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"Definitiv mit das Beste in der Bahnindustrie"

Das Bautzener Bombardier-Werk gehört jetzt zu Alstom. Deutschland-Chef Jörg Nikutta sieht den Standort hervorragend aufgestellt.

Von Miriam Schönbach
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Industrie 4.0: Mit Hilfe von Virtual-Reality-Technik wird im Bautzener Bahnwerk die Inneneinrichtung von Zügen und Straßenbahnen geplant.
Industrie 4.0: Mit Hilfe von Virtual-Reality-Technik wird im Bautzener Bahnwerk die Inneneinrichtung von Zügen und Straßenbahnen geplant. © Robert Michalk

Bautzen. Mit Beginn dieses Monats ist durch die Übernahme der Bombardier-Zugsparte durch das französische Unternehmen Alstom der zweitgrößte Bahnhersteller der Welt entstanden. An den sächsischen Standorten sind inzwischen die ersten Bombardierschilder abmontiert. Bald sollen auch die Fahnen des neuen europäischen Bahn-Riesen in Bautzen und Görlitz wehen.

„Im ersten Schritt ist es wichtig, dass sich die neuen Kollegen in der neuen Familie gut aufgenommen fühlen“, sagt Jörg Nikutta, Sprecher der Geschäftsführung der Alstom Transport Deutschland GmbH. Die Veränderungen an den Standorten fasst Sächsische.de zusammen.

Wie geht es für die sächsischen Waggonbauer weiter?

Gut 2.000 Neu-Alstomer arbeiten an den Standorten Bautzen und Görlitz. Nach Aussagen des Alstom-Chefs Henri Poupart-Lafarge gegenüber der Süddeutschen Zeitung soll sich an dieser Mitarbeiterzahl an den alten Bombardier-Standorten vorerst nichts ändern. Mit der Führungsmannschaft und den Betriebsräten in den sächsischen Werken gab es am Dienstag eine Videokonferenz. Erst Priorität habe jetzt das Leistungsversprechen gegenüber den Kunden. „Was wir in den Büchern haben, müssen wir termingerecht und in guter Qualität ausliefern“, sagt Nikutta.

Und die Auftragsbücher sind voll: Mitte Dezember haben erst die Berliner Verkehrsbetriebe mehr als 100 neue Straßenbahnen bestellt. In Dresden sollen Ende des Jahres die ersten Flexity-Bahnen aus der Oberlausitz in den Probebetrieb starten. Dazu kommen unter anderem noch Straßenbahnen für Göteborg, Essen, Zürich und Wien sowie Doppelstockwagen für die Deutsche Bahn.

In welchem Zustand sind die beiden hiesigen Werke?

Einen ersten kurzen Überblick hat sich Nikutta bei einem zweistündigen Besuch des Werks in Bautzen im Herbst gemacht. „Vieles, was ich in Bautzen gesehen habe - Stichwort Industrie 4.0 - ist definitiv mit das Beste, was in der Bahnbauindustrie da ist", sagt der Manager. Für den Kauf des Wettbewerbers habe unter anderem die Qualifikation der Mitarbeiter, die Fertigkeiten und das Erfahrungswissen gestanden. „Wir wussten aber auch, dass es ein paar nicht ganz so leichte Themen gibt. Die finanzielle Situation gehörte dazu, darauf waren wir vorbereitet“, sagt Nikutta.

Nun wolle man sich mit den Mitarbeitern alle Standorte anschauen. Es werde einen Erfahrungsaustausch unter den neuen und den alten Alstom-Standorten geben, um gemeinsam eine Strategie zu entwickeln. Gleichzeitig kündigt Nikutta an, dass der französische Bahntechnik-Konzern nicht nachlassen werde, sich um jede einzelne Ausschreibung zu bewerben und zu kämpfen.

Welche Produkte bringt Alstom mit?

Alstom bringt Zukunfts-Know-how mit. Mit seinem „Coradia iLint“ hat das Unternehmen den weltweit ersten Wasserstoffzug auf die Schiene gestellt. Bereits 41 dieser Zukunftszüge hat Alstom an Kunden verkauft, 14 Züge rollen künftig für die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachen, 27 Neubestellungen gehen in den Rhein-Main Verkehrsverbund. Auch erste Verträge für den Alstom-Batteriezug sind unterzeichnet. Die nachhaltige Schienenalternative wurde gezielt für den Einsatz auf nicht elektrifizierten Strecken entwickelt.

Zudem würde sich Nikutta über den Verkauf von Hochgeschwindigkeitszügen in Deutschland freuen. „Wir haben zum Beispiel eine Doppelstockvariante, die mehr als 300 Kilometer pro Stunde fährt. Das würde dem deutschen Netz gut tun, allein um mehr Kapazitäten bei der Eisenbahn zur Verfügung stellen zu können“, sagt er.

Wie bewertet Alstom das geplante Testzentrum in Niesky?

Für knapp 300 Millionen Euro soll in Niesky ein "Testzentrum für Eisenbahntechnik in Sachsen - Tetis" entstehen. Das haben der Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg entschieden. Für Nikutta steckt in dem Projekt Potential. „Testringe sind momentan gut gebucht, und es gibt nicht viele, wo man Länge, Distanzen, Höhe und Geschwindigkeiten fahren kann. Da ist der Bedarf immer wieder da, das fänden wir interessant“, sagt der Manager.

Wie sieht die Gewerkschaft die Übernahme durch Alstom?

Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen, freut sich, dass für die sächsischen Standorte das Kapitel Bombardier geschlossen wird. „Wir glauben, der neue Eigentümer hat eine andere Lust, sich um Ausschreibungen zu bewerben. Wir werden aber in den nächsten Wochen genau hinschauen, was da passiert. Wir haben klare Erwartungshaltungen, dass einerseits die Beschäftigung erhalten bleibt und idealerweise auch ausgebaut wird“, sagt der Gewerkschafter.

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