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"Wasser ist für uns eine Überlebensfrage"

Andreas Liebscher leitet seit 2014 die Gemeinde Hermsdorf/Erz. Er hat ein besonders wichtiges Anliegen an die Verantwortlichen in Dresden.

Von Franz Herz
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Der 63-jährige Andreas Liebscher ist ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Hermsdorf/Erzgebirge. Er will bei der Wahl nächstes Jahr wieder für den Fremdenverkehrsverein antreten.
Der 63-jährige Andreas Liebscher ist ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Hermsdorf/Erzgebirge. Er will bei der Wahl nächstes Jahr wieder für den Fremdenverkehrsverein antreten. © Egbert Kamprath

Herr Liebscher, welches Thema hat Hermsdorf im Jahr 2020 am meisten beschäftigt?

Das ist unser bisher ungelöstes Trinkwasserproblem. Wir haben in der ganzen Gemeinde keine öffentliche Wasserversorgung. Es fällt uns aber sehr schwer, mit der Landesregierung zu einer Lösung zu kommen, wie der Bau einer Wasserleitung finanziert werden kann. Die Förderrichtlinie ist zurzeit noch so, dass die Zweckverbände uns nicht aufnehmen, weder die Weißeritzgruppe noch Freiberg. Für sie sind die Kosten einer Erschließung von Hermsdorf nicht tragbar. Die müssten sich dafür verschulden. Dem stimmen die Mitgliederkommunen nicht zu. Das ist verständlich. Nun müssen wir uns mit der Landesregierung wieder hinsetzen und reden: Was könnte die für solche Härtefälle wie uns an Finanzen bereitstellen?

Warum sind Sie ein Härtefall?

Bei uns ist die ganze Gemeinde betroffen mit Seyde, Neuhermsdorf und Hermsdorf selbst. Dazu kommt, dass unsere ganze Fläche Trinkwassereinzugsgebiet ist. Wir müssen für alle, auch für Dresden, das Trinkwasser sauber halten, haben aber selber keins. Ich denke, dass wir uns Anfang 2021 mit den Verantwortlichen der Landesregierung zusammensetzen und vielleicht einen positiven Konsens finden.

Stehen die Bürger hinter dem Anliegen?

Es hat sich bei uns eine Bürgerinitiative (BI) gegründet, die die Gemeinde in der Wassersache mit unterstützt. Die BI hat eine Umfrage gemacht. Da gab es über 90 Prozent Antworten und davon haben 85 Prozent gesagt, sie würden sich anschließen lassen, wenn der Kostenbeitrag, den sie zahlen müssen, maximal 5.000 Euro beträgt. Mit dieser Bereitschaft bin ich sehr zufrieden. Eine öffentliche Wasserleitung wäre für uns wichtig, auch um den Tourismusstandort zu erhalten. Die Hotels in Neuhermsdorf haben alle Probleme, da wurde teilweise Wasser gefahren. Menge und Qualität reichen nicht. Trinkwasser ist für die Gemeinde eine Überlebensfrage. Wenn junge Leute herziehen sollen, wollen sie Wasser aus der Leitung haben. Da hat keiner mehr Interesse daran, am Brunnen zu basteln.

Was hat die Gemeinde 2020 investiert?

Wir haben an der Schule die Fassade erneuert und im Obergeschoss den letzten Bauabschnitt abgeschlossen, um den Brandschutz zu verbessern. Da sind wir jetzt auf einem guten Stand. Derzeit sind wir noch dabei, den Digitalpakt umzusetzen. Dann ist unsere Grundschule gut aufgestellt. Der Bestand der Schule ist jetzt auch die nächsten zehn, fünfzehn Jahre gesichert.

Weiter wollten wir eine Löschwasser-Zisterne beim Sportlerheim bauen. Jetzt kam die Information vom Landratsamt, dass noch ein paar Gelder da sind. Da können wir doch noch bauen. Eine große Sache war für uns der Kauf eines neuen Loipenspurgeräts. Da der Winter nicht so besonders war, konnten wir es kaum einsetzen. Hoffentlich wird dieser Winter noch besser.

Welche Art von Tourismus herrscht in Hermsdorf/Erzgebirge?

