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Landkreis Bautzen: So werden die Freibäder fit für den Sommer-Ansturm

Bei sommerlichen Temperaturen gibt es kaum etwas Schöneres als einen Besuch im Freibad. Doch was passiert eigentlich, ehe sich die Tore öffnen? Ein Blick hinter die Kulissen.

Von Tim Ruben Weimer
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Mario Gneuß ist einer von zwei Schwimmmeistern im Bischofswerdaer Stadtbad. Die Arbeit beginnt für ihn lange vor den Öffnungszeiten.
Mario Gneuß ist einer von zwei Schwimmmeistern im Bischofswerdaer Stadtbad. Die Arbeit beginnt für ihn lange vor den Öffnungszeiten. © Steffen Unger

Bischofswerda/Taubenheim. Um 8.45 Uhr rüttelt es am Eingangstor des Freibades Bischofswerda, Stimmengewirr erklingt. „Wir wollen rein, wir sind schon 30 Kilometer zu Fuß gelaufen!“, behauptet ein Schüler der Grundschule Goldbach lautstark. „Und ich hatte noch kein Frühstück!“

Doch das Freibad öffnet erst um neun, Schwimmmeister Mario Gneuß sitzt noch bei Kaffee und Brötchen in der kleinen Küche des Bads. Ihn stört der bevorstehende Trubel nicht. „Die sollen hier im Freibad ruhig mal den Affen rauslassen, dafür sind solche Anlagen doch da“, sagt er. „Viel schlimmer wäre es doch, wenn bei diesem blauen Himmel niemand am Eingang stehen würde.“

Bademeister darf Becken nicht aus den Augen lassen

Um neun Uhr tauscht Gneuß Blaumann und Turnschuhe gegen Shorts, Badelatschen und weißes T-Shirt mit der Aufschrift „Schwimmmeister“. Die Schüler erstürmen das Gelände, einige Rentner schwimmen bereits ihre ersten Bahnen. Gneuß trägt seine Kaffeetasse nach draußen und nimmt seinen Platz unter einem Sonnenschirm mit Blick auf das ganze Schwimmbad ein. Die nächsten drei Stunden bis zum Eintreffen von Rettungsschwimmer und zweitem Schwimmmeister wird er hier verbringen und die Badegäste beobachten. Einige grüßen ihn freundlich. Gelegentlich müsse er ein Pflaster ausgeben, sagt er, Schlimmeres sei in seinen bisherigen zwei Jahren in Bischofswerda nicht passiert. Schwimmmeister – ein entspannter Job?

Sandi Wermes versteht sich als strenge Bademeisterin. „Wer auf der Rutsche läuft, bekommt bei mir Rutschverbot“, sagt die Rettungsschwimmerin aus Taubenheim, die im dortigen Erlebnisbad und im Oppacher Freibad regelmäßig die alleinige Badeaufsicht führt. Das sei möglich, solange ein gelernter Schwimmmeister binnen 15 Minuten aus Oppach oder Wehrsdorf vor Ort sein kann, sagt sie. Von ihrem „Hochsitz“ im Obergeschoss des Eingangsgebäudes aus hat sie alle drei Schwimmbecken im Blick. „Ich bin aber niemand, der schimpft, ich erkläre immer“, sagt sie. Im Gegensatz zu früher seien die Kinder verständnisvoll und entschuldigten sich häufig. „Es ist ein bisschen wie Kindergärtnerin sein.“

Saugroboter reinigt in Bischofswerda die Becken

Das trifft auch auf Mario Gneuß zu, der Gärtner, Krankenschwester, Sozialarbeiter und Schwimmlehrer in einem ist. Sein Tag im Freibad Bischofswerda beginnt um 6.30 Uhr, zweieinhalb Stunden vor Öffnung des Bades. Nach der Kontrolle von Sanitäranlagen und Schwimmbecken auf Verunreinigungen geht es ans Saubermachen der Becken. Das übernimmt der „Poolcleaner W50“, ein laut Gneuß 10.000 Euro teurer Saugroboter. In Bahnen fährt er rund anderthalb Stunden automatisch auf dem Beckenboden hin und her und saugt die hinterlassenen Haare der Badegäste auf. Das Wasser wird automatisch in den drei großen Filteranlagen mit Stein- und Kiesschichten gereinigt.

