Freitag, 8 Uhr: Eine kleine Schar Schaulustiger hat sich in Obercarsdorf an der B170 postiert, um aus sicherer Entfernung etwas Besonderes zu beobachten: Den Aushub einer Eisenbahnbrücke. Auch für Maik Hoffmann ist es ein besonderer Tag. "Nach unseren Informationen ist es das erste Mal in Deutschland, dass eine Eisenbahnbrücke für den Transport einer Windkraftanlage weichen muss", sagt Hoffmann. Er ist Bauleiter beim Windkraftanlagenbetreiber Sabowind.
Das Freiberger Unternehmen will bei Sadisdorf eine 200 Meter hohe Windkraftanlage errichten. Die meisten Einzelteile liegen bereits auf einer Wiese bei Obercarsdorf, der Rest kommt in den nächsten Tagen. Von dort werden sie über ein kurzes Stück der B170 und der B171 nach Sadisdorf zur Baustelle gebracht. Dazu wurden bereits Hindernisse entfernt und Bäume beschnitten. Nun muss die Brücke entfernt werden.
Die Arbeiten dazu haben bereits in den Morgenstunden begonnen. Allein das Aufstellen des Krans dauert mehr als eine Stunde. Dann fädeln die Spezialisten der Brückenbaufirma die Gurte unter den Brückenteilen durch. Gegen 8.30 Uhr ist es so weit. Der Kran hebt die Brücke von den Widerlagern. Vorsichtig schwenkt er sie auf ihren Lagerplatz.
Vorarbeiten starteten am Montag
Auch Mirko Froß, Betriebsleiter bei der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SDG), die die Weißeritztalbahn betreibt, schaut zu. Seine Mitarbeiter hatten bereits am Montag mit den Vorbereitungen begonnen. Das Wetter hatte mitgespielt. "Es ist gut, wenn es sonnig ist und kein Schnee oder Eis liegt." Jetzt ist er begeistert: "Das ist schon etwas Besonderes. Brücken hebt man nicht so oft." Zuletzt wurde diese Brücke im Zuge der Instandsetzung der Oberstrecke ausgehoben. Das war 2015.
Gegen 8.50 Uhr liegt der 29,5 Tonnen schwere Brückenkörper sicher auf den Böcken. "Das lief wie am Schnürchen", sagt Bauleiter Hoffmann. Für Sabowind tickt nun die Uhr. Bis zum 18. März hat die Firma Zeit, die riesigen Teile der Windkraftanlage nach Sadisdorf zu transportieren. Dafür setzt sie sogenannte Selbstfahrer ein. Das sind Transporter, die per Funk gesteuert werden. "Alle Achsen sind einzeln lenkbar. So kommen wir auch um die Kurven", sagt Hoffmann. Bei den Flügeln wird es wegen ihrer Länge von 72 Meter komplizierter. "Sie sind auf einem Zapfen montiert und werden mit der Spitze voran durchs Gelände gefädelt", erklärt der Bauleiter. In bis zu 20 Metern Höhe schwebt die Flügelspitze durch die Landschaft. Auch das wird für viele wieder ein faszinierender Anblick sein.
Wenn das Wetter so bleibt, wird das erste Blatt am Sonntag um 9.30 Uhr starten. Zwei bis zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt zur Anlage. Am Sonnabend werden aber einmal zwei Turmteile - eines davon ist 32 Meter lang - nach Sadisdorf gebracht. Auch dieser Transport startet um 9.30 Uhr in Obercarsdorf. Eigentlich wollte Sabowind zuerst den Flügel nach Sadisdorf bringen. Doch weil es am Sonnabend windig werden soll und man damit noch keine Erfahrung hat, werden zunächst die Turmteile transportiert. "Das ist sicherer", sagt Hoffmann. "Sicherheit geht vor."
Windrad soll Mitte April ans Netz gehen
Einer, der den 25 Meter langen Selbstfahrer steuern wird, ist Michael Maack von der Firma Hofmann aus Paderborn. Er wird neben dem Selbstfahrer herlaufen und ihn mit einer Fernbedienung steuern. "Dabei behalten wir alles im Auge und passen auf, dass wir nirgendwo anecken." Für Maack ist das Alltag. "Jede Fahrt ist anspruchsvoll. Die ersten Fahrten sind am schwierigsten."
- Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.
Auch beim Betreiber der Weißeritztalbahn bleibt man in den nächsten Tagen nicht untätig. Sein Unternehmen werde die Tage bis zum Einbau am 18. März nutzen, um Schäden am Brückenkörper zu beseitigen, sagt Betriebsleiter Froß: "Das ist punktueller Korrosionsschutz." Darüber hinaus gibt es kleinere Schäden. Verursacht haben sie Lkw-Fahrer, die die Mindesthöhe nicht einhielten. Auch die Lager und der Überbau werden in den nächsten Tagen gereinigt und instand gesetzt.
Der Transportaufwand für das neue Windrad sei enorm, räumt Sabowind-Bauleiter Maik Hoffmann ein. "Aber vor zehn Jahren hätte man drei Anlagen gebaut, um die gleiche Leistung zu erbringen." Die Nennleistung der neuen Anlage in Sadisdorf beträgt 5,7 Megawatt. Baubeginn in Sadisdorf ist - Stand heute - der 4. April. Wenn das Wetter mitspielt, wird für die Montage eine Woche benötigt. "Der Netzanschluss ist für den 14. April geplant." Zwei bis drei Wochen später soll die Inbetriebnahme erfolgen.