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Urlaub im Kleinformat

Zwischen Bautzen und Görlitz entstehen vier neue Ferienhäuser. Die benötigen wenig Raum - und bieten trotzdem alles, was man im Urlaub braucht.

Von Franziska Springer
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Mario Ritscher von der gleichnamigen Dachdeckerei verantwortet im Auftrag den Weichaer Hofs den Bau von vier Tiny Houses.
Mario Ritscher von der gleichnamigen Dachdeckerei verantwortet im Auftrag den Weichaer Hofs den Bau von vier Tiny Houses. © Steffen Unger

Weißenberg. Zwei Doppel-Schlafzimmer, jedes mit angeschlossenem Bad. Eine Gemeinschaftsküche mit Wohnlandschaft. Ein separates Esszimmer. Sogar ein Eingangsbereich mit Garderobe. Alles das passt im Weißenberger Ortsteil Weicha demnächst auf 52 Quadratmeter. Und das Beste daran: Beengt wird sich das keineswegs anfühlen. Im Gegenteil: Das Raumgefühl ist ungewohnt, aber durchaus großzügig.

Sogenannte Tiny-Houses - übersetzt heißt das so viel wie "winzige Häuschen" - liegen im Trend. Der ursprüngliche Gedanke hinter der neuen Wohnform, die längst ihren Siegeszug aus den USA nach Europa angetreten hat, ist die neue Lust an der Einfachheit. Vereinfacht ausgedrückt propagieren die Verfechter der neuen Lebensweise: Weniger Platz, weniger Zeug, mehr Wohlbefinden.

Wer das einmal ausprobieren will, ohne sich gleich von liebgewonnenem Hausstand zu trennen, muss sich nur noch bis Ende Juli gedulden. Die vier Tiny Houses, die als Ferienhäuser derzeit auf dem Weichaer Hof entstehen, sollen dann fertig sein, berichtet der Familientherapeut und Diplom-Sozialpädagoge Hagen Schmidt. Er betreibt den Hof, unter dessen Dach sich auch eine Gastronomie, eine Reitschule und eine Therapie-Praxis befinden, gemeinsam mit Diplom-Psychologin Sonja Fritsch.

Tiny Houses sollen eine Angebotslücke füllen

Ferienwohnungen gibt es hier schon länger. Die hatten aber einen entscheidenden Nachteil. Hagen Schmidt erklärt: "Wir haben Unterkünfte mit einem oder drei Schlafzimmern. Für die klassische Familie mit zwei Kindern war das immer eher ungünstig." Es war deshalb eher nicht die Suche nach der neuen Wohntrends, die die Unternehmer zu Tiny-House-Besitzern machte, sondern vielmehr der Wunsch, der Kundennachfrage besser gerecht werden zu können.

Dabei stießen die Inhaber des Weichaer Hofs zunächst auf sogenannte Mobilheime. Das sind transportable Wohneinheiten, wie sie auf vielen Campingplätzen von Dauercampern genutzt werden: "Wie feste Bauten auf Rädern", erklärt Schmidt. Als sinnvoll habe sich die ursprüngliche Idee aber letztlich nicht erwiesen, denn: "Wir brauchen etwas Winterfestes", so Schmidt.

Die Lösung fand sich in Form eines gewerblichen Minihaus-Bauers. Der konzipierte ein Angebot entsprechend der Wünsche seiner Auftraggeber. Und das bedeutet im Fall des Weichaer Hofs, der ein Inklusionsbetrieb ist und sich mit seinem Angebot auf Menschen mit Einschränkungen eingestellt hat, vor allem: "Barrierearm", sagt Hagen Schmidt und führt durch die Räume. "Die Türen sind breiter, die Duschen ebenerdig. Jedes Haus wird über eine nach Süden gerichtete Terrasse verfügen, die neben dem Eingang liegt. Dort hinauf wird eine Rampe führen", erklärt er.

Eine alltägliche Baustelle sind die Tiny Houses für Malermeister Daniel Päsler nicht. Der Grund: Es gibt in den kompakten Bauten kaum rechte Winkel.
Eine alltägliche Baustelle sind die Tiny Houses für Malermeister Daniel Päsler nicht. Der Grund: Es gibt in den kompakten Bauten kaum rechte Winkel. © Steffen Unger

Auf rechte Winkel bewusst verzichtet

Sich das alles im Detail vorzustellen, fällt derzeit noch schwer, denn die Häuschen befinden sich aktuell noch im Rohbau. Schon jetzt aber fallen die ungewöhnlichen Formen ins Auge, die in den vier baugleichen Ferienhäusern dominieren. Die Schnitte der Räume, die Form der Decken, nicht einmal die Fenster sind gewöhnlich.

"Hier hat nichts einen rechten Winkel", kommentiert Malermeister Daniel Päsler von der Firma HIP - die Maler aus Vierkirchen bei Görlitz von seiner Leiter herunter. Gerade trägt er an der Decke die Grundierung für den nachfolgenden Anstrich auf und sagt: "Für Handwerker ist diese Baustelle anstrengend."

Das bestätigt auch Mario Ritscher von der gleichnamigen Weichaer Dachdeckerei, der als Schmidts Hauptauftragnehmer das Vorhaben verantwortet. "Fehler sollte man hier keine machen", sagt er und meint etwa die komplizierten Formen, die mit Gipskarton verkleidet werden mussten. Genauso aber auch die Frage, wie man an schrägen Fensterrahmen Gardinen befestigen kann.

Die besonderen Formen der Räume, insbesondere die Dachkonstruktion sorgt trotz der geringen Größe von nur 52 Quadratmetern je Haus für ein angenehmes Raumgefühl. Unter dem Dach der Kinderzimmer ist so sogar noch Platz für eine Kuschelhöhle.
Die besonderen Formen der Räume, insbesondere die Dachkonstruktion sorgt trotz der geringen Größe von nur 52 Quadratmetern je Haus für ein angenehmes Raumgefühl. Unter dem Dach der Kinderzimmer ist so sogar noch Platz für eine Kuschelhöhle. © Steffen Unger

Bauherr Hagen Schmidt kann die Fachleute verstehen: "Das ist kein Standartbau. Der Aufwand ist hoch", sagt er. Aber die ungewöhnlichen Formen haben ihren Grund: "Trotz des geringen Platzes sollen die Gäste nicht auf gewohnten Komfort verzichten müssen. Die hohen Decken sorgen für ein gutes Raumgefühl. Die meisten Möbel sind Maßanfertigungen. So wird der vorhandene Platz optimal genutzt", erklärt Schmidt und führt in eines der Kinderschlafzimmer, um zu zeigen, was er meint. Dort wartet ein kleines Highlight für die jungen Gäste: Unter dem Dach tut sich eine gemütliche Kuschelhöhle auf. Dort hinauf wird eine Leiter führen, die auf einem schrägen Einbauschrank fußt.

Gebucht werden können die neuen Häuschen erst, wenn Ende Juli wirklich alles fertig ist. Er wolle niemandem etwas versprechen, was er dann nicht halten könne, sagt Schmidt. Denn die Baustelle, auf der die Arbeiten im September vergangenen Jahres begann, hat Verzug. Schmidt bleibt gelassen: "Natürlich hat das auch mit Corona zu tun. Aber ich kenne keine Baustelle, die pünktlich fertiggeworden ist."