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Erneuter Gerichtsprozess gegen renitenten Bahnhofsbewohner in Dresden

Ein 20-jähriger Afrikaner will im Dresdner Hauptbahnhof wohnen, geht auf Polizisten los und ist für Justiz und Jugendhilfe kaum mehr erreichbar. Jetzt sitzt er wieder im Jugendgefängnis.

Von Alexander Schneider
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Immer wieder fiel der Angeklagte Sanna F. im Hauptbahnhof Dresden auf. Den hatte er zu seiner Heimstatt erklärt und ging auf Polizisten los, die ihn vertreiben wollten. Jetzt wurde der 20-Jährige am Amtsgericht Dresden verurteilt.
Immer wieder fiel der Angeklagte Sanna F. im Hauptbahnhof Dresden auf. Den hatte er zu seiner Heimstatt erklärt und ging auf Polizisten los, die ihn vertreiben wollten. Jetzt wurde der 20-Jährige am Amtsgericht Dresden verurteilt. ©  Christian Juppe (Symbolbild)

Dresden. Sanna F. lebt in seiner eigenen Welt. Der 20-Jährige aus Gambia vertraut nur sich selbst, lebt nach seinen Regeln, er will nach wie vor im Hauptbahnhof wohnen und gibt der Polizei die Schuld an allem. Offenbar hat er weder Freunde noch jemand anderen, der einen Zugang zu ihm hätte. So beschreibt jedenfalls Verteidiger Peter Hollstein seinen Mandanten am Rande des jüngsten Prozesses gegen den Heranwachsenden.

Der junge Mann wurde nun am Amtsgericht Dresden erneut verurteilt, muss wieder in die Jugendvollzugsanstalt (JVA) – und danach, das fürchtet Verteidiger Hollstein, könnte F. sein Schicksal erneut im Hauptbahnhof auf die Probe stellen.

Mit dem Jugendstrafrecht jedenfalls, sagt Hollstein, sei es nicht möglich, seinem Mandanten zu helfen, obwohl da die Erziehung im Mittelpunkt steht. Nach dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen sei der junge Mann voll schuldfähig, könne daher nicht zu Therapiezwecken in einer Einrichtung untergebracht werden. Sanna F., zumindest drängt sich Beobachtern der Eindruck auf, hat eine außergewöhnliche Fluchtgeschichte und dürfte viel zu lange sich selbst überlassen gewesen sein – und wurde so zu einer echten Herausforderung für das Hilfesystem. Mindestens zwei Jahre geht das schon so.

In diesem Prozess ging es um wiederholte Übergriffe auf Polizeibeamte im Dresdner Hauptbahnhof. Dort war F. im September 2022 zunächst bei einem Ladendiebstahl erwischt worden, er hatte im Lidl eine Flasche Apfelschorle mitgehen lassen. Auch an den folgenden beiden Tagen legte sich F. mit Reisenden und Beamten der Bundespolizei an, es gab Beleidigungen, Drohungen wie "I kill you", An- und Übergriffe auf die Beamten, Hausverbote wurden ignoriert.

Schließlich nahmen ihn die Uniformierten fest, und ein Richter erließ einen Haftbefehl. Seinen Haftraum in der JVA Regis-Breitingen soll F. seitdem nicht einmal mehr zum Essen verlassen haben. Dennoch wurden auch dort Übergriffe von Sanna F. aktenkundig, in seinem Prozess wurde er daher von drei Wachtmeistern begleitet, an Händen und Füßen gefesselt.

Eine Herausforderung

Auch während des Prozesses blieb F. eine Herausforderung für alle Beteiligten. Zum Auftakt hatte er seine Zelle nicht verlassen wollen, sodass der Prozess mit zweistündiger Verspätung begann, er störte Zeugenvernehmungen, beleidigte die Richterin, weigerte sich auch, den Haftraum im Gericht zu verlassen.

Von Sanna F. ist wenig bekannt. Angeblich verließ der Älteste von mehreren Geschwistern mit zwölf seine Familie, machte sich auf nach Europa. Jahre später war er in Deutschland. Im April 2021 hatte er den Heimleiter einer Dresdner Einrichtung angegriffen, wurde unter dem Verdacht des versuchten Totschlags verhaftet, kam in die Psychiatrie.

Anfang 2022 wurde er "nur" wegen gefährlicher Körperverletzung zu acht Monaten verurteilt, die er da bereits abgesessen hatte. F. kam auf freien Fuß, erhielt einen Betreuer, zog in die Kamenzer Region. Im Spätsommer schlug er dann am Dresdner Hauptbahnhof auf.

Das Jugendschöffengericht verurteilte den 20-Jährigen zu 13 Monaten Haft ohne Bewährung. Weil er sich kaum an Regeln hält, wird er die Strafe wohl bis zum letzten Tag absitzen müssen.