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Architekt Kulka zu Neubau am Dresdner Landtag: "Ich kämpfe um dieses Haus"

Architekt Peter Kulka hat am Mittwochabend seine Neubaupläne für den Dresdner Landtag verteidigt. Auf Kritik an den Entwürfen wolle er eingehen. Gegenüber einigen Stadträten fand er deutliche Worte.

Von Kay Haufe
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So könnte der nächtliche Blick auf den Erweiterungsbau des Sächsischen Landtags in Dresden aussehen.
So könnte der nächtliche Blick auf den Erweiterungsbau des Sächsischen Landtags in Dresden aussehen. © Visualisierung: Peter Kulka Architektur

Dresden. Wer, wenn nicht das hohe Haus, das Sächsische Parlament, sollte an dieser sensiblen Stelle am Elbufer, angrenzend an den bestehenden Landtag, bauen? Diese Frage stellt Wolfgang Lorch am Mittwoch rhetorisch in den Plenarsaal des Sächsischen Landtages, er leitet die Dresdner Gestaltungskommission.

Die Antwort darauf ist längst gefunden. Stararchitekt Peter Kulka ist vom Freistaat beauftragt worden, den Landtag behutsam zu erweitern. Denn der braucht 30 Jahre nach der Sanierung neue Leitungen, Technik und vor allem mehr Platz. Für die nötigen Arbeiten müssen Parlamentarier und Beschäftigte in neue Räume umziehen. Und wer, wenn nicht Kulka, der zu Beginn der 1990er-Jahre den bestehenden Landtagsneubau entworfen hat, könnte diese Aufgabe am besten meistern?

Dass der auch mit 86 Jahren die größte Lust auf diese Aufgabe hat, daran lässt Kulka keine Zweifel. "Ich kämpfe um dieses Haus", ruft er in einer emotionalen Rede ins Rund. Und bekommt Rückenwind vom Sächsischen Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU). "Wir wollen bauen." Und zwar in erster Reihe an der Elbe.

In erster, nicht in dritter Reihe

Schon seit mehreren Jahren plant der Freistaat einen Neubau, der zunächst im Packhofviertel nahe dem Haus der Presse entstehen sollte. "Eine gefährliche Stelle in dritter Reihe", wie Kulka sagt. Sie hätte den Landtag geteilt und weite Wege bedeutet.

Die jetzigen Pläne sehen ein rund 70 Meter langes, zweigeschossiges Gebäude auf der Wiese vor dem Maritim-Hotel vor, zwischen Plenarsaal und Kongresszentrum. Außerdem einen Kubus im Innenhof des bestehenden Landtages. Insgesamt sollen so 2.000 Quadratmeter neue Bürofläche entstehen.

Aus der Vogelperspektive sieht man den Kubus im Innern des bestehenden Landtages und den Flachbau an der Elbe, beide mit begrünten Dächern.
Aus der Vogelperspektive sieht man den Kubus im Innern des bestehenden Landtages und den Flachbau an der Elbe, beide mit begrünten Dächern. © Peter Kulka Architektur

Über unterirdische Verbindungen sollen die Nutzer von einem Gebäude ins andere gelangen. "Die Packhofstraße muss unbedingt offen bleiben und mit ihr der Blick auf die Dreikönigskirche", ruft Kulka laut den Gästen der Bürgerinformationsveranstaltung zu. Dem Sächsischen Landeskonservator Alf Furkert verspricht Kulka, bei der Sanierung sorgsam mit den bestehenden Gebäuden umzugehen. "Sie brauchen keine Angst haben, dass wir das Gelungene zerstören."

"Die Stadt ist voller hässlicher Gebäude"

Kulkas Pläne fanden vorher in der Gestaltungskommission nicht nur lobende Worte. Während sie die Architekten und Landschaftsarchitekten als gelungen bezeichneten, gab es Kritik am Neubau an der Elbe, der an eine DDR-Schule erinnere, wie ein Stadtrat sagte. Kulka ist empört über diese Äußerung. "Ich finde es ungeheuerlich, dass Stadträte ihre persönliche Empfindung rausgeholt haben. Da stehen Sie da wie ein Trottel." Aber so könne man eine solche Aufgabe nicht anpacken. "Ich betrachte die Architektur als Kunst." Und Kulka schickt direkt hinterher: "Die Stadt ist voller hässlicher Gebäude."

