SZ + Bischofswerda
Merken

Bürgermeister von Großharthau: "Schwierigste Haushaltssituation, die man sich vorstellen kann"

In die Ortsdurchfahrt in Seeligstadt investierte die Kommune 2,4 Millionen Euro. Auch in die Kitas fließt jedes Jahr viel Geld. Trotzdem verfolgt Großharthau weiterhin ein großes Projekt.

Von Miriam Schönbach
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
"Großharthau befindet sich in der schwierigsten Haushaltssituation, die man sich vorstellen kann. Ich habe es so noch nie erlebt“, sagt Bürgermeister Jens Krauße.
"Großharthau befindet sich in der schwierigsten Haushaltssituation, die man sich vorstellen kann. Ich habe es so noch nie erlebt“, sagt Bürgermeister Jens Krauße. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Großharthau. Den 3. Juni 2022 haben die Seeligstädter bestens in Erinnerung. An diesem schon viel zu warmen Frühlingstag wurde nach mehr als sechs Jahren Bauzeit die Ortsdurchfahrt im Großharthauer Ortsteil feierlich eröffnet. Insgesamt flossen in die Großbaustelle mehr als zehn Millionen Euro, davon 2,4 Millionen Euro allein aus der Kasse der Gemeinde Großharthau für Straßenbeleuchtung, Gehweg, Planungsleistungen und den Neubau der Abwasserkanäle. Knapp zwei Jahre nach dem freudigen Tag an der Kreisstraße herrscht in der Gemeindeverwaltung deswegen nun Ernüchterung.

Bürgermeister Jens Krauße (SPD) schaut in seinem Büro in den gerade beschlossenen Haushaltsplan. „Für die Mega-Baustelle haben wir sehr viel Geld gebraucht. Großharthau befindet sich in der schwierigsten Haushaltssituation, die man sich vorstellen kann. Ich habe es so noch nie erlebt“, sagt er. Im Amt ist Krauße seit 2001. Er weiß also, wovon er spricht.

Baupreise gestiegen, aber nicht der Kanalbeitrag

Der größte Posten bei der Baustelle sei der neue Regenwasserkanal gewesen. Den musste die Gemeinde bauen, weil neben dem Straßenwasser auch das Wasser von den Dächern der Hauseigentümer auf diesem Weg entsorgt wird. „Für den Kanalbau bekommt die Gemeinde als Ablösung vom Straßenbau-Verantwortlichen einen Kanalbeitrag. Das funktioniert aber finanziell nicht mehr, weil die Bau-Preise in den vergangenen Jahren so stark gestiegen sind“, sagt der Bürgermeister und rechnet vor: Je nach Baugrund brauche man um die 1.000 Euro pro Meter für den Regenwasserkanalbau. Die Kommune habe aber als Kanalbeitrag nur 147 Euro plus 29 Euro Erschwerniszulage pro laufenden Meter erhalten.

Am 3. Juni 2022 wurde die Ortdurchfahrt Seeligstadt feierlich eröffnet. Zwei Jahre später sagt Bürgermeister Jens Krauße: Auch durch die Mega-Baustelle befindet sich Großharthau in einer sehr schwierigen Haushaltssituation.
Am 3. Juni 2022 wurde die Ortdurchfahrt Seeligstadt feierlich eröffnet. Zwei Jahre später sagt Bürgermeister Jens Krauße: Auch durch die Mega-Baustelle befindet sich Großharthau in einer sehr schwierigen Haushaltssituation. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Obwohl es zusätzlich eine Förderung vom Freistaat gab, musste Großharthau stärker als gedacht an seine Rücklagen herangehen. „Es bleibt eine stattliche Summe“, sagt der Bürgermeister. Parallel hätten sich die Zuwendungen des Freistaats für die Gemeinden trotz gestiegener Kosten etwa für Personal und Energie nicht erhöht. Jedoch sei das Phänomen der Verschuldung durch den Straßenbau nicht neu.

