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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Neue Quarantäne-Regeln +++ Sächsischer Ärztechef gegen Impfpflicht +++ Freiberger OB kündigt Bürgerdialoge an +++ Großer Zuspruch für Kretschmer

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist neuer Vizeparteichef der CDU. Bei der Wahl am Wochenende bekam er die meisten Stimmen aller fünf Stellvertreter.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist neuer Vizeparteichef der CDU. Bei der Wahl am Wochenende bekam er die meisten Stimmen aller fünf Stellvertreter. © dpa-Zentralbild

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Guten Morgen,

wie würde es wohl klingen, wenn man dem neuen CDU-Vizechef Carsten Linnemann zuschreiben würde, dass er künftig in der christdemokratischen Parteispitze für Westdeutschland zuständig sein wird? Angesichts von vier weiteren Vizes wäre das reichlich absurd. Oder doch nicht? Immerhin finden wir es ganz normal, dass Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer - seit dem Wochenende ebenfalls stellvertretender CDU-Chef - medial und von der Partei selbst zuvorderst keine inhaltliche Aufgabe zugeschrieben bekommt, sondern scheinbar als so eine Art Botschafter Ostdeutschlands fungieren soll. Linnemann steht für Wirtschaftsexpertise, Kretschmer für Ostdeutschland-Expertise.

Mehr als 31 Jahre nach der Wiedervereinigung verdeutlicht das einmal mehr den verkrampften Umgang mit dem östlichen Teil der Bundesrepublik. Zum Ersten macht es etwas gleich, was nicht gleich ist. Was, bitteschön, ist mit dem Osten genau gemeint? Leuchttürme, wie Potsdam und Jena, die - Stichwort: hohe Mieten - eher mit Problemen, wie in Hamburg, München und Frankfurt, zu kämpfen haben, oder wirtschaftlich schwache Regionen, wie die Lausitz? Zum Zweiten stigmatisiert es. Wer einen Ost-Beauftragten in der Parteispitze hat, der macht deutlich: Da im Osten, da gibt es ein Problem, um das wir uns kümmern müssen. So wie um die Wirtschaft oder um die Umwelt.

Und zum Dritten verschleiert die pauschalisierende Aufgabenbeschreibung für Kretschmer die Probleme, die es im Osten, aber auch anderswo in Deutschland gibt. Warum nennt man diese Aufgaben nicht beim Namen? Geht es um Rechtsextremismus? Geht es um Strukturwandel? Um Tariflöhne? All das sind Themen, die den Osten, aber auch Regionen im Westen betreffen. Das Gute ist: Kretschmer kann in seiner neuen Aufgabe als Vize-Parteichef zeigen, dass er nicht nur den Ossi-Quotenplatz besetzt, sondern Themen setzen kann, die ganz Deutschland angehen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche,

Ihr Tobias Winzer, Politikredaketeur sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen

+++ Neue Quarantäne-Regeln in Sachsen +++

Nachdem sich Bund und Länder auf neue Quarantäne-Regeln verständigt haben, treten diese heute in Sachsen in Kraft. Sächsische.de fasst die neuen Regeln zusammen (hier geht es zum entsprechenden Infoblatt des Freistaats). Das sind die wichtigsten Punkte:

- Infizierte müssen sich künftig nur noch zehn statt 14 Tage isolieren.
- Auch geimpfte und genesene Kontaktpersonen müssen wieder in Quarantäne. Ausnahmen gelten für Kontaktpersonen, die geboostert oder maximal vor drei Monaten genesen oder doppelt geimpft worden sind.
- Beschäftigte in der Pflege, medizinischen Versorgung oder Eingliederungshilfe können schon nach sieben Tagen wieder arbeiten gehen.
- Bei der Beendigung der Isolation wird ausnahmsweise auch ein positiver PCR-Test anerkannt, wenn der CT-Wert über 30 liegt.

+++ Sachsens Ärzte-Chef gegen Impfpflicht +++

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, lehnt eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus strikt ab. "Ich bin sicher, dass sie nicht kommt", sagte er saechsische.de. Auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die bereits beschlossen ist und Mitte März in Kraft treten soll, wird aus seiner Sicht nicht wirksam werden. Zur Begründung verweist er auf die Verhältnismäßigkeit, die seit der Verbreitung der Omikron-Variante nicht mehr gegeben sei. Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass eine Erkrankung insbesondere bei jüngeren Menschen meist milde verläuft. Als Alternative schlägt Heckemann vor, Ungeimpfte an den zu erwartenden Kosten vermeidbarer Covid-Behandlungen zu beteiligen. Im Interview mit Zeit Online äußert sich der sächsische CDU-Bundestagabgeordnete Lars Rohwer zwiegespalten. "Manche brauchen die Impfpflicht als Argument, um sich impfen zu lassen, ohne in ihrem sozialen Umfeld das Gesicht zu verlieren. Aber es besteht auch die Gefahr, dass Menschen sich noch stärker in ihr Impfgegnerdasein hineinsteigern."

