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Muck kehrt in die Kakadu-Bar zurück

Hartmut Schulze-Gerlach kommt zur Ost-West-Party nach Dresden. Nicht an irgendeinen Ort, sondern dahin, wo alles begann.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Inzwischen lebt Hartmut Schulze-Gerlach auf Rügen. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls kehrt er zurück ins Dresdner Parkhotel und reißt dort um Mitternacht die Mauer mit ein.
Inzwischen lebt Hartmut Schulze-Gerlach auf Rügen. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls kehrt er zurück ins Dresdner Parkhotel und reißt dort um Mitternacht die Mauer mit ein. © kairospress

Legendäre Nachtclubs haben keine Fenster, sagt man. Es muss stimmen. Die Kakadu-Bar war Kult. Nina Hagen feierte in dem Keller unterm Parkhotel; die Puhdys, Manfred Krug, Ulf Kirsten, Veronika Fischer und Jens Weißflog auch. Für einen erwies sich der 1952 eröffnete Partytempel als Karriere-Sprungbrett. Sänger Hartmut Schulze-Gerlach, besser bekannt als Muck, stand hier bereits Anfang der 70er-Jahre auf der Bühne. Der gebürtige Dresdner kehrt bald zu seinen Anfängen zurück. Am 9. November wird Muck zur großen Ost-West-Party von Sächsische.de wieder in der Kakadu-Bar singen. Den Ort verbindet er heute mit Frauen-Geschichten, den Beach Boys und tollen Bands, wie er im Interview verrät.

Herr Schulze-Gerlach, Muck, Sie sagen nicht gerne „Kakadu-Bar“. Warum?

Kakadu-Bar haben wir nie gesagt. Das klang immer nach Artisten, Zauberern, Damenwahl und Tänzchen. So war es aber nicht. Wir haben Parkhotel gesagt. Das war der Treff der angesagtesten Rock-Bands und Beat-Musiker damals, das Nonplusultra.

In vielen Klubs mussten zu DDR-Zeiten mehr Ost- als Westhits gespielt werden. War das in der Kakadu-Bar auch so?

Als wir in Klubhäusern unterwegs waren, stand manchmal tatsächlich einer von der geheimen FDJ-Abteilung in der Ecke und zählte mit. Es konnte vorkommen, dass man verboten wurde, wenn man die Quote nicht einhielt. Im Parkhotel war das nicht so. Das Parkhotel war eine Insel, extraterrestrisches Gebiet. Es war die Zeit der großen internationalen Bands wie den Beatles, den Beach Boys und den Bee Gees. Wir haben ihre Titel nachgespielt und es gehörte sich, dass sie möglichst original klingen. Wir haben auch Pretty Woman von Roy Orbison gespielt.

Wie legendär war die Bar in der DDR?

Man musste hin, wenn man angesagte Musik hören wollte. Ich war auch oft im Parkhotel, selbst wenn ich nicht spielte. Ich habe mich abends um zehn in Radebeul fertiggemacht, mich in meinen Wolga gesetzt und bin hingefahren. 1973 bin ich nach Berlin gegangen. Alle Bands dort kannten die Kakadu-Bar. Die war überregional bekannt. Dresden war ja das Tal der Ahnungslosen. Wer gescheite Musik hören wollte, musste sie selber machen. Das ist tatsächlich der Grund, warum es im Raum Dresden die meisten Bands gab, und gute.

Was verdanken Sie der Kakadu-Bar?

Sie war gut für die Anfänge. Zu dieser Zeit spielte ich in drei Bands, einmal in der Peter-Baptist-Combo aus Berlin, im Swingtett 64 aus Radebeul und im Peter Rosenau-Sextett aus Dresden. Es ging darum, Musik zu machen, Leute kennenzulernen und Mädels abzuschleppen. Das hat vom feinsten geklappt. Schön war ich auch. Als ich dann nach Berlin kam zum Gerd-Michaelis-Chor, so etwas wie die Les Humphries Singers des Ostens, ging es nur noch um Fernsehauftritte und Tourneen, auch ins Ausland. Da spielte die Kakadu-Bar keine Rolle mehr.

Sie haben viele Frauen kennengelernt?

Der Gentleman genießt und schweigt.

Schon als Jugendlicher machte „Muck“, hier am Mikrofon, Musik. 1965 trat er zum Beispiel mit seiner Band auf dem Alaunplatz auf.
Schon als Jugendlicher machte „Muck“, hier am Mikrofon, Musik. 1965 trat er zum Beispiel mit seiner Band auf dem Alaunplatz auf. © privat, Repro: Thomas Kretschel/kairopress

Inzwischen leben Sie auf Rügen. Sind Sie oft in Ihrer Heimat? Besuchen Sie das Stadtfest oder den Striezelmarkt?

Einmal im Monat bin ich in Dresden und Radebeul im Elternhaus, dort wohnt mein Bruder. Aber Tausende Menschen, die mir alle auf die Schulter klopfen und sagen: ‚Hey Muck, biste auch da.‘ Nee, das ist absolut nicht meins. Für mich als ehemaliger Promi ist es auf Rügen toll. Die Leute erkennen mich zwar und grüßen höflich, aber gehen weiter. Wenn ich durch Dresden gehe, werde ich ständig angesprochen. Sogar auf dem Klo hat mich dort einer nach einem Autogramm gefragt.

Sie singen am 9. November auf der Ost-West-Party. Wie sehen Sie den Mauerfall für sich persönlich, als Glücksfall?

Für mich traf die Wende so nicht zu. Ich hatte schon zehn Jahre vorher den Pass zu Hause und durfte fahren, wohin ich wollte. Und ich war bereits in der DDR freiberuflich und war nie abhängig. Ich hatte nie ein Arbeitsverhältnis. Das war eine absolute Sonderstellung im Osten. Die Art und Weise des Lebens nach der Wende war für mich nicht anders. Das war genau das westliche Prinzip. Jeder macht seins.

Es gibt nichts Trennendes mehr zwischen Ost und West?

Ach, Idioten gibt es auf der ganzen Welt, und zwar gleichmäßig verteilt.

Freuen Sie sich auf die Kakadu-Bar?

Ich bin in Hellerau geboren und dort aufgewachsen. Für mich ist das ein Heimspiel. Ich freue mich total darauf und bin unheimlich gespannt, wie es da unten jetzt aussieht. Das sind heilige Hallen.

Die Fragen stellte Sandro Rahrisch.

Die große Ost-West-Party von Sächsische.de steigt am 9. November im Parkhotel mit Musik, Mode und  Kulinarik aus den 80ern. Das Parkhotel wird in eine Ost- und Westzone geteilt, mitten im Saal steht eine Mauer, die um Mitternacht eingerissen wird. Karten gibt es für 25 Euro zzgl. Vorverkaufsgebühr in allen SZ-Treffpunkten sowie unter www.sz-ticketservice.de.

Die Serie "30 Jahre Mauerfall - 30 Jahre Wir" von sächsische.de erinnert mit mehr als 100 Porträts, Essays, Reportagen und Videos an die Friedliche Revolution 1989. Alle Beiträge finden Sie hier in der Themenwelt auf sächsische.de.