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Wenn ältere Menschen uns egaler werden

Die Debatte über die Impfpflicht ist wichtig und richtig. Risikogruppen scheinen darin aber kaum noch eine Rolle zu spielen. Ein Kommentar.

Von Oliver Reinhard
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© dpa

Ein Freund schrieb erst vor wenigen Tagen: "Jemand wollte sich nicht impfen lassen. War skeptisch. Steckte meine Mutter an. Sie uns. Heute ist sie an den Folgen gestorben. Ich verliere meine Mutter. Meine Kinder ihre Oma. Mama, Du fehlst uns so unglaublich."

Solche Fälle gibt es, immer noch, täglich, zuhauf. Doch hat es den Anschein, als würde sie in der Debatte über die Impfpflicht an Relevanz verlieren. Jene Risikogruppe der Älteren, die als erste geimpft wurden, folglich auch als erste ihren Impfschutz verloren und ohnehin schwächere Abwehrkräfte haben – und trotz der weniger tödlichen Omikron-Variante als erste sterben. Gerade in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

Sicher, es gibt neben abgedrehten Spinnereien von wegen "Genmanipulation" und "Wir werden alle gechippt" auch fundiertere Gründe, die eher gegen eine allgemeine und/oder einrichtungsbezogene Impfpflicht sprechen. Mit Blick auf Letztere fürchten viele Heime den Verlust ungeimpfter Mitarbeiterinnen durch Kündigung. Und natürlich würde auch ein dadurch - möglicherweise - verursachter Personalschwund zulasten der Pflege und damit der älteren Menschen gehen.

Nur: Warum scheinen die Gegner einer allgemeinen und/oder einrichtungsbezogenen Impfpflicht zurzeit eine immer größere Lobby zu haben (siehe das Beispiel Bayerns) – und die vulnerablen, auch durch Omikron noch immer sehr gefährdeten Gruppen nicht nur in Pflegeheimen eine immer schwächere?

Sähe das Ergebnis einer neuen Interessens-Abwägung wirklich so aus, würde es in ehrlichem Klartext nichts anderes bedeuten als: Tja, da habt ihr im Zweifel halt Pech gehabt, liebe Omas, Opas, Mütter, Väter. Aber tut uns wirklich total leid für euch!

E-Mail an Oliver Reinhard