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Taugt die Vogelkreuzung in Bautzen zum Kreisverkehr?

Die Vogelkreuzung in Bautzen soll zum Kreisverkehr umgebaut werden. Sächsische.de hat Verkehrsexperten von TU Dresden und ADAC gefragt, ob das funktionieren kann.

Von Katja Schlenker
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Aus der Vogelkreuzung in Bautzen soll ein Kreisverkehr werden. Dafür möchte die Stadt das Eckhaus nahe dem Sorbischen National-Ensemble kaufen und abreißen.
Aus der Vogelkreuzung in Bautzen soll ein Kreisverkehr werden. Dafür möchte die Stadt das Eckhaus nahe dem Sorbischen National-Ensemble kaufen und abreißen. © Archivfoto: Steffen Unger

Bautzen. Die Vogelkreuzung in Bautzen soll zu einem Kreisverkehr umgebaut werden. Ziel ist, den Verkehr an dieser Stelle, wo Friedensbrücke, Lauengraben und Äußere Lauenstraße aufeinandertreffen, zu harmonisieren. Sächsische.de hat zwei Verkehrsexperten dazu befragt, ob das funktionieren kann.

Wie ist der Status quo an der Vogelkreuzung in Bautzen?

Die Idee, anstelle der Vogelkreuzung einen Kreisverkehr anzulegen, ist nicht neu. Bereits Anfang 2017 wurden Ergebnisse vorgestellt, nachdem Experten den Verkehr auf der Vogelkreuzung untersucht hatten. Fazit: Ein Kreisverkehr an der Stelle wäre machbar. Mit dem Umbau soll der Verkehr harmonisiert werden. Gelungen ist das bereits an anderer Stelle in Bautzen - und zwar am Schliebenkreisel, der aus der Kreuzung von Dresdener und Schliebenstraße entstanden ist.

An der Vogelkreuzung gibt es immer wieder Konflikte. Am Lauengraben fächert sich die Fahrbahn auf vier Spuren auf. Da stadtauswärts von Tempo 30 auf Tempo 50 erhöht wird und mancher noch die grüne Ampel erreichen möchte, läuft der Verkehr dort eher unruhig.

Ein Blick von oben auf die Vogelkreuzung in Bautzen zeigt deren Defizite. So laufen die Fahrbahnen zum Beispiel nicht genau senkrecht aufeinander zu.
Ein Blick von oben auf die Vogelkreuzung in Bautzen zeigt deren Defizite. So laufen die Fahrbahnen zum Beispiel nicht genau senkrecht aufeinander zu. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Durch die lange Linksabbiegespur auf der Äußeren Lauenstraße werden zudem Einfahrten in einige Nebenstraßen blockiert. Manche Autofahrer biegen dennoch zum Beispiel nach links in die Goschwitzstraße ab – und blockieren so nachfolgenden Verkehr von der Vogelkreuzung. Solche Situationen sollen künftig vermieden werden.

Was ist in Bautzen an der Vogelkreuzung geplant?

Gebaut würde ein Kreisverkehr mit vier Zu- beziehungsweise Abfahrten – analog zur Kreuzung. Dieser hätte einen Durchmesser von rund 40 Metern, wie Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU) jüngst bei einem Pressegespräch erklärte. An jedem Arm im Kreisverkehr würde es einen Zebrastreifen geben und sich so die Situation für Fußgänger verbessern. Vorbild ist auch hier der Schliebenkreisel.

Um das Vorhaben umsetzen zu können, muss die Stadt jedoch das Eckgebäude mit der Adresse An der Friedensbrücke 2 kaufen und abreißen, informierte der OB. Nur so wäre ausreichend Platz für den Kreisverkehr.

Welche Vorteile bietet ein Kreisverkehr?

Die Vorteile hängen stark vom jeweiligen Kreisverkehr und dem verglichenen Knotenpunkt ab, sagt Armin Kollascheck, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Mobilitätssystemplanung an der Fakultät Verkehrswissenschaften der TU Dresden. „Grundsätzlich sind einstreifige Kreisverkehre bei einer Umsetzung nach Regelwerk für alle Verkehrsteilnehmer verkehrssicher“, erklärt er. „Sie sind sicherer als die meisten anderen Knotenpunktformen. Daneben sind die Wartezeiten für Fußgänger gering.“

Dies bestätigt Markus Löffler, Leiter des Bereichs Umwelt, Verkehr und Technik beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club ADAC Sachsen. „Man hat kein Rot an der Ampel und kann jederzeit fahren, wenn der Verkehr es zulässt“, beschreibt er. „Die Haltezeiten gegenüber einer Ampel können also verringert werden, sofern der Kreisverkehr nicht zu hoch belastet ist.“

Welche Nachteile hat ein Kreisverkehr?

Auch das hänge stark vom jeweiligen Kreisverkehr und dem damit verglichenen Knotenpunkt ab, erläutert Armin Kollascheck. Jedoch: „Radfahrer – soweit nicht im Mischverkehr geführt – und Fußgänger müssen abhängig vom Radius des Kreisverkehrs geringfügige Umwege in Kauf nehmen.“

Außerdem müsse man unter anderem beachten, wo der Radverkehr entlanggeführt wird, fügt Markus Löffler hinzu. Jeder Verkehrsteilnehmer müsse auf Anhieb verstehen, wo er im Kreisverkehr hingehört.

Wie wirken sich die Ampeln am Kornmarkt-Center aus?

Dafür wäre eine detaillierte Betrachtung der Situation nötig, erklärt Armin Kollascheck. „Eine pauschale Aussage ist schwierig“, sagt er. „Durch eine Lichtsignalanlage für Fußgänger wird der motorisierte Verkehr und in diesem Fall auch der Radverkehr immer Nachteile bezüglich der Reisezeit haben.“ Inwieweit diese zu groß sind und Handlungsbedarf erfordern, sei dann primär eine politische Frage.

Ein Problem könnte durch die zwei Fußgängerampeln jedoch entstehen: Wenn der Verkehr über die Friedensbrücke in die Innenstadt so stark ist, dass dieser den Kreisverkehr zustellt. „Das Überstauen des Kreisverkehrs muss man sich bei der Planung genau ansehen – das darf nicht passieren“, erläutert Markus Löffler. „Dafür braucht es eine verkehrstechnische Untersuchung mit Prognose.“

Welche Kapazität hat ein Kreisverkehr im Schnitt?

Nach dem Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen gelten innerorts folgende Werte:

  • Minikreisverkehre schaffen bis 12.000 Kraftfahrzeuge innerhalb von 24 Stunden problemlos, im Einzelfall auch bis zu 18.000.
  • Kleine Kreisverkehre können bis 15.000 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden problemlos bewältigen, im Einzelfall auch bis zu 25.000.

„Die genaue Kapazität für den Kfz-Verkehr ist für den Einzelfall zu berechnen und hängt neben den Entwurfsparametern des Kreisverkehrs auch von den Verkehrsstärken des Rad- und Fußverkehrs sowie der vorliegenden Verteilung des Kfz-Verkehrs ab“, erklärt Armin Kollascheck.