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"Endlich war Geld da für Dresdens Grün"

Bei Ines Pochert liefen die Fäden der Planung für Spielplätze, Parks und Baumpflanzungen zusammen. Jetzt hat sie ihren Nachfolger mit Visionen angesteckt.

Von Kay Haufe
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Ines Pochert an einem ihrer Lieblingsprojekte: dem Brunnen im Blüherpark, der auch dank ihrer Bemühungen seit 2008 wieder sprudelt.
Ines Pochert an einem ihrer Lieblingsprojekte: dem Brunnen im Blüherpark, der auch dank ihrer Bemühungen seit 2008 wieder sprudelt. © Christian Juppe

Dresden. Sie kennt sie alle, die Parks und Spielplätze dieser Stadt. Die meisten davon sind im Lauf der Jahre als Planungen über ihren Schreibtisch gegangen, wie der Bonhoeffer-Platz in Löbtau, der Spielplatz im Blüherpark oder der Promenadenring rings um Dresdens Innenstadt. Doch Ines Pochert hat sie auch als Baustellen besucht und sich daran erfreut, wie gut es vorwärts geht.

Als sie 1985 nach ihrem Studium der Landschaftsarchitektur beim VEB Grünanlagen Dresden anfing, hatte Ines Pochert noch keine Ahnung davon, wie viele grüne Kleinode sie später mit ihren Kollegen wiederbeleben durfte. Wie den Brunnen im Blüherpark neben dem Hygienemuseum, der zu DDR-Zeiten Teil des Heilkräutergartens war und in dessen Brunnenschale Pflanzen wuchsen. Seit 2008 sprudelt er wieder, auch dank einer Erbschaft der Dresdner Familie Sprung. Oft ist die Abteilungsleiterin für Planung, Entwurf und Neubau im Amt für Stadtgrün hierhergekommen, um kurz durchzuatmen und sich daran zu erfreuen, wie das Areal nach historischem Vorbild gestaltet wurde.

Jetzt werden die Besuche seltener, an diesem Freitag ist der letzte Arbeitstag der 63-Jährigen. Dann beginnt für sie die Freizeitphase der Altersteilzeit. "Ich habe sehr spannende Jahre im Beruf erlebt. Vor allem direkt nach der Wende und in den letzten Jahren", sagt sie. Wie heute erinnert sie sich an die Aufbruchstimmung 1990, als ihr Unternehmen mit dem Gartenamt der Stadt vereinigt wurde. "Alle Arbeitsplätze wurden erhalten, das war nicht selbstverständlich. Die Motivation der Kollegen war unbeschreiblich."

Sie wird die Leiterin der neuen Planungsabteilung und muss plötzlich auch lernen, dass Geld nicht bereitgestellt wird, sondern aktiv danach gesucht werden muss. In Förderprogrammen von Bund und Land zum Beispiel. Später wurden auch die EU-Programme durchleuchtet, ob sie für spezielle Dresdner Projekte geeignet sind.

Millionenprojekte in zwei Tagen beantragt

Allerdings merkt Pochert schnell, dass in den 1990er-Jahren Verkehrsprojekte und Gebäudesanierungen Vorrang vor dem Bau und der Erhaltung neuer Parks und Spielplätze haben. "Wir waren chronisch unterfinanziert." Da musste um jeden neuen Spielplatz hart gerungen werden, immer wieder gab es Abstriche bei der Ausstattung.

Doch Ende der 90er dann der Paradigmenwechsel. In Dresden werden wieder mehr Kinder geboren, endlich spielt Stadtgrün und damit verbunden der Spielplatzbau wieder eine Rolle. So schlimm das Elbe-Hochwasser 2002 die Stadt getroffen hat, so positiv hat es sich auf das Budget des Amtes für Stadtgrün ausgewirkt, das damals noch Grünflächenamt hieß. "Plötzlich war Geld da für Dresdens Grün. Es kam ein riesiger Batzen Geld, wir konnten damit Spielplätze in zweistelliger Zahl neu bauen oder sanieren und zum Beispiel den Staudengarten neben dem Rosengarten erneuern."

Ines Pochert war inzwischen erfahren genug zu wissen, dass sie schnell sein muss, um Geld vom Kuchen von Bund und Land abzubekommen. Beim Konjunkturprogramm II hat sie innerhalb von zwei Tagen Projekte im Wert von 1,5 Millionen Euro angemeldet - und den Zuschlag erhalten. "20 Spielplätze konnten damit neu gebaut oder neuert werden, zum Beispiel der im Blüherpark, der anstelle der einstigen Traglufthalle von Dynamo entstanden ist", erinnert sie sich.