Größter Posten: 1,6 Millionen Euro für Kinderbetreuung

„Vor uns hat das Frankenthal durchgemacht. Wenn man als kleine Kommune die größte Straßenbaumaßnahme des Landkreises hat, da kann man sich an den Fingern abzählen, wo das Geld bleibt“, sagt Jens Krauße über seinen "Nothaushalt". Trotzdem habe man einen historischen Zeitpunkt erwischt, als der Freistaat die Straßenbaumaßnahmen des Landkreises mit 80 bis 90 Prozent gefördert habe. „Heute wäre das nicht mehr finanzierbar, da reden wir von 50 Prozent Förderung. Deshalb ist es gut, dass wir die Ortsdurchfahrt gemacht haben“, so der Bürgermeister.

Wie auch beim Straßenbau verbindet sich ein zweites Loch in der Gemeindekasse eher mit freudigen Ereignissen. Großharthau wächst – mit einer sehr hohen Zahl zu betreuender Kinder. In der Gemeinde leben allein 350 Mädchen und Jungen bis zehn Jahre. „Unsere größte Position im Haushalt – und da sind wir im Kreis weit abgeschlagen an der Spitze – sind 1,6 Millionen Euro für Kinderbetreuung, unter anderem durch die Tarifsteigerung“, sagt Jens Krauße.

Im Gegenzug bekomme die Kommune 725.000 Euro Landeszuschuss. Der Rest werde durch die Gemeinde mit knapp 500.000 Euro und durch die Eltern getragen. Das Geld werde den Trägern überwiesen, es beinhaltet unter anderem Lohn- und Sachkosten. Aufgrund der steigenden Kosten für Kindertagesstätten gehört Großharthaus Bürgermeister zu jenen Verwaltungschefs aus der Oberlausitz, die vom Freistaat eine Dynamisierung der Landeszuschüsse für die Kitas fordern – bis jetzt erfolglos.

Appell an die Landesregierung: Bischofswerdas Bürgermeister Holm Große (M.) und seine Amtskollegen Thomas Martolock (l.) aus Cunewalde und Jens Krauße aus Großharthau fordern eine Dynamisierung der Landeszuschüsse für die Kitas, damit die Eltern sowie die
Appell an die Landesregierung: Bischofswerdas Bürgermeister Holm Große (M.) und seine Amtskollegen Thomas Martolock (l.) aus Cunewalde und Jens Krauße aus Großharthau fordern eine Dynamisierung der Landeszuschüsse für die Kitas, damit die Eltern sowie die © Steffen Unger

Doch trotz dieser Aussichten behält Jens Krauße den Blick in die Zukunft. Aus der investiven Schlüsselzuweisung finanziert die Gemeinde 2024 die Eigenmittel für den neuen Mannschaftstransportwagen für die Ortsfeuerwehr Seeligstadt. Auch der geplante Hortneubau soll weiter vorangetrieben werden. Mithilfe von Kohle-Geld soll das Domizil für 100 Mädchen und Jungen an der Schule entstehen.

Genehmigung für Bohrung braucht zwölf Wochen

Da die Gemeinde als Gewerbe- wie auch Wohnstandort mit vielen jungen Familien in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist, gibt es bis 2025 ein prognostiziertes Defizit von 20 Krippen-, 32 Kita- und 36 Hortplätzen. „Allerdings fehlt noch der Fördermittelbescheid, nach unserem Vorentwurf mussten wir manches umplanen. Jene Unterlagen liegen jetzt beim Sächsischen Immobilien- und Baumanagement. Darüber hinaus hat man uns empfohlen, eine Probebohrung von 200 Metern für die Ermittlung des Energiebedarfs für unsere Erdwärmeheizung zu machen“, sagt der Bürgermeister. Allein die Genehmigung für die Bohrung habe zwölf Wochen gedauert.

Gut drei Jahre entwickelt die Gemeinde Großharthau nun schon dieses Projekt. Nun soll das Geothermie-Gutachten noch nachgereicht werden. Den Optimismus behält sich Jens Krauße: „Mein Ziel ist, dass wir dieses Jahr den Förderbescheid und die Baugenehmigung bekommen, das Altgebäude abbrechen und ab Anfang 2025 bauen können“, sagt der Bürgermeister. Dann blieben zwei Jahre Bauzeit, um Ende 2026 das Projekt fördergerecht abschließen zu können.