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Warum und wie die Menschen in der Lausitz Vogelhochzeit feiern

Jedes Jahr am 25. Januar wird im Landkreis Bautzen die Vogelhochzeit gefeiert. Hochzeitskleidung und Vogelkostüme gehören dazu. Und noch einiges mehr.

Von Olivia Daume
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Der sorbische Brauch der Vogelhochzeit wird in der Lausitz jedes Jahr am 25. Januar gefeiert. In vielen Schulen und Kitas verkleiden sich Kinder als Hochzeitsgesellschaft, so wie hier 2022 im sorbischen Kindergarten in Radibor.
Der sorbische Brauch der Vogelhochzeit wird in der Lausitz jedes Jahr am 25. Januar gefeiert. In vielen Schulen und Kitas verkleiden sich Kinder als Hochzeitsgesellschaft, so wie hier 2022 im sorbischen Kindergarten in Radibor. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Lausitz. Die Vogelhochzeit - sorbisch: Ptači kwas - ist ein beliebter sorbischer Brauch für Klein und Groß. Jedes Jahr am 25. Januar verkleiden sich Kinder als bunte Hochzeitsgesellschaft, nachdem sie morgens die Süßigkeiten eingesammelt haben, die ihnen die Vögel über Nacht gebracht haben. Sächsische.de hat Wissenswertes zur Vogelhochzeit zusammengetragen.

Woher kommt das Fest der Vogelhochzeit?

Die Vogelhochzeit ist ein Brauch der Sorben. In Sachsen und Brandenburgs leben heute etwa 60.000 Vertreter dieses slawischen Volkes, das neben seiner Sprache seit Jahrhunderten auch seine eigenen Bräuche pflegt, darunter die Vogelhochzeit.

Sie wird in der heutigen Zeit am 25. Januar jedes Jahres gefeiert. Dies hänge mit Beobachtungen aus der Tier- und Pflanzenwelt zusammen, informiert die Stadt Cottbus. Die Sage erzählt, dass sich an diesem Tage die Elster mit dem Raben vermählt. Tatsächlich beginnen um diese Zeit bereits einige Vogelarten zu nisten und Eier zu legen, und die Menschen warten nach dem Winter auf den erwachenden Frühling.

Wie ist die Vogelhochzeit entstanden?

Der Ursprung dieses sorbischen Brauches reicht weit zurück. Ganz sicher seien sich die Wissenschaftler über dessen Bedeutung allerdings nicht, informiert die Stiftung für das Sorbische Volk auf der Internetseite "Sorbisch erleben". Dieser zufolge beruht die Vogelhochzeit wahrscheinlich auf den mystischen Vorstellungen unserer Vorfahren in vorchristlicher Zeit. Um Gunst und Zuneigung der Naturgötter zu gewinnen, hielt man Opfer an die Ahnen in Form von Speisen für ein wirksames Mittel.

Mit der Zeit und der Abnahme des Glaubens an die Macht der Geister änderte sich der Brauch: Aus den Opfergaben an die Götter wurden Liebesgaben an die Kinder - sie bekommen an diesem Tag spezielle Süßigkeiten.

Welche Bräuche sind Teil die Vogelhochzeit in der Lausitz?

"Am Vorabend des 25. Januar stellen die Kinder Teller vor die Tür oder auf das Fensterbrett", erklärt eine Mitarbeiterin der Sorbischen Kulturinformation Bautzen. Die Vögel legen über Nacht Süßigkeiten von ihrem Hochzeitsmahl als Dank für das Füttern im Winter darauf. "Meist handelt es sich um Gebäck in Form eines Vogels oder Nestes." Besonders beliebt seien Vögel aus Milchbrötchenteig. Sie stellen die „sroka“ (deutsch: Elster) dar, die bei der Vogelhochzeit die Braut ist. Der Rabe (sorbisch: Hawron) ist der Bräutigam.

Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die Schmätzl, das sind Baiservögel oder Baiserhäubchen. Regional, unter anderem in Luckau, werden diese auch Tschiepchen genannt, damit ist ein Küken gemeint. Auch Kremnester gehören zur Vogelhochzeit; sie bestehen aus einem Keksboden, auf dem sich eine Butterkremschicht in Form eines Nestes befindet, überzogen mit dunkler Schokolade und dekoriert mit bunten Zuckereiern in der Mitte.

Wie feiern Kindergärten und Schulen die Vogelhochzeit?

Zur Vogelhochzeit finden in vielen sorbischen Kindergärten und Schulen Umzüge in originalgetreuen Hochzeitstrachten der Region statt. "Dabei verkleiden sich die Kinder wie eine echte Hochzeitsgesellschaft, meist mit der niedersorbischen Festtagstracht", erklärt die Mitarbeiterin der sorbischen Kulturinformation. Der Bräutigam ist bekleidet mit einem schwarzen Gehrock mit einem kleinen Myrthen-Strauß am Rockaufschlag, einem schwarzen Zylinder und einer weißen Fliege. Er führt den Hochzeitszug an.

Hinter der Braut, die kunstvoll mit handgestickten Schleifen, edlen Stoffen, Seidenbändern und perlenverziertem Kopfschmuck geschmückt ist, kommen die Brautjungfern und die Paten. Zum Schluss folgen die als Vögel verkleideten restlichen Hochzeitsgäste. So ziehen die Kinder durch den Ort. Anschließend laden sie zum „Hochzeitsschmaus“ ein, informiert die Stiftung für das Sorbische Volk. Mit Tänzen und Liedern gestalten sie den Tag.

Eine sorbische Hochzeit wäre ohne Hochzeitsbitter (sorbisch: Braška) jedoch nicht denkbar. Er bereitet gemeinsam mit dem jungen Paar und dessen Eltern die Festlichkeit vor, lädt die Gäste persönlich ein und leitet den Verlauf der Hochzeit. Erkennbar ist er an seinem schwarzen Zylinder mit bestickter Schleife, einem weißen Tuch in der linken Brusttasche und dem mit Bändern verziertem Stock.

Begehen auch Erwachsene die Vogelhochzeit?

Auch die Erwachsenen feiern Vogelhochzeit. Bei Musik, Gesang und Tanz lässt man es sich vielerorts gut gehen. Einen wesentlichen Bestandteil des Brauchtums bilden auch die alljährlich in den Wochen um die Vogelhochzeit stattfindenden Theateraufführungen, die vom Sorbischen National-Ensemble in Kooperation mit dem Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen gestaltet werden und das Vogelhochzeitsmotiv aufgreifen.