Derweil fordern die Grünen, Mitarbeiter in Pflege und Gesundheitswesen beim neuen Corona-Impfstoff von Novavax zu bevorzugen. Viele Menschen warteten darauf, dass dieser Impfstoff ausgeliefert werde, erklärte die Fraktionschef Franziska Schubert am Sonntag laut Mitteilung. Deswegen sollten Angehörige der Berufe, die ab Mitte März einer Impfpflicht unterliegen, "ein exklusives Impfangebot" erhalten. Die Linksfraktion ruft die Landesregierung laut einer Mitteilung vom Sonntag auf, mit Gesundheitsämtern, Gewerkschaften, Sozialverbänden und anderen Institutionen zu klären, wie die Vorschrift zur berufsbezogenen Impfpflicht anzuwenden sei, und Rechtssicherheit zu schaffen.

Mehrere Träger von Pflegeheimen haben derweil erneut vor einem sich verstärkenden Personalmangel gewarnt. Dass bei diesem Thema aber auch bewusst Ängste geschürt werden, zeigt ein brisanter Vorgang. In einigen deutschen Tageszeitungen gibt es auffallend viele Jobanzeigen angeblich ungeimpfter Pflegekräfte. Mehrere Medien und Journalisten berichteten über eine bemerkenswerte Häufung sehr ähnlicher Anzeigen, die den Verdacht nahelegt, dass es sich zumindest teilweise um Falsch-Anzeigen beziehungsweise abgesprochene Aktionen von Gegnern der Corona-Impfung handeln könnte. Ein Schwerpunkt ist Sachsen. Auch der RBB und t-online.de berichten.

+++ Freiberger OB kündigt Bürgerdialoge an +++

Der Freiberger Oberbürgermeister Sven Krüger (parteilos) kündigt angesichts der zahlreichen Teilnehmer bei den Corona-Protesten in der Stadt Bürgerdialoge an. "Die große Herausforderung wird sein, die unterschiedlichen Meinungen, unsere Gesellschaft wieder zu einem gemeinsamen Wir für unsere Stadt zusammenzuführen", sagt er im Podcast-Gespräch von saechsische.de. Um das zu erreichen, will Freiberg wie bereits im vergangenen Jahr wieder auf gemeinsame Gespräche setzen. Der Bürgerdialoge soll Ende Februar stattfinden, so Krüger. "Ich bin ich dafür angetreten, mit allen gesellschaftlichen Gruppen unserer Stadt zu sprechen, die das Grundgesetz anerkennen und damit die darin verankerten Rechte und Pflichten." Um die Proteste nachhaltig zu befrieden, sieht Krüger neben Dialogangeboten zudem eine Vereinfachung sowie längere Gültigkeit bestehender Corona-Regeln als Notwendigkeit an.

+++ Kretschmer mit bestem Wahlergebnis +++

Bei der Wahl der Stellvertreter des neuen CDU-Chefs Friedrich Merz hat Ministerpräsident Michael Kretschmer das beste Ergebnis aller fünf Vizes erzielt. Bei der digitalen Wahl am Samstag erhielt er 883 von 953 abgegebenen Stimmen. Er wolle die Stimme des Ostens und Osteuropas in die Debatten einbringen, erklärte Kretschmer am Samstag. "Wir wollen nach 30 Jahren Deutsche Einheit nicht betonen, was uns alles trennt. Wir wollen den gemeinsam Weg in die Zukunft gehen." Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks sprach von einem "starken Ergebnis", das Rückenwind für die Neuaufstellung der Partei gebe.

Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, ist Sachsen nach 27 Jahren erstmals wieder in der engsten CDU-Führung vertreten: Heinz Eggert war zwischen 1992 und 1995 Stellvertreter von Helmut Kohl. Neben Kretschmer wird Sachsen mit Jessica Heller auch in der erweiterten CDU-Spitze vertreten sein: Die Leipzigerin wurde mit 73,4 Prozent der Stimmen in den 26-köpfigen Bundesvorstand wiedergewählt. Die Personalentscheidungen müssen aus rechtlichen Gründen noch per Briefwahl bestätigt werden. Die Ergebnisse sollen am 31. Januar verkündet werden.


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