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Teure Radonmessungen im Osterzgebirge

In Altenberg, Dipps, Freital und anderen Orten kommt auf Arbeitgeber eine neue Verpflichtung zu, die noch weitere Kosten nach sich ziehen kann.

Von Franz Herz
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Radonmessung in einem Stollen in Altenberg. Das Edelgas kann positiv wie negativ auf die Gesundheit wirken.
Radonmessung in einem Stollen in Altenberg. Das Edelgas kann positiv wie negativ auf die Gesundheit wirken. © Egbert Kamprath

Radon kann Krankheiten heilen und kann aber auch Lungenkrebs auslösen. Ausgerechnet im Osterzgebirge kommt es aus geologischen Gründen besonders häufig vor. Deswegen müssen jetzt alle Unternehmen, Kommunen und andere Arbeitgeber im sogenannten Radonvorsorgegebiet handeln, deren Mitarbeiter in Keller- oder Erdgeschossräumen arbeiten.

Zwölf Gemeinden im Osterzgebirge sind betroffen

Sie sind verpflichtet, in diesen Räumen über zwölf Monate die Radonkonzentration zu messen und spätestens bis Juni 2022 die Ergebnisse vorzulegen. Zum Radonvorsorgegebiet gehören im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: Altenberg, Bad Gottleuba-Berggießhübel, Dippoldiswalde, Dorfhain, Freital, Glashütte, Hartmannsdorf-Reichenau, Hermsdorf/Erzgeb., Klingenberg, Kreischa, Liebstadt und Tharandt.

Radonaktiviätskonzentration in der Bodenluft.
Radonaktiviätskonzentration in der Bodenluft. © SZ-Grafik: Gert Schulze

Hier betrifft es fast alle, die Beschäftigte haben. Auch der Staat ist dabei keine Ausnahme. So hat die Stadt Dippoldiswalde beschlossen, dass sie für rund 12.000 Euro die Eurofins Umwelt Ost GmbH in Freiberg mit der Radonmessung beauftragt. Dipps hat eine ganze Reihe von Gebäuden, die sie messen muss. Die Büros in den Erdgeschossen, die Kitas, das Museum, die Bibliothek, die Bauhofräume. In den Schulen hingegen muss sich der Freistaat Sachsen kümmern, weil die Lehrer bei ihm angestellt sind. Radon ist aber nicht allein ein Thema für öffentliche Einrichtungen.

Fünfstellige Summen für ein Unternehmen

Alle Branchen in unserer Region müssen jetzt aktiv werden von der Industrie bis zur Landwirtschaft. Peter Baling, Vorstand der Agrargesellschaft Ruppendorf, hält von der Aktion nicht viel. Aber auch er hat die Messungen beauftragt. Die genaue Summe hat er nicht im Kopf, aber auch in seinem Unternehmen ist sie fünfstellig. Im Lagerhaus, in den Ställen oder den Büros: Überall, wo Menschen arbeiten, wird gemessen. Auch die Herbrig Kleinschmidt Präzisionsteile mit ihren Drehereien in Bärenstein und Höckendorf lässt messen. „Bei uns macht das die Firma Simon aus Dresden. Die sind schon jahrelang bei uns für Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig“, sagt Geschäftsführer Christoph Herbrig.

Einen verseuchten Keller einfach zugemauert

Das kostet jetzt schon eine Stange Geld. Sollte sich aber nach den Messungen herausstellen, dass zu viel Radon in der Luft ist, müssen die betroffenen Stellen wieder aktiv werden. Es gibt die Möglichkeit, die Gebäude zu sanieren. Das heißt, sie nach unten abzudichten und die belastete Luft ins Freie abzuleiten. Wenn das nicht möglich oder zu aufwendig ist, bleibt die Sperrung. So hat vor Jahren die Stadt Geising den Keller des alten Gemeindeamts in Löwenhain einfach zugemauert. Der Keller war direkt in den Fels gegraben und es gab keine Chance, hier das Radon fernzuhalten.

Bei Neubauten im Vorsorgegebiet muss das Problem von vornherein mit bedacht werden. Das bringt Mehrkosten für die Bauherren bei der Baugrunduntersuchung und bei der radonsicheren Gestaltung von Keller und Boden. „In vorhandenen Gebäuden mit Wohnungen müssen wir noch nicht aktiv werden“, sagt Thomas Bochmann, Geschäftsführer der Kommunalen Wohnungsgesellschaft Dippoldiswalde, die Häuser in Dippoldiswalde, Glashütte und Altenberg besitzt, die allesamt zum Vorsorgegebiet gehören. „Wenn wir aber in Zukunft Sanierungen der Fußböden planen, müssen wir das Thema natürlich mitbedenken“, sagt Bochmann.

Heilstollen mit Radon im Erzgebirge

Beim Bau des Sportzentrums in Altenberg wurde auch eigens Radonvorsorge betrieben. Entlüftungsanlagen tragen dazu bei, dass eventuell belastete Luft schnell aus den Räumen geblasen wird. Dort werden auch Filter eingesetzt.

Das Radon selbst ist nicht gefährlich, aber wenn sich seine Zerfallsprodukte in der Luft anreichern, können die Auswirkungen auf die Gesundheit haben – positiv wie negativ. Negativ ist die dauernde Einwirkung auf den Körper. Positiv kann der gezielte medizinische Einsatz von Radon beispielsweise in Heilstollen sein. In Bad Schlema, Bad Brambach oder auf der tschechischen Seite des Erzgebirges in Jáchymov (Sankt Joachimsthal) werden Radonanwendungen bei Gelenks-, Haut- oder Atemwegserkrankungen eingesetzt. Auch Altenberg hatte Pläne für die Einrichtung eines Heilstollens verfolgt, aber nicht umgesetzt.

Aber auch beim Radon macht die Dosis das Gift. Was kurzzeitig heilen kann, wird auf Dauer schädlich. Daher hat der Staat Arbeitgeber und Hausbauer zur Vorsorge verpflichtet.