecherin Sarah Günther. Aktuell seien das drei Prozent pro Jahr.

Königsbrücks Personalkosten erhöhen sich 2023 um 260.000 Euro

Für Heiko Driesnack (CDU) ist die Sache klar: Dieser Tarifabschluss sei einer der höchsten überhaupt. „Das trifft jede Kommune“, sagt der Vorsitzende des Bautzener Kreisverbandes des Sächsischen Städte- und Gemeindetages.

Der Kommunalpolitiker weiß aus eigener Erfahrung als Bürgermeister von Königsbrück um die Mehrbelastung. Der Tarifabschluss koste seine Gemeinde 260.000 Euro mehr für das Jahr 2023. Die Berechnungen für 2024 seien noch nicht abgeschlossen. „Für die Mitarbeiter ist das schön, aber für die Kommunen ist jeder Tarifabschluss eine zusätzliche Belastung.“

Bischofswerda will äußerst sparsam wirtschaften

Ende April hat der Stadtrat Bischofswerda die Haushaltssatzung für die Stadt beschlossen. Diese liege nun zur Prüfung und Genehmigung beim Landratsamt, erklärt Stadtsprecher Sascha Hache.

Im Doppelhaushalt 2023/2024 seien die Tarifsteigerungen bereits eingeplant. Diese betreffen 185 Mitarbeiter. Wie Oberbürgermeister Dr. Holm Große (parteilos) ausführt, geht es 2023 um Personalausgaben in Höhe von rund zehn Millionen Euro und 2024 von rund 10,2 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2021 seien es rund 8,2 und 2022 rund 8,7 Millionen Euro gewesen.

Bischofswerda werde dieses Tarifergebnis mit einer äußerst sparsamen Haushaltsführung bewältigen. „Der Fokus ist ganz klar auf die Sicherstellung der Erfüllung der Pflichtaufgaben gesetzt“, sagt der OB.

Kamenz gibt 2023 rund 12,5 Millionen Euro für Personal aus

Die Stadt Kamenz plant im Etat für 2023 mit Personalkosten von etwa 12,5 Millionen Euro. Der Betrag beruhe auf Schätzungen, die weit vor den Tarifverhandlungen getroffen wurden, so Stadtsprecher Thomas Käppler. In der Summe sei ein Tarifplus enthalten. Rund 530.000 Euro habe die Stadt aufgeschlagen. (mit dpa und SZ/mis/trw)