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Rechnungsprüfer in Dresden nehmen OB Hilberts Partys unter die Lupe

Für Partys mit jungen Dresdnerinnen und Dresdnern hat der Oberbürgermeister Aufträge für über 415.000 Euro freihändig an einen guten Bekannten vergeben. Nun werten unabhängige Experten aus, ob das rechtens war.

Von Andreas Weller
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Bei der "Nachtschicht" posiert Dresdens OB Dirk Hilbert mit Besucherinnen vor der Party im Rathaus.
Bei der "Nachtschicht" posiert Dresdens OB Dirk Hilbert mit Besucherinnen vor der Party im Rathaus. © Sven Ellger

Dresden. Die Kritik an den Partys von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) kochte im vergangenen Jahr fast über. Konkret geht es um die "Nachtschicht", für die Hilbert seit 2018 jährlich 18-jährige Dresdner ins Rathaus einlädt. Bei der Party mit Tanz und Alkohol sollen die jungen Menschen die Verwaltung und den OB entspannt kennenlernen.

Die Durchführung wurde mehrfach ohne Ausschreibung vergeben - an eine Dresdner Agentur, die auch den OB-Wahlkampf für Hilbert ausgestaltet hat und dessen Chef ein enger Vertrauter von Hilbert ist. Nun schauen sich Dresdens Rechnungsprüfer die Vergabe genauer an.

Was ist die zentrale Kritik an der Party-Vergabe?

OB Hilbert hat über die Jahre für die Partys 637.000 Euro städtisches Geld investiert. 2018, 2019 und 2022 wurden die Aufträge freihändig, also ohne Ausschreibung, vergeben. Der Hauptteil der Aufträge ging jeweils an besagte Agentur von Frank Schröder. Der ist unter anderem für die Stadt der Veranstalter des Stadtfestes und des Weihnachtsmarkts auf der Prager Straße. Schröder ist auch im Vorstand des Vereins, der Hilbert zu den OB-Wahlen 2015 und 2022 als überparteilichen Kandidaten aufgestellt hat.

Die Aufträge an Schröder belaufen sich auf gut 415.000 Euro. "Es ist nicht irgendeine Agentur", so Linke-Fraktionschef André Schollbach nun im Stadtrat. "Mit deren Chef ist Herr Hilbert gut befreundet und es ist genau die Agentur, die seinen Wahlkampf realisiert hat. Deshalb sind wir der Auffassung, dass man sich mit diesen Auffälligkeiten auseinandersetzen muss."

Weshalb ist das Thema wieder aktuell?

Grüne und Linke haben bereits vor Monaten beantragt, dass der Stadtrat beschließen solle, das Rechnungsprüfungsamt der Stadt zu beauftragen, die Vorgänge zu untersuchen. Jetzt wurden die Anträge im Rat behandelt. Schollbach unterstellte in der Debatte, "die Partys dienen dazu, das Image des Oberbürgermeisters aufzupolieren und er lässt es gerne krachen". Die bisherigen Erklärungen der Stadt dazu "muten exotisch an", deshalb müssten die unabhängigen Rechnungsprüfer ran.

Diese werden einige Fragen stellen, ist sich Grünen-Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne sicher. Die Grünen haben als einzige Akteneinsicht genommen. "Das Thema Gema wurde beispielsweise zunächst vergessen. Aber die Mängel werden gefunden, wenn es welche gibt."

Die Partys werden in einem schlechten Licht dargestellt, die diese nicht verdienen, kritisiert CDU-Fraktionschefin Heike Ahnert. "Aber Vergaben sind immer brenzlig, da ist es gut, wenn von unabhängiger Stelle geprüft wird. Es wäre aber besser gewesen, wenn das vor der gerade veröffentlichten Ausschreibung für dieses Jahr erfolgt wäre."

Magnus Hecht von der SPD fürchtet, dass die Budgets für das Künstlerpaket zwar "opulent" waren, bei den Musikerinnen und Musikern aber viel zu wenig davon angekommen ist. "Ich habe den Verdacht, hier ist jemand übervorteilt worden." Das müsse aufgeklärt werden.

Anja Apel (Linke) stört sich daran, dass diese Partys als "der Beitrag zur demokratischen Erziehung" dargestellt würden. "Die Kinder- und Jugendbeauftragte der Stadt muss um jeden Euro betteln. Sie belebt aber das Rathaus, mit regelmäßigen Führungen." Das Geld sei besser dafür statt für Partys einzusetzen.

Wie reagiert OB Hilbert darauf?

Die große Mehrheit der Räte stimmte dafür, die Partys zu überprüfen. Hilbert nahm das zur Kenntnis. "Wenn Ihnen viele Eltern Dankeschön sagen, ist das die Abstimmung mit den Füßen. Das mag Ihnen nicht gefallen. Wir können das Rechnungsprüfungsamt sehr gerne beauftragen, ist mir eine Freude."

Zuvor hatte er immer wieder gesagt, es sei alles sauber gelaufen und transparent dargestellt worden. Vor der ersten Vergabe habe er Gespräche mit mehreren möglichen Agenturen geführt, die alle ablehnten, weil der Aufwand, das Rathaus in eine Party-Location zu verwandeln, schon aus Sicherheitsgründen, zu groß sei. Nur Schröder sei anschließend bereit gewesen. Dieser schilderte auch bei Sächsische.de, dass er mit diesen Veranstaltungen kaum Gewinn gemacht habe.

Ende vergangenen Jahres wurde das Thema immer heißer diskutiert. Eine Reaktion aus dem Rathaus auf die Kritik sorgte für Unverständnis.

Jetzt wird das Rechnungsprüfungsamt der Stadt gebeten, sich die Vorgänge anzuschauen. Dieses ist zwar im Geschäftsbereich von Hilbert angesiedelt, ist aber ihm nicht unterstellt und nicht an Weisungen gebunden.