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Das Quäntchen mehr

Wer seine Mitarbeiter halten will, muss wissen wollen, was sie sich wünschen. Und er muss manchmal auch in Vorleistung gehen. Beim Thema Weiterbildung kann das der entscheidende Schlüssel zum Erfolg sein.

Von Annett Kschieschan
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Der Weg zum beruflichen Erfolg verläuft nicht immer geradlinig. Weiterbildungen können den Aufstieg aber deutlich beschleunigen.
Der Weg zum beruflichen Erfolg verläuft nicht immer geradlinig. Weiterbildungen können den Aufstieg aber deutlich beschleunigen. © AdobeStock

Jeden Samstagnachmittag setzt sich Lisa Weimer ans Tablet. Nicht, um zu spielen, eine Serie zu schauen oder die neuesten Trends auf Social Media zu verfolgen. Die 40-Jährige lernt, wie modernes Marketing funktioniert. Grundsätzlich kennt sich Lisa Weimer damit gut aus, schließlich arbeitet sie seit knapp 15 Jahren in der Branche, kennt Werbeagenturen und PR-Abteilungen. „Aber die Zeiten ändern sich, nicht zuletzt durch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz“, weiß die gebürtige Dresdnerin, die heute in Mittelsachsen lebt. Deswegen setzt sie sich noch einmal auf die Schulbank, die manchmal das heimische Sofa, ein Café oder bei gutem Wetter der eigene Garten ist. „Ich wollte mich weiterbilden und habe das so auch meiner Chefin gegenüber kommuniziert“, sagt Lisa Weimer. Sie lief damit offene Türen ein. Gemeinsam fiel die Entscheidung für zwei berufsbegleitende Weiterbildungsmodule, von denen das erste im April abgeschlossen sein wird. „Ich erhoffe mir durch das neu erworbene Wissen auch mehr Verantwortung bei Projekten, in denen es um die in meinen Kursen behandelten Themen geht“, so die PR-Fachfrau. Ein bisschen mehr Gehalt wäre auch nicht schlecht. Und auch das wurde ihr in Aussicht gestellt. Weiterbildung als Win-Win-Situation für Mitarbeiter, Unternehmen und Kunden – das kann so einfach sein, ist es aber nicht immer.

Obwohl Wirtschaft, Politik und auch viele Beschäftigten selbst unisono betonen, dass ohne lebenslanges Lernen in der modernen Arbeitswelt kein Blumentopf zu gewinnen ist, gibt es bei der Umsetzung dieses Anspruchs immer noch Probleme. So gaben etwa bei einer Umfrage des Beratungsunternehmens Staufen 46 Prozent der befragten Mitarbeiter deutscher Unternehmen an, sich ein „deutlich größeres Engagement“ ihrer direkten Führungskraft für ihre berufliche Weiterentwicklung zu wünschen.

Gerade einmal 17 Prozent zeigten sich rundherum zufrieden mit der Förderung am Arbeitsplatz, lobten zum Beispiel regelmäßige Coaching-Gespräche und Feedback zu ihrer Arbeit. Drei von zehn Mitarbeitern gaben an, dass ihre Führungskraft selbst mit einem Weiterbildungsangebot auf sie zukommen sei. Knapp die Hälfte des Befragten war indes der Meinung, dass ihr Chef oder ihre Chefin gar keinen genauen Überblick über den tatsächlichen Weiterbildungsbedarf des Teams hat. Der Schlüssel ist einmal mehr die Kommunikation. In diesem Fall nicht die im gesamten Team, sondern das individuelle Gespräch, für das sich beide Beteiligten Zeit nehmen sollten.75 Prozent der Arbeitnehmer betrachten die Kommunikationsfähigkeit als die wichtigste Eigenschaft einer Führungskraft, sehen hier aber im konkreten Fall auch noch viel Luft nach oben. 42 Prozent finden, dass ihre Vorgesetzten selbst Defizite in diesem Bereich haben – und vielleicht ihrerseits eine Weiterbildung in Sachen Kommunikation anstreben sollten.

Große Nachfrage nach Förderung

Einen Ansatz, den auch Arbeitspsychologen teilen. Chef sein bedeutet heute mehr denn je, den Einzelnen im Blick zu haben. Fachkräfte, die sich und ihre Bedürfnisse – zum Beispiel nach karrierefördernder Weiterbildung – nicht gesehen fühlen, kündigen vielleicht über kurz oder lang. „Firmen aber, die sowohl ihre Zahlen als auch das Wohl und vor allem die Weiterentwicklung der Belegschaft gut im Blick haben, haben eine anderthalbmal so große Wahrscheinlichkeit wie die anderen, auch erfolgreich zu bleiben. Und mehr Chancen, gute Leute dauerhaft zu halten“, hatte etwa Julian Kirchherr, Partner im Berliner Büro von McKinsey und Experte für Organisations- und Personalthemen, vor kurzem mit Blick auf die Auswertung der MCKinsey-Studie „Performance through People“ gegenüber dem Magazin Der Spiegel betont.

So lohne es sich für Unternehmen immer, Geld für Weiterbildung in die Hand zu nehmen. Auch dann, wenn es keine staatliche Unterstützung dafür gibt. Die kann freilich gerade in wirtschaftliche schwierigen Zeiten ein zusätzlicher Anreiz sein. Sachsen bietet diesen zurzeit mit großem Erfolg an. Möglich ist eine Förderung von bis zu 4.500 Euro. Seit dem Start im Oktober sind nach Information des Wirtschaftsministeriums 1.952 Anträge eingegangen, davon 935 für betriebliche und 1.017 für individuell berufsbezogene Weiterbildungen. Bereits 1.890 Anträge mit einem Fördervolumen von rund 3,6 Millionen Euro wurden bis Anfang Februar bewilligt. Die hohe Nachfrage zeige, wie groß der Weiterbildungsbedarf ist. „Wirtschaft und Arbeitswelt ändern sich rasant und die berufliche Weiterbildung kann hier viel bewegen. Das gilt für jede und jeden ganz individuell ebenso wie für den Betrieb. Mit unserer Förderung helfen wir den Beschäftigten und den Betrieben bei den notwendigen Ausgaben für berufliche Weiterbildung. Wer sich oder seine Beschäftigten weiterbildet, investiert in die eigene Zukunft“, so Wirtschaftsminister Martin Dulig.

Seit Jahresbeginn gibt es alle Infos rund um Weiterbildungsmöglichkeiten und etwaige Förderungen durch Bund oder Land auf der Online-Weiterbildungsplattform „mein NOW“. Sie wird von der Bundesarbeitsagentur betrieben und soll in den nächsten Monaten Stück für Stück ausgebaut werden.

Lisa Weimers Arbeitgeber hat ihre Weiterbildung aus eigener Tasche bezahlt. Auch, um die Expertin in der Firma zu halten. Wie es aussieht, mit Erfolg. „Ich hatte schon angefangen, mich ein bisschen auf dem Markt umzuschauen. Die Weiterbildung und letztlich auch das Vertrauen, das dadurch in mich gesetzt wird, haben mich aber darin bestätigt, zu bleiben“, sagt sie.