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Filigrane Arbeit in der Spielpause: Dresdner Semperoper wird verschönert

Restauratoren arbeiten an Decken und zu Füßen von Schiller: Bauleute haben es im Untergrund geschafft, die Oper hochwassersicher zu machen. Was sich in den vergangenen Jahren an der Semperoper noch alles baulich verändert hat.

Von Peter Hilbert
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Diplom-Restaurator Hans-Christoph Walther beseitigt derzeit schadhafte Stellen an den Deckenmalereien der Semperoper. Wie auch in den Vorjahren wird die Spielzeitpause für umfangreiche Arbeiten in Deutschlands berühmtestem Opernhaus genutzt.
Diplom-Restaurator Hans-Christoph Walther beseitigt derzeit schadhafte Stellen an den Deckenmalereien der Semperoper. Wie auch in den Vorjahren wird die Spielzeitpause für umfangreiche Arbeiten in Deutschlands berühmtestem Opernhaus genutzt. © Sven Ellger

Dresden. Hans-Christoph Walther steht auf dem gewaltigen Gerüst im Eingangsbereich der Semperoper, dem Seitenvestibül auf der Zwingerseite. Bereits seit elf Jahren nutzen der Dresdner Diplom-Restaurator für Architektur- und Wandmalerei und sein Kollege Wolfgang Benndorf die sommerliche Spielzeitpause, um die Deckenmalereien der 1985 übergebenen Oper Raum für Raum in Ordnung zu bringen. Walther hat eine besondere Beziehung zu dem wiederaufgebauten Bauwerk, das Deutschlands bekanntestes Opernhaus ist. Schließlich hat er bereits 1981 als Lehrling daran mitgearbeitet.

Die Deckenmalerei: Geheimtrick mit dem Fön

An den Decken- und Wandmalereien werden Schäden ausgebessert. „Hier gibt es Wasserflecken oder Fehlstellen“, erläutert der Restaurator mit Blick auf die ornamentale Malerei. Dabei handelt es sich um Graumalerei, die auch Grisaille-Malerei genannt wird. Das ist die Kunst, mit Hell und Dunkel, also mit verschiedenen Tonwerten einer Grundfarbe, die Wirkung plastischer Reliefs zu erzeugen. Die schadhaften Stellen werden zuerst gereinigt und dann mit bis zu vier Schichten Leimfarbe erneuert.

Sein Handwerkszeug: Der Malstock, auf den er die Hand auflegt, um mit dem feinen Pinsel die Ornamente bemalen zu können. Dabei hat der Restaurator auch einen Geheimtrick. Mit seinem Fön trocknet er die restaurierten Stellen. „Dadurch trocknet die Farbe so schnell, dass sich keine Wasserränder bilden können“, erklärt Walther. Projektleiterin Silke Ringelmann vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) schätzt das Können des Restaurators sehr: „Das ist unser guter Geist mit den goldenen Händen.“

Die Sandsteinarbeiten: Feinschliff zu Füßen von Schiller

Im Eingangsbereich der Semperoper arbeitet währenddessen Heiko Gerloff zu Füßen von Schiller. Der Dresdner Restaurator von der Firma Eilenberger aus dem erzgebirgischen Holzhau beseitigt Schäden im Sandstein. Unter der Skulptur sind kleine Stellen ausgebrochen. Mit handgeschmiedeten rundlichen Spachteln verfüllt er sie mit Sandsteinmörtel so, dass die Wände wieder eine glatte Oberfläche haben. Sind die Stellen nicht sehr tief, bringt der Restaurator den Mörtel gefühlvoll mit der Hand auf.

Zu Füßen der Schiller-Skulptur am Haupteingang der Semperoper arbeitet Restaurator Heiko Gerloff an den Sandsteinwänden. Hier ergänzt er schadhafte Stellen.
Zu Füßen der Schiller-Skulptur am Haupteingang der Semperoper arbeitet Restaurator Heiko Gerloff an den Sandsteinwänden. Hier ergänzt er schadhafte Stellen. © Sven Ellger

Für diese und weitere Arbeiten zahlt der SIB in der Spielzeitpause rund 2,5 Millionen Euro, erklärt SIB-Sachgebietsleiter Knut Börner. So wird das Parkett im oberen Rundfoyer, im unteren Zuschauerraum und im Orchestergraben zart abgeschliffen und mit Spezialöl neu versiegelt, sodass die Oberfläche wieder schön glänzt. Zudem erhält der Bühnenboden aus Schwarzkiefer den jährlichen neuen Anstrich. Andere Handwerker bauen brandsichere Türen im benachbarten Funktionsgebäude ein. Dort bekommen die Sologarderoben auch Klimaanlagen, damit sie sich in so heißen Sommern wie derzeit nicht aufheizen können. Alle Arbeiten sollen bis Ende August abgeschlossen werden.

Der Flutschutz: Tiefbrunnen sammeln Grundwasser

Im Untergrund hat der SIB viel unternommen, damit die Oper nicht nur schön, sondern auch dicht ist. Sie soll vor so einer Jahrhundertflut wie 2002 geschützt sein, die erhebliche Schäden angerichtet hatte. Gebaut wurden vier weitere Tiefbrunnen. Zwar haben die Stadt und die Landestalsperrenverwaltung ein 3,5 Kilometer langes Schutzsystem für die Altstadt zwischen der Brühlschen Terrasse und dem Alberthafen angelegt. Dazu zählen auch mobile Wände und mobile Verschlüsse.