Die einstige Olympionikin, 1976 holte die Eisschnellläuferin vom SC Einheit Dresden unter anderem einen 5. und 7. Platz bei den Winterspielen in Innsbruck, hat Durchhaltevermögen schon früh gelernt. "Deshalb war es für mich ein großes Glück, als in der Stadtpolitik das Grün mehr und mehr eine Rolle gespielt hat", sagt sie. Vor allem unter Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) und in der Stadtplanung wurden für sie neue Herangehensweisen spürbar, wie am Postplatz. "Statt der steinernen Stadt wollten die Dresdner Grün in der Innenstadt. Der Schürmann-Entwurf sah ein riesiges Wasserbecken vor, das ist zum Glück nie gekommen".

Nun umschließt der Promenadenring das Innere der Stadt, seine Beete schmücken unter anderem den Postplatz, bald soll er am Dr.-Külz-Ring und später am Pirnaischen Platz vervollständigt werden. "Ich bin glücklich, dass ich das, genauso wie den Südpark, noch mit anstoßen durfte", sagt Ines Pochert.

Als absolut konstruktiv empfindet sie die Bürgerbeteiligung bei neuen Park- und Spielplatzvorhaben, die es seit einigen Jahren gibt. "Damit bauen wir nicht an den Wünschen der Dresdner vorbei. Immerhin gibt es 95.000 Kinder in Dresden. Im Südpark hatten wir zunächst Spielplätze geplant, die Bürger wollten aber erst mal Wege. Danach haben wir uns gerichtet", sagt sie. Auf anderen Plätzen sind nach Bürgerhinweisen zum Beispiel Geräte oder Aufbauten für Trendsportarten wie Callanetics oder Parcours entstanden.

Besonders hilfreich: Seit 2019 haben die Stadtbezirke eigene Budgets und Ines Pochert hat auch dort versucht, Geld für ihre Projekte zu bekommen. "Rund 90 Prozent wurden bewilligt, so Geld für den Spielplatzbau auf der Neuländer Straße. Das hat uns gerettet, weil der Bau teurer wurde als geplant", sagt sie.

Dresdner geben Geld für Bäume und Parks

Wie sehr die Dresdner ihr Gün in der Stadt schätzen, wird auch an Erbschaften oder Patenschaften sichtbar, die es immer wieder gibt. Der Brunnen im Gönnsdorfer Park konnte im vergangenen Jahr dank einer Spende von Wolfgang Gelpke erneuert werden. Gelpke hatte die Stadt Dresden zur Alleinerbin bestimmt und verfügt, dass sein Geld für den Bau oder die Reparatur eines Brunnens verwendet wird. Die Platanen am Neumarkt, die das Grüne Gewandhaus bilden, habe alle einen Spender. Demnächst soll auch am Wiener Platz ein kleiner Baumpark entstehen. "Wir hoffen, dass sich auch dafür wieder Paten finden", sagt die Landschaftsarchitektin. Zunehmend würden auch Straßenbäume gesponsert.

Ines Pochert mit ihrem Nachfolger im Amt Mattes Hoffmann auf dem neuen Spielplatz in Altdobritz.
Ines Pochert mit ihrem Nachfolger im Amt Mattes Hoffmann auf dem neuen Spielplatz in Altdobritz. © Christian Juppe

Ohne ihr Team hätte Ines Pochert die vielen Aufgaben nicht bewältigen können, sagt sie. Alle waren und sind hochmotiviert und haben sie bei Durststrecken aufgefangen. Umso schöner ist es für Pochert, dass sie ihren Nachfolger seit März einarbeiten durfte. Diese Übergabe ist wichtig für sie. Schließlich sollen noch einige ihrer Visionen wie der Südpark weitergestaltet werden.

Während sie sich auf ihr erstes Enkelkind im Juli freut und mit ihrem Mann die lange Liste mit Reisezielen in Deutschland und der Welt abarbeiten will, soll immer auch Zeit sein, die Dresdner Grünprojekte weiter zu verfolgen.

Im Auge wird sie dabei auch die Robotron-Kantine halten. Während andere sich freuen, dass hier ein Ort für Kultur und Wissenschaft entstehen könnte, ärgert sie sich, dass der "hässliche Typenbau ohne jedes Alleinstellungsmerkmal" nicht wie geplant abgerissen wurde. Das war als Ausgleichsmaßnahme für die geplante große Bebauung der Lingnerstadt so vorgesehen gewesen. "Stattdessen muss die Stadt das Grundstück jetzt kaufen und für mindestens 13 Millionen Euro sanieren. Das kann ich nicht nachvollziehen. Immerhin steht der Bau nicht ohne Grund nicht unter Denkmalschutz."

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