Freitreppe am Kongresszentrum ist "Monster"

Das sollen die neuen Landtagsgebäude nicht werden, verspricht Kulka. Sie sollen eine Verbindung schaffen zwischen den angrenzenden Gebäuden, auch zur großen Freitreppe am Kongresszentrum, die er als "Monster" bezeichnet. Der Flachbau vor dem Maritim-Hotel, zusammengesetzt aus drei "Scheiben", soll von oben begrünt werden. "Das ist keine brutale Architektur, das ist Städtebau vom Feinsten, der weiter den Blick auf die Radebeuler Weinhänge ermöglicht", begründet der Architekt seine Herangehensweise. Die Architektur soll ein Abbild des Lebens der Menschen sein, die darin leben bzw. arbeiten.

Die Baumreihen mit den Linden müssen unbedingt erhalten werden und sorgen für unterschiedliche Sommer- und Winteransichten, sagt Kulka.
Die Baumreihen mit den Linden müssen unbedingt erhalten werden und sorgen für unterschiedliche Sommer- und Winteransichten, sagt Kulka. © Peter Kulka Architektur

Geht es nach dem Baubetrieb des Freistaates, dem Sächsischen Immobilien- und Baumanagement (SIB), könnte es mit dem Bau nicht schnell genug gehen. Doch man kenne die Bedeutung des Ortes, die sensible Planung benötige, in die auch die Bürger einbezogen werden sollen, sagt Jörg Scholich, SIB-Niederlassungsleiter Dresden I. "An keinem anderen Ort schlägt das Herz der sächsischen Demokratie, so wie hier." Mitte 2024 wolle man die fertige Planung präsentieren.

Kulka verspricht, an die Aufgabe heranzugehen, "als wäre sie mein erstes und schönstes und einziges Werk". An mindestes fünf Fassadenentwürfen werde nun weitergearbeitet. Fest steht bereits, dass die Eingänge zur Elbterrasse hin verlegt werden und so "neue Adressen" entstünden.

Ein Blick auf den Kubus im Innenhof.
Ein Blick auf den Kubus im Innenhof. © Peter Kulka Architektur

Warum kein Wettbewerb an der sensiblen Stelle?

Aber warum wird es genau für diese sensible Stelle der Stadt und einem so wichtigen Bau für die Stadt keinen Architektur-Wettbewerb geben, fragt Torsten Kulke, der Vorsitzende der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden (GHND) in der Fragerunde. Der SIB-Niederlassungleiter erklärt, dass Kulka schon 2019 mit der Erweiterung der Technikzentrale beauftragt worden sei. Der Architekt habe ein Urheberrecht am Landtag und müsse bei Neubauten einbezogen werden. "Herr Kulka stellt sich auch der Kritik aus der Gestaltungskommission und aus der Öffentlichkeit, genau deshalb sitzen wir heute in dieser Runde", so Scholich.

Ein weiterer Hinweis aus der Bürgerrunde kommt zur Wand des Neubaus in Richtung Freitreppe. "Das finde ich nicht so gelungen", sagt ein Besucher der Veranstaltung. Genau über diese Stelle sei man in Abstimmung mit Kulka, sagt Scholich. "Wir sind noch nicht fertig mit den Plänen." Auch Wolfgang Lorch findet, dass man dort nicht mit "einer Schmalseite" reagieren kann. "Das ist eine ganz empfindliche Stelle, die bisher gar keine Proportion hat", bestätigt Kulka. Er werde sie mit seinen Mitarbeitern weiter bearbeiten.

Landtagsneubau aus 1990er-Jahren unter Denkmalschutz

Wie geht es nun weiter mit den geplanten Neubauten? Am 8. September stellt Kulka seine weiterentwickelten Entwürfe in der Gestaltungskommission vor, sagt Dresdens Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) und lädt alle Interessierten zur öffentlichen Veranstaltung ein.

Landtagspräsident Rößler, der die Runde eröffnet hat, beendet sie mit einer guten Nachricht: Der nach 1990 entstandene Landtagsbau soll als Bauwerk der Moderne unter Denkmalschutz gestellt werden. Landeskonservator Alf Furkert gefällt dieser Plan.