Leisnig. Ab Sommer nächsten Jahren sollen Reisende und Besucher des Kulturbahnhofes so durch die ehemalige Bahnhofshalle gehen können, wie es von den Erbauern des Gebäudes vor mehr als einem Jahrhundert gedacht war und wie es mindestens ebenso lange praktiziert worden ist.
Das haben sich die Mitglieder des Bahnhofsvereins zum Ziel gesetzt. Und dafür sind sie schon ein gutes Stück vorangekommen. Auf festen „Füßen“ steht die Finanzierung allerdings noch nicht.
In einem reichlichen Jahr schon viel geschafft
Bis zum 11. November, so hat der Verein geplant, sollen über eine Crowdfunding-Aktion, also das Spendensammeln über eine Internetplattform, mindestens 50.000 Euro zusammengekommen sein. Bis zum Donnerstagnachmittag waren es 40.400 Euro. Also sind noch 20 Tage Zeit, um die restlichen knapp 10.000 Euro aufzubringen.
„Wir schaffen das“, zeigt sich Vereinsvorsitzende Kathryn Döhner sicher. Der Slogan von Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt ihr ziemlich leicht über die Lippen. Denn die Musikerin und Musikpädagogin aus Tübingen hat mit ihren drei Miteigentümern des Bahnhofes und allen, die sich dem gemeinnützigen Unterstützerverein angeschlossen haben, in einem reichlichen Jahr mehr geschafft, als das Quartett und die ersten neugierigen Beobachter für möglich gehalten hätten. Bisweilen können die Beteiligten es selbst kaum glauben.
Bauhelfertage: Jeder kann mit anpacken
In der vergangenen Woche gab es eine nächste Abstimmung mit Handwerkern und Vertretern der Denkmalschutzbehörde. Die Dachdecker mussten mittlerweile schon mit Notreparaturen loslegen, weil die Löcher, durch die das Regenwasser in die Halle eingedrungen ist, nicht mehr zu stopfen waren.
Doch in luftiger Höhe wartet noch mehr Arbeit: So muss die Schalung heruntergenommen werden. Erst wenn die weg ist, können die Fachleute sagen, ob Balken komplett oder nur teilweise erneuert werden müssen.
Auf jeden Fall abzunehmen sind die Zierleisten, die sich im oberen Bereich der Durchgangshalle befinden. Wahrscheinlich sind es Hunderte. Miteigentümer Alireza Rismanchian, der als Architekt für alle baulichen Fragen zuständig ist, kann es gar nicht so genau beziffern.
Jede einzelne dieser Leisten ist zu nummerieren. Alte Farbschichten müssen abgenommen werden, damit die ursprüngliche Farbe – an einer Art Bordüre sogar teilweise mit Bemalung – wieder zum Vorschein kommt. Was alle überrascht hat, ist die Tatsache, dass die jetzt dunkle Täfelung an Wänden und Decke original in hellem Beige gehalten war.
Dieses Aufarbeiten Profis zu überlassen, kann sich das Eigentümerquartett nicht leisten. Deshalb hat es sich entschlossen, ab nächstem Mittwoch, 27. Oktober, wieder zu Bauhelfertagen einzuladen. Täglich von 10 bis 18 Uhr kann bis einschließlich 6. Dezember jeder, der will, mit anpacken. Später sind dann auch Fertigkeiten im Reinigen und Putzen von Wänden gefragt. Die Helfer werden gebeten, sich anzumelden, damit die Einsätze ein wenig koordiniert werden können.
Wichtigstes Ziel ist aber erst einmal der erfolgreiche Abschluss der Crowdfunding-Kampagne, „damit wir das Haus trocken bekommen“, sagt Alireza Rismanchian. Nur wenn die 50.000 Euro – oder mehr – erreicht werden, kann der Verein auch damit arbeiten.
Hilfsbereitschaft ist nach wie vor groß
Was bei dieser Aktion besonders ist: Die Unterstützer können objektbezogen spenden. Für das dreiteilige Eingangsportal – für jedes einzelne Teil sind Renovierungskosten von reichlich 2.000 Euro veranschlagt – haben sich drei Sponsoren gefunden. Aber auch Fenster für 1.500 Euro konnten sich Spender aussuchen. Die sollen im Dach der Eingangshalle wieder hergestellt werden.
Bislang haben mehr als 100 Teilnehmer größere und kleinere Summen gespendet. „Wer 10 oder 20 Euro geben kann, hilft uns genauso“, versichert Kathryn Döhner. Um so mehr sich auch mit kleinen Beträgen beteiligen, desto größer sei die Chance, auf diesem Weg zur Hälfte des Eigenanteils zu kommen. Insgesamt liegt dieser bei 100.000 Euro für die Dachsanierung, Arbeiten an der Fassade und den Innenausbau.
Wer dem Computer seinen Spendenauftrag nicht anvertrauen möchte, kann die Aktion ebenfalls durch eine Spende auf das Vereinskonto unterstützen oder Geld vorbeibringen. Beides ist schon passiert. „Wir sind glücklich, dass dieses Projekt vielen Menschen genauso am Herzen liegt wie uns“, sagt Kathryn Döhner.
Statt Gepäck werden Kaffeebestellungen aufgenommen
Ein Benefizkonzert zu organisieren, was noch einmal für „Bewegung“ auf dem Spendenkonto sorgen könnte, davon wollen Bahnhofsverein und -band aufgrund von Corona absehen. Regelmäßige Konzerte und Kultur stellen sie jedoch in Aussicht, wenn die Durchgangshalle fertig ist.
Dann soll es auch ein kleines Café in der ehemaligen Gepäckannahme geben, das Reisenden wie Besuchern von Veranstaltungen oder einfach nur als Treffpunkt offensteht.
Wer Fragen zur Spendenaktion, zu den Bauhelfertagen oder zum Konzept für den ehemaligen Bahnhof kann, kann sich über die Webseite des Vereins, per Mail oder auch übers Bahnhofshandy bei den Kulturbahnhof-Initiatoren melden. Die Nummer lautet: 015750414308