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Ukraine-Flüchtlinge: Hürden bei der Wohnungssuche

Die Verteilung der Flüchtlinge im Landkreis Bautzen geht nur schleppend voran, Helfer zeigen sich frustriert. Zumindest auf der Miete soll aber niemand sitzen bleiben.

Von Tim Ruben Weimer
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Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine treffen auch im Landkreis Bautzen ein. Inzwischen werden für sie keine Notunterkünfte, sondern Wohnungen gesucht, in denen sie längerfristig bleiben können.
Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine treffen auch im Landkreis Bautzen ein. Inzwischen werden für sie keine Notunterkünfte, sondern Wohnungen gesucht, in denen sie längerfristig bleiben können. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Im Landkreis Bautzen sind mit Stand vom 29. März 314 ukrainische Flüchtlinge registriert. Ein Großteil der Geflüchteten wartet jedoch noch auf die Registrierung. Das liegt daran, dass das Bautzener Ausländeramt nicht genug Personal und nur ein Gerät hat, mit dem biometrische Fotos gemacht und Fingerabdrücke genommen werden können, heißt es vom Landratsamt. Das Online-Formular zur Ersterfassung haben bis Ende März bereits 1.519 Personen ausgefüllt.

Währenddessen suchen viele Helfer, die vorübergehend Flüchtlinge aufgenommen haben, nach Wohnungen, in denen die Ukrainer langfristig leben können. So wie Antje Hahn aus Weißenberg, die seit Anfang März fünf Flüchtlinge bei ihren Eltern und zwei weitere in der alten Schule im Nachbarort Buchholz wohnen hat.

Wer eigene Wohnung vermietet, erhält 150 Euro

"Wir als Helfer haben keinerlei Unterstützung bekommen, alles lief über Beziehungen", sagt sie. Sieben Flüchtlinge über einen Monat zu finanzieren, habe sie mehrere 1.000 Euro gekostet. Ob sie die wiederbekommen wird, weiß sie nicht. "Es gibt dafür noch keine Anträge. Wenn ich beim Amt nachfrage, heißt es, es sei noch nicht beschlossen."

Helfern, die ihre eigene Wohnung untervermieten, stehen 150 Euro pro Monat zu, teilt das Bautzener Landratsamt mit. Langfristige Wohnungsangebote sammelt der Landkreis zentral über ein Online-Formular. Bislang seien 455 Angebote eingegangen, von denen inzwischen mehr als jede dritte Wohnung belegt sei. Allerdings habe der Landkreis auch fast jedes dritte Wohnungsangebot abgelehnt. Der häufigste Grund sei, dass die Unterkunft nicht lange genug zur Verfügung gestanden hätte.

Landkreis sucht langfristige Wohnungen ohne Luxus

Die angebotenen Wohnungen prüft der Landkreis bezüglich Zustand, Ausstattung und Kosten. Als Grundlage dafür dient die Richtlinie zu den Kosten der Unterkunft. Laut dieser wird eine Wohnung akzeptiert, wenn sie "einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist". Nur dann vermittelt der Landkreis die Wohnung an Flüchtlinge und übernimmt die Miete.

"Uns wurde von der Nutzung des Online-Formulars des Landkreises abgeraten", berichtet dagegen Maria Nopper, die gerne eine ukrainische Familie bei sich unterbringen würde. Man habe ihr gesagt, private Zimmer würden dort selten abgerufen. "Wir sind uns auch etwas unsicher, weil unser Haus älter und teilweise vom Sanierungsstand etwas einfach ist", schreibt sie auf Facebook. Tatsächlich sucht der Landkreis derzeit weniger Wohnungen als Notunterbringung, sondern eigenständige Wohnungen, in denen die Flüchtlinge langfristig leben können.

Klare Regeln für Wohnfläche, Miete und Heizkosten

Klare Regeln hat der Landkreis, was die Wohnfläche angeht: Alleinstehende dürfen maximal auf 45 Quadratmetern wohnen, damit die Miete übernommen wird, zwei Personen auf 60, drei auf 75 und vier Personen auf 85 Quadratmetern. Wie hoch die übernommene Miete ausfällt, hängt auch von der Lage der Wohnung ab. Für eine Wohnung mit 75 bis 85 Quadratmetern zahlt der Landkreis in der Stadt Bautzen rund 530 Euro, in Bischofswerda und Hoyerswerda 540 Euro und in Kamenz sogar 550 Euro. Im Umland von Kamenz und Bautzen sind es dagegen nur rund 500 Euro.

Die übernommene Miete setzt sich aus dem Quadratmeterpreis und den Nebenkosten zusammen. Heizkosten übernimmt der Landkreis separat. Auch hier werde deren "Angemessenheit" geprüft, als Richtwert gelte der bundeseinheitliche Heizspiegel. Der Mietvertrag wird entweder zwischen Vermieter und dem Landratsamt geschlossen oder aber mit den Geflüchteten selbst, wobei der Vertrag an den Landkreis abgetreten werden kann.

10.500 Euro jährlich für jeden Flüchtling

Wie viel Geld für Wohnungen bereits ausgegeben wurde, kann das Landratsamt nicht sagen. "Wir gehen davon aus, dass sämtliche Kosten, die derzeit im Zusammenhang mit der Aufnahme der Menschen aus der Ukraine entstehen, letztlich von Bund und Land getragen werden", teilt der Landkreis mit. Man gehe dabei zum Teil in Vorleistung.

Insgesamt werden für jeden Flüchtling jährlich 10.500 Euro geleistet. Das entspricht der Pauschale, die auch Asylbewerber erhalten. Ukrainer müssen aber keinen Asylantrag stellen, da ihnen als Vertriebene in allen EU-Staaten besonderer Schutz zusteht. Unklar ist noch, wie Elternbeiträge für Kitas, Schulkosten und Krankenkosten finanziert werden sollen.

"Viele wissen nicht, worauf sie sich einlassen"

In der Praxis stoßen die Regelungen aber an Grenzen. Antje Hahn hat für fünf ihrer aufgenommenen Flüchtlinge inzwischen über Kontakte eine Wohnung bei einem privaten Vermieter in Reichenbach zwischen Weißenberg und Görlitz gefunden, am Mittwoch zogen sie ein. Doch eigentlich ist die Wohnung zu groß. Laut Richtlinie könnten auf der Wohnfläche sieben Personen leben. Der Vermieter will zwei weitere Flüchtlinge aufnehmen, um nicht selber zuzahlen zu müssen.

"Die Flüchtlinge sind zwar genügsam", sagt Antje Hahn, "aber ich stelle es mir nicht schön vor, in einem fremden Land mit fremden Leuten zusammen zu wohnen." Und auch bei der Wohnung für die anderen beiden Flüchtlinge gibt es Probleme: Sie ist 100 Euro zu teuer. Die Ukrainer sind bereit, die Restsumme aus eigener Tasche zu bezahlen, doch das Landratsamt hält dies für "nicht zumutbar". "Ich bin wirklich sehr erschüttert", sagt Hahn. "Viele Helfer, die privat Flüchtlinge aufnehmen, wissen nicht, worauf sie sich einlassen."