Die Müllrunde übernimmt heute eine ABM-Kraft, am Wochenende gehört das ebenfalls zu Gneuß' Aufgaben. Weil er dann alleine ist, arbeitet er jedes zweite Wochenende zweimal 14 Stunden am Stück. So hat eine Arbeitswoche bei ihm zwölf Tage. „Lange Arbeitszeiten gehören zum Job eines Schwimmmeisters dazu“, sagt er, es sei ja auch nur für eine begrenzte Zeit. Im Winter feiere er seine gesammelten Überstunden wieder ab. Er liebe seinen Job, den er schon seit 1999 ausübt, zuerst im Großröhrsdorfer Masseneibad, jetzt im Stadtbad Bischofswerda.

Schwimmbad wird im Sommer zum "Hexenkessel"

„Schwimmmeister kann man nur sein, wenn man der richtige Typ dafür ist“, sagt Sandi Wermes. In einer 12-Stunden-Schicht lege sie fünf bis zehn Kilometer zu Fuß zurück, wenn sie zwischen Schwimmer- und Nicht-Schwimmer-Becken ihre Aufsichtsrundgänge macht. An sommerlichen Tagen mit 800 Badegästen in dem kleinen Freibad sei das häufig ein richtiger „Hexenkessel“. „Ich kenne hier jeden und jeder kennt mich“, sagt die gebürtige Taubenheimerin. Die vielen Unterhaltungen machten ihr häufig mehr zu schaffen als die Arbeit selbst. „Wenn man nicht dafür gemacht ist, kann man den Job vergessen.“

Anruf bei Mario Gneuß im Stadtbad Bischofswerda: Eine Lehrerin will wissen, ob das Freibad offen hat, weil das Bautzener Spreebad gerade geschlossen sei – wegen krankheitsbedingten Ausfällen, wie eine Sprecherin der Bautzener Beteiligungs- und Betriebsgesellschaft mitteilt. Auch das Taubenheimer Bad macht am Freitag aus demselben Grund für einen Tag zu. Wenn eine Person ausfällt, schließt das gesamte Bad. Badpersonal wird häufig händeringend gesucht. Im Gegensatz zu ihr hätten die meisten Rettungsschwimmer parallel einen anderen 40-Stunden-Job, der ihnen einen Vollzeiteinsatz im Bad unmöglich mache, sagt Sandi Wermes.

Siegbert Kellert ist technischer Leiter im Freibad Taubenheim, er überwacht beispielsweise die Wasserqualität. Sandi Wermes (hinten) führt als Rettungsschwimmerin an vielen Tagen die Aufsicht über das Bad.
Siegbert Kellert ist technischer Leiter im Freibad Taubenheim, er überwacht beispielsweise die Wasserqualität. Sandi Wermes (hinten) führt als Rettungsschwimmerin an vielen Tagen die Aufsicht über das Bad. © Steffen Unger

Nachdem Mario Gneuß in Bischofswerda Wasser in die Durchschreitbecken gelassen und die noch trocken liegende Rutsche nach Hindernissen oder Kanten abgesucht hat, geht es ans Eingemachte: Chlorgehalt, pH-Wert und Redox-Spannung – die ein Indikator für die Wasserqualität ist – messen die Maschinen hinter Gneuß' Schwimmmeister-Büro mit den großen Scheiben zwar selbstständig. Wasserproben muss er trotzdem nehmen, die Maschine könnte sich ja irren. Jeder Badegast habe durchschnittlich einen Harnausschuss von 50 Millilitern, sagt Gneuß. Das Chlor töte die Bakterien jedoch innerhalb weniger Sekunden ab. „Unser Badewasser hat Trinkwasserqualität“, sagt der Schwimmmeister. Vorgeschrieben ist das in einer Din-Norm, das Gesundheitsamt kommt monatlich zur Kontrolle.

In kleinen Gläsern sammelt Gneuß zehn Milliliter Wasser ein und gibt verschiedene Reagenzien aus bunten Tuben dazu. Das Wasser färbt sich pink, der Chlorgehalt stimmt. Im Hintergrund rauscht das Wasser gleichmäßig durch den das Schwimmbecken umfassenden Filterschacht. „Es ist einfach schön, jeden Tag hier draußen in der Natur zu sein und dieses Rauschen im Hintergrund zu haben“, sagt Mario Gneuß. "Und am Schönsten ist es, wenn ich bis abends nur ein Pflaster kleben musste."