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Neue Chance für die Bildung

Der Arbeitsmarkt wandelt sich. Das erfordert auch neue Fertigkeiten. Der Bund will ein Weiterbildungsgesetz auf den Weg bringen, das Beschäftigte fördert und Unternehmen entlastet.

Von Annett Kschieschan
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Lebenslanges Lernen ist Basis der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Es beginnt schon im Kindesalter. Die möglichst frühzeitige Berufsorientierung soll Teil des neuen Gesetzes sein.
Lebenslanges Lernen ist Basis der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Es beginnt schon im Kindesalter. Die möglichst frühzeitige Berufsorientierung soll Teil des neuen Gesetzes sein. © AdobeStock

Wer lernt, kommt weiter. Weiterbildungsangebote gehören auch deshalb zu den Mehrwerten, die viele Beschäftigte von ihren Arbeitgebern erwarten. Und immer mehr Unternehmen legen hier zu, investieren in Schulungen und Seminare, ermöglichen ihren Angestellten etwa auch die Möglichkeit zu berufsbegleitenden Studien. Im Jahr 2021 hatten in Deutschland mehr als 150.000 Männer und Frauen eine berufliche Weiterbildung begonnen – die meisten von ihnen in den Bereichen IT, Softwareentwicklung, Verwaltung, Steuerberatung und in kaufmännischen Berufen. Zwischen 50 und 70 Prozent der Teilnehmer standen nach Angaben der Agentur für Arbeit im Durchschnitt sechs Monate nach dem Ende ihrer Maßnahme wieder im Berufsleben.

Vor allem, wer sein Wissen in Sachen Digitalisierung erweitert, zahlt auf die Zukunft ein. Mehr als zwei Drittel aller Unternehmen in Deutschland bilden ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich weiter. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie des TÜV-Verbands und des Digitalverbands Bitkom.

Breit aufgesteller Markt

Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt. Nicht zuletzt, weil nicht wenige Menschen in der Krise die eigene Lebensplanung überdacht haben. Will man den Beruf wechseln? Die Branche? Das Unternehmen? Ohne Qualifizierung und Weiterbildung ist das auch in Zeiten des Fachkräftemangels schwierig. Und hier gibt es durchaus noch Luft nach oben, wie eine Untersuchung des Handelsblatt Research Instituts (HRI) nahelegt. HRI-Präsident Bert Rürup warnte in Bezug auf die Studie vor einer „Weiter so“-Strategie im Bereich der Weiterbildung. Gerade im digitalen Zeitalter „mit seiner Verkürzung der Halbwertzeit von Kenntnissen und Fertigkeiten“ sei das Bewusstsein, nie ausgelernt zu haben, die notwendige Voraussetzung eines nachhaltigen Bildungserfolgs, so der Experte.

Beste Chancen also für den Weiterbildungsmarkt. Der ist auch in Sachsen durchaus breit aufgestellt. Staatliche Anbieter, private Institute und Hochschulen, Organisationen und sogar Vereine machen sich hierzulande für das Thema stark. Die HHL Leipzig Graduate School of Management, der Stifterverband sowie der E-Learning-Anbieter Lecturio haben schon vor einigen Jahren den Trendmonitor Weiterbildung ins Leben gerufen, um die Lage in der Weiterbildung in Deutschland in den Fokus zu rücken. Die Untersuchungen im Rahmen des Projektes zeigen, dass Anbieter – egal, ob staatlich, privatwirtschaftlich oder ehrenamtlich – gerade jetzt die Chance haben, den Wandel in der Weiterbildungslandschaft mitzugestalten. Das Zeitfenster dafür – auch das ist ein Hinweis der Experten - sollte nicht ungenutzt bleiben.

Das hat inzwischen auch die Politik erkannt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat gerade erst ein Weiterbildungsgesetz angekündigt, auf dessen Grundlage sich Beschäftigte künftig in einer Bildungszeit ein Jahr bezahlt weiterbilden können. Auch eine sogenannte Bildungsteilzeit, die die Weiterbildung auf zwei Jahre streckt, wäre demnach möglich. Der Entwurf des Gesetzes sieht vor, dass die Agenturen für Arbeit den Unterhalt während der Bildungszeit auf Höhe des Arbeitslosengeldes absichern. Das wären 60 Prozent des Einkommens für Alleinstehende und 67 Prozent für Menschen mit Kind. Und auch den dringend benötigten Nachwuchs hat die Politik im Fokus. Das Weiterbildungsgesetz soll offenbar auch eine sogenannte Ausbildungsgarantie enthalten. Damit soll jeder junge Mensch die Möglichkeit zu einer Lehre bekommen. Gefördert werden Mobilität und die aktive Berufsorientierung, Letztere bereits ab der fünften Klasse. Geplant ist laut Heil „ein neuer Werkzeugkasten für Weiterbildung“, der Deutschland zur „Weiterbildungsrepublik“ machen soll. Wenn Unternehmen im Wandel große Teile der Belegschaft weiterqualifizieren müsse, könne eine finanzielle Unterstützung, ein Qualifizierungsgeld, helfen.

Chancen für Sachsen

Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig begrüßt den Gesetzentwurf. Deutschland müsse zur Weiterbildungsrepublik werden. „Das Qualifizierungsgeld kann besonders vom Strukturwandel betroffene Unternehmen entlasten und die Bildungszeit ermöglicht Beschäftigten mehr Freiraum, um sich weiterzubilden. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung und dafür, dass die Beschäftigten die Arbeit von morgen schaffen können“, so Dulig. Er erwarte "einen ganz konkreten Nutzen für Beschäftigte und Wirtschaft in Sachsen“. Das finanzielle Volumen des Weiterbildungsgesetzes soll laut Heil bei der Bundesagentur für Arbeit bis zum Jahr 2026 aufwachsend jährlich rund 771 Millionen Euro betragen. 190 Millionen Euro sollen aus dem Bundeshaushalt dazukommen.