Die Hauptzeit sind für uns die Monate Dezember bis Februar. Der Tourismus hat sich in den letzten Jahren auch ein wenig verändert. Jetzt haben wir wieder einen Ganz-Jahres-Tourismus, weil mehr Leute wandern gehen. Insgesamt wollen wir zufrieden sein mit der Entwicklung des Tourismus.

Welche Rolle spielt der Radtourismus in Hermsdorf?

Das ist bei uns noch nicht so stark. Wir sind aber dran. Die Gemeinden sind dabei, die 8.000er-Blockline weiter zu entwickeln. Da war ja die Eröffnung mit Ministerin Barbara Klepsch. Die Arbeit daran geht dieses Jahr noch weiter. Da erhoffen wir uns noch mehr Radfahrgäste.

Wie hat sich Corona auf die Tourismusbranche ausgewirkt?

Zurzeit ist es sehr traurig. Wir wollen hoffen, dass die Gaststätten, Hotels und Pensionen das überstehen und im Frühjahr, oder vielleicht schon in den Winterferien wieder aufmachen können. 2020 war hart. Im Frühjahr war zu. Der Sommer lief gut. Da hat uns in die Hände gespielt, dass ringsum alles zu war. So konnten die Betriebe nochmal Luft holen. Wenn jetzt aber das komplette Weihnachtsgeschäft wegfällt, können wir nur hoffen, dass Land und Bund eine Idee haben und Gelder fließen. Wenn hier Gaststätten und Hotels ganz wegfallen, wäre das für die ganze Region schlecht. Im Tourismus kommt es ja auch den Einheimischen zugute, wenn wir Wanderwege in Ordnung halten oder Loipen spuren. Auch Handwerker verdienen mit dem Tourismus.

Welche touristischen Angebote hat die Gemeinde geschaffen?

Den Park der Generationen in Neuhermsdorf haben wir um einen Lehrpfad erweitert, wo der Ort ein wenig erklärt ist und einige Bilder gezeigt werden vom alten Bahnhof, von der Sprungschanze. Der Fremdenverkehrsverein hat noch Ideen, wie das erweitert werden soll.

Welche Pläne haben Sie für 2021?

Wir wollen noch eine Löschwasserleitung bauen, die den Richtergrund mit abdeckt. Wir haben zwei große ehemalige Güllegruben an der Bergstraße. Dort sind 2.000 Kubikmeter Wasser, die durch Regen aufgefüllt werden. Die sollen saniert werden und die Leitung gelegt werden. Die Gruben gehören dem Verein Massive Snowpark, der den Skilift betreibt und für das Löschwasser mit der Gemeinde zusammenarbeitet. Weiter wollen wir einen Feuerlöschteich in Ordnung bringen. Die Dorfstraße muss saniert werden. Die Hälfte der Hauptstraße ist mit einer Deckensanierung ertüchtigt worden. Der zweite Abschnitt soll 2022 folgen.

Sie haben ja dieses Jahr Wahlen, treten Sie wieder an?

Wir haben Bürgermeisterwahlen am 30. Mai. Ich habe mich mit dem Gemeinderat geeinigt, dass wir noch einmal miteinander arbeiten wollen. Wir werden sehen, ob vielleicht noch ein jüngerer Kandidat antritt. Da ist aber für einen ehrenamtlichen Bürgermeister das Interesse nicht so groß.

Bürgermeister im Ehrenamt - funktioniert das gut?

Man braucht eine Einnahmequelle im Hintergrund, damit man sich den Spaß leisten kann. Ich habe eine Pension als wirtschaftliche Grundlage und kann mir meine Zeit einteilen. Wenn Gästewechsel ist, arbeite ich eben zu Hause. Man hat sich zur Wahl gestellt, um etwas zu verbessern. Wenn man dafür brennt, kriegt man das hin. Es ist für einen Ehrenamtlichen manchmal einfacher, mit den Bürgern und Vereinen zu reden, um etwas gemeinsam zu machen. Unser Gemeinderat hat sich auf die Fahne geschrieben, dass die Gemeinde, solange wir es finanziell durchhalten, selbständig bleiben wird.

Welche Auswirkungen hatte Corona auf das Gemeindeleben in Hermsdorf?

Im Frühjahr hatte es ja mich selbst, meine Frau und auch unsere Kindergartenleiterin erwischt. Aber wir haben jetzt verhältnismäßig Ruhe in der Schule und im Kindergarten, Wir wollen hoffen, dass es so bleibt.

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