Dieses Bild von der Jahrhundertflut 2002 soll sich nicht wiederholen. Am 17. August 2002 muss Wasser aus dem Keller der Semperper abgegepumpt werden.
Dieses Bild von der Jahrhundertflut 2002 soll sich nicht wiederholen. Am 17. August 2002 muss Wasser aus dem Keller der Semperper abgegepumpt werden. © Ulrich Baumgarten

Damit das durch den Untergrund ansteigende Grundwasser jedoch nicht die Oper überfluten kann, wurden die neuen Tiefbrunnen gebaut. Somit hat die Hochwasserentlastungsanlage insgesamt neun Tiefbrunnen. Pumpen können das Grundwasser über ein unterirdisches Einleitbauwerk zum Überlauf an der Elbe befördern. Beim Hochwasser im Juni 2013 hat die Anlage ihre Bewährungsprobe bestanden.

Das ist der Schachtdeckel eines der neun Tiefbrunnen der Semperoper. Sie wurden gebaut, damit Grundwasser die Oper nicht überfluten kann.
Das ist der Schachtdeckel eines der neun Tiefbrunnen der Semperoper. Sie wurden gebaut, damit Grundwasser die Oper nicht überfluten kann. © Sven Ellger

Zudem haben Techniker 2020 noch eine Pumpe in der Absenkung zwischen Funktionsgebäude und Oper installiert. Damit kann Wasser von der Oberfläche abgepumpt werden, damit es nicht ins Bühnenhaus eindringen kann.

Durch dieses Einleitbauwerk wird überschüssiges Grundwasser in die Elbe gepumpt.
Durch dieses Einleitbauwerk wird überschüssiges Grundwasser in die Elbe gepumpt. © Sven Ellger

Die Unterwelt: Dichtung für Honnis Champagnerzimmer

„Seit 2017 haben wir auch die Außenwände der Semperoper bis in eine Tiefe von zwei Metern isoliert“, erklärt Sachgebietsleiter Börner. Im Bereich des Champagnerzimmers am Rundfoyer im Untergeschoss reicht die Dichtung aus einem Bitumenanstrich sogar bis in eine Tiefe von sechs Metern.

Für den Namen des Zimmers gibt es Börner zufolge zwei Erklärungen. Einerseits soll dort früher Champagner gelagert worden sein. Zum anderen soll Staats- und Parteichef Erich Honecker bei der Eröffnung 1985 mit anderen Promis in diesem Raum mit dem edlen Tropfen angestoßen haben.

Erich Honecker soll in diesem Zimmer zur Operneröffnung Champagner getrunken haben. Hinter der Tür liegt der verfüllte Gang in Richtung Residenzschloss. Die Außenwände wurden mit einem Bitumenanstrich wasserdicht isoliert.
Erich Honecker soll in diesem Zimmer zur Operneröffnung Champagner getrunken haben. Hinter der Tür liegt der verfüllte Gang in Richtung Residenzschloss. Die Außenwände wurden mit einem Bitumenanstrich wasserdicht isoliert. © Sven Ellger

Die Arbeiten im Champagnerzimmer wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen. Dahinter befindet sich ein Stück eines Tunnels in Richtung Schloss. Der Zugang wurde mit einer Mauer verschlossen, sodass auch dort keine Feuchtigkeit mehr in die Semperoper eindringen kann. Nach Abstimmung mit der Stadt sei das Tunnelstück dann mit Kies verfüllt worden. So bleibt es späteren Generationen noch möglich, die historische Baukonstruktion zu erkunden.

SIB-Projektleiterin Silke Ringelmann an der hinteren Zufahrt der Semperoper. Bei einem Hochwasser werden hier mobile Wände aufgebaut, die einen Schlauchdamm ergänzen.
SIB-Projektleiterin Silke Ringelmann an der hinteren Zufahrt der Semperoper. Bei einem Hochwasser werden hier mobile Wände aufgebaut, die einen Schlauchdamm ergänzen. © Sven Ellger

Der Schlauchdamm: Schneller Schutz fürs Opernhaus

Im Ernstfall bekommt die Semperoper auch einen überirdischen Flutschutz, erklärt SIB-Fachfrau Ringelmann. Dabei handelt es sich um einen Schlauchdamm der Spezialfirma Beaver aus der Schweiz. Droht eine Flut, werden in der unteren Lage des Damms zwei und darüber ein Schlauch mit Wasser gefüllt. Der Damm umschließt die Semperoper fast komplett. Einmal jährlich testen Opernmitarbeiter den Aufbau des 1,8 Meter hohen Flutschutz-Damms.

Der Aufbau der mobilen Schutzwand wird regelmäßig geübt, sodass er auch im Ernstfall schnell über die Bühne geht.
Der Aufbau der mobilen Schutzwand wird regelmäßig geübt, sodass er auch im Ernstfall schnell über die Bühne geht. © Foto: Semperoper

Mittlerweile gibt es auch mobile Wände, mit denen der tiefliegende Bereich an der Rückseite mit der Zufahrt zur Devrientstraße vor einer Überflutung geschützt werden kann. Die mobilen Wände ergänzen den Damm.