Dresden. Hans-Christoph Walther steht auf dem gewaltigen Gerüst im Eingangsbereich der Semperoper, dem Seitenvestibül auf der Zwingerseite. Bereits seit elf Jahren nutzen der Dresdner Diplom-Restaurator für Architektur- und Wandmalerei und sein Kollege Wolfgang Benndorf die sommerliche Spielzeitpause, um die Deckenmalereien der 1985 übergebenen Oper Raum für Raum in Ordnung zu bringen. Walther hat eine besondere Beziehung zu dem wiederaufgebauten Bauwerk, das Deutschlands bekanntestes Opernhaus ist. Schließlich hat er bereits 1981 als Lehrling daran mitgearbeitet.
Die Deckenmalerei: Geheimtrick mit dem Fön
An den Decken- und Wandmalereien werden Schäden ausgebessert. „Hier gibt es Wasserflecken oder Fehlstellen“, erläutert der Restaurator mit Blick auf die ornamentale Malerei. Dabei handelt es sich um Graumalerei, die auch Grisaille-Malerei genannt wird. Das ist die Kunst, mit Hell und Dunkel, also mit verschiedenen Tonwerten einer Grundfarbe, die Wirkung plastischer Reliefs zu erzeugen. Die schadhaften Stellen werden zuerst gereinigt und dann mit bis zu vier Schichten Leimfarbe erneuert.
Sein Handwerkszeug: Der Malstock, auf den er die Hand auflegt, um mit dem feinen Pinsel die Ornamente bemalen zu können. Dabei hat der Restaurator auch einen Geheimtrick. Mit seinem Fön trocknet er die restaurierten Stellen. „Dadurch trocknet die Farbe so schnell, dass sich keine Wasserränder bilden können“, erklärt Walther. Projektleiterin Silke Ringelmann vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) schätzt das Können des Restaurators sehr: „Das ist unser guter Geist mit den goldenen Händen.“
Die Sandsteinarbeiten: Feinschliff zu Füßen von Schiller
Im Eingangsbereich der Semperoper arbeitet währenddessen Heiko Gerloff zu Füßen von Schiller. Der Dresdner Restaurator von der Firma Eilenberger aus dem erzgebirgischen Holzhau beseitigt Schäden im Sandstein. Unter der Skulptur sind kleine Stellen ausgebrochen. Mit handgeschmiedeten rundlichen Spachteln verfüllt er sie mit Sandsteinmörtel so, dass die Wände wieder eine glatte Oberfläche haben. Sind die Stellen nicht sehr tief, bringt der Restaurator den Mörtel gefühlvoll mit der Hand auf.
Für diese und weitere Arbeiten zahlt der SIB in der Spielzeitpause rund 2,5 Millionen Euro, erklärt SIB-Sachgebietsleiter Knut Börner. So wird das Parkett im oberen Rundfoyer, im unteren Zuschauerraum und im Orchestergraben zart abgeschliffen und mit Spezialöl neu versiegelt, sodass die Oberfläche wieder schön glänzt. Zudem erhält der Bühnenboden aus Schwarzkiefer den jährlichen neuen Anstrich. Andere Handwerker bauen brandsichere Türen im benachbarten Funktionsgebäude ein. Dort bekommen die Sologarderoben auch Klimaanlagen, damit sie sich in so heißen Sommern wie derzeit nicht aufheizen können. Alle Arbeiten sollen bis Ende August abgeschlossen werden.
Der Flutschutz: Tiefbrunnen sammeln Grundwasser
Im Untergrund hat der SIB viel unternommen, damit die Oper nicht nur schön, sondern auch dicht ist. Sie soll vor so einer Jahrhundertflut wie 2002 geschützt sein, die erhebliche Schäden angerichtet hatte. Gebaut wurden vier weitere Tiefbrunnen. Zwar haben die Stadt und die Landestalsperrenverwaltung ein 3,5 Kilometer langes Schutzsystem für die Altstadt zwischen der Brühlschen Terrasse und dem Alberthafen angelegt. Dazu zählen auch mobile Wände und mobile Verschlüsse.
Damit das durch den Untergrund ansteigende Grundwasser jedoch nicht die Oper überfluten kann, wurden die neuen Tiefbrunnen gebaut. Somit hat die Hochwasserentlastungsanlage insgesamt neun Tiefbrunnen. Pumpen können das Grundwasser über ein unterirdisches Einleitbauwerk zum Überlauf an der Elbe befördern. Beim Hochwasser im Juni 2013 hat die Anlage ihre Bewährungsprobe bestanden.
Zudem haben Techniker 2020 noch eine Pumpe in der Absenkung zwischen Funktionsgebäude und Oper installiert. Damit kann Wasser von der Oberfläche abgepumpt werden, damit es nicht ins Bühnenhaus eindringen kann.
Die Unterwelt: Dichtung für Honnis Champagnerzimmer
„Seit 2017 haben wir auch die Außenwände der Semperoper bis in eine Tiefe von zwei Metern isoliert“, erklärt Sachgebietsleiter Börner. Im Bereich des Champagnerzimmers am Rundfoyer im Untergeschoss reicht die Dichtung aus einem Bitumenanstrich sogar bis in eine Tiefe von sechs Metern.
Für den Namen des Zimmers gibt es Börner zufolge zwei Erklärungen. Einerseits soll dort früher Champagner gelagert worden sein. Zum anderen soll Staats- und Parteichef Erich Honecker bei der Eröffnung 1985 mit anderen Promis in diesem Raum mit dem edlen Tropfen angestoßen haben.
Die Arbeiten im Champagnerzimmer wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen. Dahinter befindet sich ein Stück eines Tunnels in Richtung Schloss. Der Zugang wurde mit einer Mauer verschlossen, sodass auch dort keine Feuchtigkeit mehr in die Semperoper eindringen kann. Nach Abstimmung mit der Stadt sei das Tunnelstück dann mit Kies verfüllt worden. So bleibt es späteren Generationen noch möglich, die historische Baukonstruktion zu erkunden.
Der Schlauchdamm: Schneller Schutz fürs Opernhaus
Im Ernstfall bekommt die Semperoper auch einen überirdischen Flutschutz, erklärt SIB-Fachfrau Ringelmann. Dabei handelt es sich um einen Schlauchdamm der Spezialfirma Beaver aus der Schweiz. Droht eine Flut, werden in der unteren Lage des Damms zwei und darüber ein Schlauch mit Wasser gefüllt. Der Damm umschließt die Semperoper fast komplett. Einmal jährlich testen Opernmitarbeiter den Aufbau des 1,8 Meter hohen Flutschutz-Damms.
Mittlerweile gibt es auch mobile Wände, mit denen der tiefliegende Bereich an der Rückseite mit der Zufahrt zur Devrientstraße vor einer Überflutung geschützt werden kann. Die mobilen Wände ergänzen den Damm.