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Was macht eigentlich - der Wirt vom Basteischlösschen ohne seine "Kochsternstunden"?

Vor drei Jahren gab Clemens Lutz den Menüwettbewerb "Kochsternstunden" ab. Seitdem brennt im Basteischlösschen die Luft - und damit noch nicht genug.

Von Nadja Laske
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Was für Tee gut ist, kann für Glühwein nicht schlecht sein: Clemens Lutz bietet das Heißgetränk in seinem Kobalt Club Royal ab dem 26. Dezember aus dem Samowar an.
Was für Tee gut ist, kann für Glühwein nicht schlecht sein: Clemens Lutz bietet das Heißgetränk in seinem Kobalt Club Royal ab dem 26. Dezember aus dem Samowar an. © René Meinig

Dresden. Was machen eigentlich... So fragt man nach Gesichtern der Dresdner Gesellschaft, die über kurz oder lang aus den Augen verschwunden zu sein scheinen. In diesem Fall geht es nicht um besondere Menschen, sondern um besondere Stunden: die Kochsternstunden.

Zu fragen: "Was macht eigentlich... Clemens Lutz?", das erübrigt sich fast. Er macht. Zwar ist er nicht ständig vor Ort, wenn in seinem Kobalt Club Royal der Bär steppt, doch der Architekt mit Gastroleidenschaft sorgt im Hintergrund dafür, dass seine Gäste Spaß haben. Das tat und tut er bereits in anderen Locations. Pussytotalbar dürfte vielen ein Begriff sein. Auch in den Kasematten betreibt Lutz einen Veranstaltungsort. Der war für die eine oder andere Gesellschaft überdimensioniert, und diese potenzielle Kundschaft deshalb laufen zu lassen, ein unglücklicher Umstand.

Der Betreiberwechsel im Italienischen Dörfchen, zu dem auch das Basteischlösschen direkt an der Elbe gehört, brachte auf den Weg, was Clemens Lutz nun als Volltreffer bezeichnen kann: "Ich habe beobachtet, dass sich dort nichts tat, und mal nachgefragt", erzählt er. Ein Konzept für das niedliche Gebäude hatte der Dörfchenwirt noch nicht, und die beiden kamen überein: Clemens Lutz versucht damit sein Glück.

Ein Glück! Werden Stammgäste sagen und alle, die im Vorbeigehen und Niederlassen oder auf einer privaten Feier von der Terrasse aus die Blaue Stunde erlebten. "Wir haben 2019 damit begonnen, aus dem Fenster heraus Getränke zu verkaufen. Das war unsere Bar." Drei Jahre und ungezählte Lockdowns später gibt es eine große Outdoor-Bar, Hochtische und Hocker draußen, eine weitere Bar innen, im Erdgeschoss und einen festlichen Raum mit Sitzecken und Platz für eine lange Tafel im Obergeschoss. Clemens Lutz`Händchen für Gestaltung - detailverliebt und opulent royal - reicht vom Bau der Bar aus einem historischen Buffet, über Geschirr und Deko bis hin zum Seifenspender auf den Toiletten.

Jeden Mittwoch reichte das Licht der Lämpchen den Sommer über bis hinüber zur Neustadt, und die Partymusik der After-Work-Sause begrüßte die Passanten auf der Augustusbrücke. Dresdens Who's Who hatte einen neuen Treffpunkt. Und Clemens Lutz eine Alternative für kleinere Gesellschaften. "Bei einer gediegenen Feier hat bei bis zu 50 Personen jeder seinen Platz. Ich selber habe hier mit 250 Gästen meine Hochzeit gefeiert."

Wer dieser Tage am Basteischlösschen vorbeikommt, trifft es eher still an. "Wir rüsten gerade auf Wintersaison um", erklärt der Chef. Weil in der kalten Jahreszeit der Wind nicht wohlig kühlend, sondern schroff und schneidend von der Elbe auf die Terrasse weht, hat Lutz Glaswände aufbauen lassen. Mit Weihnachtsdeko und Lichterketten wird er nicht sparen. Jeder Hochtisch hat eine integrierte Heizung, die die Gäste ab Gürtellinie wärmt. Von der Decke hängen zusätzliche Wärmestrahler. Den teuren Betrieb lässt sich Clemens Lutz mit 2,50 Euro pro Frostbeule vergüten. Wer das nicht will und braucht, kein Problem, meint er. Dann bleiben die Wärmequellen eben aus.

Menüwettbewerb hat Raum für noch mehr Restaurants

"Wir haben jeden Tisch mit einem Anschluss für einen Samowar ausgestattet, aus dem sich die Gäste ihren Glühwein nachschenken können." Am 26. November öffnet das Kobalt als Winterlounge und am 30. findet die erste von insgesamt vier Christmas-Blue-Hour-Abende analog zu den After-Work-Partys statt. Ab Januar plant er Club- und Discobetrieb indoor, bis dahin ist frische Luft bei Heißgetränken angesagt.

Clemens Lutz denkt weiter: "Perspektivisch will ich hier einen richtigen Restaurantbetrieb etablieren. Dafür suche ich noch den passenden Koch." So könne er das Basteischlösschen den ganzen Winter über betreiben.

Nicht ohne Grund hat er Zeit und Muße für solche neuen Projekte. Normalerweise würde der 51-Jährige jetzt zusammen mit seinem Team voll und ganz in der Planung und Organisation der Kochsternstunden stecken. Doch damit kam es vor drei Jahren anders als er je gedacht hätte. "Meine Frau und ich waren zu der Zeit ewig lange nicht im Urlaub gewesen und haben uns dann kurzentschlossen einen alten VW-Bus zum Camper ausgebaut", erzählt er. Damit fuhren die beiden sechs Wochen lang nach Griechenland und hatten auf der Reise viel Zeit, um über ihr Leben nachzudenken.

Zufällig hörten sie einen Podcast, in dem es um die Viertagewoche ging. Um sie zu leben, müsse man sich von einigen Aufgaben trennen, hieß es. "Wir haben uns gefragt, was wir hergeben würden, und da kam ich auf die Kochsternstunden. Nicht etwa, weil sie mir keinen Spaß mehr machten, sondern weil sie so viel Zeit banden, dass mir der Freiraum für neue Projekte fehlte."

Wieder zurück in Dresden ergab sich ein Angebot, zu dem er nicht nein sagen konnte: Die DDV-Mediengruppe, zu der auch die Sächsische Zeitung gehört, interessierte sich für das Konzept und übernahm die Kochsternstunden. Im Jahr 2009 hatte Clemens Lutz sie ins Leben gerufen, und damit vielen Gastronomen zu einem Highlight in der umsatzschwächsten Zeit Anfang des Jahres verholfen. Alle teilnehmenden Restaurants kreieren seither ein spezielles Kochsternstunden-Menü zu moderatem Preis und bieten es fünf Wochen lang an. Die Gäste bewerten ihren Restaurantbesuch nach verschiedenen Kriterien und können mit ihrem Voting Preise gewinnen. Die Lokale unterdessen gewinnen Kunden, Umsätze und Bekanntheit.

Nach der Coronapause starten die Kochsternstunden nun 13 Jahre später zum ersten Mal in DDV-Hand. Los gehts am 3. Februar. Der Menüwettbewerb endet am 12. März und steht interessierten Restaurantbetreibern noch offen. "Ich werde den neuen Organisatoren drei Jahre lang beratend zur Seite stehen", sagt Clemens Lutz. "Ich habe die Kochsternstunden groß gemacht, sie liegen mir nach wie vor am Herzen."

www.kochsternstunden.de