Dresden. Dicht an dicht drängen sich Autos im morgendlichen Berufsverkehr kurz hinter der Autobahnabfahrt Hellerau an der Radeburger Straße. Und das schon seit einem guten Monat. Schließlich blockieren rot-weiße Absperrbaken eine Spur. Bei den Nahverkehrsstreiks der vergangenen Tage mussten Kraftfahrer dort besonders lange warten. „Hier bauen wir für Dresden den Industriesammler Nord“, verkünden jetzt Bauschilder der Stadtentwässerung die Ursache in großen Lettern.
Das Unternehmen investiert rund 71 Millionen für den zehn Kilometer langen Hauptkanal. „Damit werden die Mikroelektronik-Betriebe im Dresdner Norden einen direkten großen Abwasseranschluss an die Kaditzer Kläranlage erhalten“, erklärt Heiko Nytsch vom Projektteam der Stadtentwässerung. Im Juli 2023 hatten die Arbeiten begonnen.
Die Menge des Dresdner Industrieabwassers von rund zehn Millionen Kubikmetern im Jahr wird sich aufgrund des rasanten Wachstums der Halbleiterindustrie mehr als verdoppeln. Allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt 93 Prozent der Dresdner Industrieabwässer ein. Nun baut Infineon ein Werk für rund 1.000 zusätzliche Jobs. Zudem will der taiwanesische Chiphersteller TSMC noch in diesem Jahr mit dem Bau eines neuen Werks in Rähnitz beginnen.
Auf dem Baugelände am Heller sind Bomben gefunden worden
Am neuen Nordkanal arbeiten die Bauleute derzeit im Bereich zwischen dem Klärwerk und dem Kaditzer Riegelplatz. Diesen Monat wird an der Neuländer Straße begonnen.
An der Baustelle am Heller waren zuerst Bäume gefällt worden, sodass der Kampfmittelbeseitigungsdienst anrücken konnte, verweist Nytsch auf den Auftakt. Schließlich soll hier eine zwölf Meter tiefe Baugrube ausgehoben werden. „Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hat eine Stabbrandbombe aus dem Zweiten Weltkrieg und eine russische Tellermine gefunden und beräumt“, berichtet Nytschs Kollege Rainer Aurin. Zu DDR-Zeiten waren in dem Gebiet Kasernen der Sowjetarmee und ein Übungsplatz am Heller.
Bereits umverlegt wurden Gas- und Fernmeldekabel sowie Leitungen von Ampeln. Jetzt werden drei große Abwasserschächte gebaut, durch die künftig der vorhandene Kanal an den zwei Meter hohen Industriesammler angeschlossen werden kann. Er wird jeweils zur Hälfte in offener und geschlossener Bauweise hergestellt.
Im offenen Verfahren wird der Untergrund ausgebaggert, um die Röhre zu verlegen. Bei der geschlossenen Bauweise werden die Röhre abschnittsweise durch den Untergrund gepresst. Genau das wird in diesem Abschnitt vom Diebweg über die Radeburger Straße bis zur Königsbrücker Straße geschehen, erläutert Projektleiter Nytsch.
„Ende April müssen wir hier alle vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen haben, sodass alle Fahrspuren wieder freigegeben werden“, sagt Nytsch. Geöffnet wird dann auch der Geh- und Radweg, der jetzt über eine kleine Umleitung führt. Sie bleibt jedoch, falls Fußgänger und Radfahrer im Verlaufe der Arbeiten zeitweise noch einmal umgeleitet werden müssen.
Ab diesem Sommer wird dann die Baugrube in diesem Bereich ausgehoben. „Dadurch wird es aber keinerlei Verkehrsbehinderungen geben“, versichert Nytsch. Weitere Gruben entstehen 500 Meter entfernt in Richtung Großenhainer Straße und 400 Meter hinter der Radeburger Straße am Dresdner Heller.
Von diesen beiden Gruben aus werden dann mit hydraulischen Pressen die Rohre, bestehend aus vielen jeweils rund vier Meter langen Rohrsegmenten, durch den Untergrund bis zur Grube an der Radeburger Straße gedrückt. Im Herbst 2026 soll der neue Industriekanal fertig werden.
Informationen zum Großprojekt und zu den aktuellen Abschnitten: www.isn-dresden.de