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Star-Architekt Kulka zum Landtagsneubau: "Für diese Aufgabe, die eine meiner letzten sein wird, bin ich nach Dresden zurückgekommen"

Mit 86 Jahren plant der Dresdner Architekt Peter Kulka ein neues Mammut-Projekt: Ab 2025 will er den sächsischen Landtag sanieren und erweitern. Wie er mit Kritik umgeht und was ihn antreibt.

Von Dirk Hein
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Will den Landtag erweitern und sanieren: Star-Architekt Peter Kulka aus Dresden.
Will den Landtag erweitern und sanieren: Star-Architekt Peter Kulka aus Dresden. © Marion Doering

Dresden. Der Landtag in Dresden will anbauen. Nachdem erste Pläne einer Erweiterung auf einer Freifläche am Haus der Presse gescheitert waren, präsentierte Architekt Peter Kulka seine Überlegungen. Doch neben Zustimmung gab es reichlich Kritik. Erste Stadträte diskutieren, den Neubau zu verhindern. Was Kulka, der sich Anfang der 1990er-Jahre unter zwölf Bewerbern durchsetzte und den Landtag schon einmal sanierte und erweiterte, jetzt noch antreibt, erklärt er im Gespräch mit Sächsische.de.

Herr Kulka, was bedeutet der Landtag für Sie als Architekt?

Ich bin vor dem Krieg in Dresden geboren, mein Vater war hier Architekt. Ich habe in Dresden in den Trümmern gelebt und später in Berlin-Weissensee Architektur studiert. Ich habe die DDR verlassen, weil ich nicht in die Partei eingetreten bin und dem Druck nicht nachgeben wollte.

Die Bauten des Sächsischen Landtags bedeuten viel für mich. Jetzt darf und soll ich den Landtag nochmals sanieren und erweitern. Ich bin für diese Aufgabe, die wahrscheinlich eine meiner letzten sein wird, ganz nach Dresden zurückgekommen.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit den neuen Plänen?

Seit vier Jahren. Wir waren aber vorher auch nie wirklich weg und haben den Landtag in den letzten 30 Jahren in baulichen Themen immer betreut. Der Wunsch, nicht nur zu sanieren, sondern auch zu erweitern und nicht dauerhaft in einen hunderte Meter entfernten Interimsbau ziehen zu wollen, kam von den Abgeordneten. Der Landtag soll ein zusammenhängendes Gebäudeensemble bleiben.

Wir planen die Gesamtsanierung des Bestehenden. Das dringend erforderliche Raumprogramm erfordert Erweiterung. Dies gelingt zum einen durch den Neubau eines Kubus im Innenhof und zum anderen durch einen Anbau auf der Freifläche vor dem Erlweinspeicher. Obwohl dieses Gebäude scheinbar frei steht, ist es ein Anbau, der unterirdisch fest mit dem Bestandsgebäude verbunden ist.

Doch gerade an diesem Anbau gibt es deutliche Kritik. Stadtrat Tilo Wirtz, als Politiker immerhin Mitglied der Gestaltungskommission, sprach davon, Ihr Entwurf gleiche "mobilen Raumeinheiten". Trifft Sie so eine Aussage?

Es enttäuscht mich, was gesagt wurde. Herr Wirtz hat bisher den Dialog mit uns nicht gesucht. Was wir vorgestellt haben, ist ein Vorentwurf. Es ging primär um den Aspekt des Städtebaus an diesem Ort. Natürlich arbeiten wir an den Fassaden weiter. Aber bereits der Vorentwurf ist eigentlich baubar.

Dieser Entwurf ist durch die Besonderheit seiner Lage und Anbindung an die historische Altstadt mit ihrer Silhouette von großer Bedeutung. Dessen waren und sind mein Büro und ich uns zu jeder Zeit bewusst. Maßstab, Größe bis hin zu den Fassaden müssen in sensibler Abstimmung auch auf die nähere Umgebung eingehen. Dafür ist viel Zeit eingesetzt worden und ich glaube, dass dies bereits im Vorentwurf ablesbar und erkennbar ist.

Die Gesellschaft Historischer Neumarkt fordert dennoch "einen großen internationalen Wettbewerb", um die höchste architektonische und städtebauliche Qualität für den Landtags-Neubau zu gewährleisten. Haben Sie nicht ausreichend Qualität geliefert?

Im Auftrag des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements wurde unabhängig von meinem Büro eine städtebauliche Empfehlung für diese Baufläche und für den möglichen Baukörper erstellt. An diese Vorgabe, welche auch die Beziehungen zu den Nachbargebäuden, die Sichtachsen und Freiflächen betrachtet, habe ich mich gehalten. Die Menschen in Sachsen können davon ausgehen, dass der Kubus und der Anbau zum bisherigen Landtagsgebäude passen werden und in der anerkannten und bekannten Qualität entstehen werden. Tausende Menschen besuchen jährlich den Landtag und kennen das Gebäude als Tagungsstätte unserer Demokratie. Dafür stehe ich ganz persönlich auch mit meinem Architekturbüro ein, ich werde dafür kämpfen.

In der Mitte der begrünte Neubau, rechts der geplante Anbau: So soll der Landtag erweitert werden.
In der Mitte der begrünte Neubau, rechts der geplante Anbau: So soll der Landtag erweitert werden. © Visualisierungen Peter Kulka Arc
Peter Kulka während seines Vortrages in der Dresdner Gestaltungskommission. Dort gab es Zustimmung, aber auch Kritik.
Peter Kulka während seines Vortrages in der Dresdner Gestaltungskommission. Dort gab es Zustimmung, aber auch Kritik. © Sven Ellger
Dieser Kubus soll als Neubau in den Innenhof gesetzt werden. Markant ist die weithin sichtbare, mit Bäumen bepflanzte Dachterrasse.
Dieser Kubus soll als Neubau in den Innenhof gesetzt werden. Markant ist die weithin sichtbare, mit Bäumen bepflanzte Dachterrasse. © Visualisierungen Peter Kulka Arc
Der Blick in die Kleine Packhofstraße. Der bestehende Landtag und der Neubau rechts sind durch unterirdische Gänge verbunden.
Der Blick in die Kleine Packhofstraße. Der bestehende Landtag und der Neubau rechts sind durch unterirdische Gänge verbunden. © Peter Kulka Architektur
Der Blick von der Marienbrücke veranschaulicht, wie sich das neue Landtagsensemble in Dresden ins Stadtbild einfügen soll.
Der Blick von der Marienbrücke veranschaulicht, wie sich das neue Landtagsensemble in Dresden ins Stadtbild einfügen soll. © Peter Kulka Architektur

Wie hat sich in den letzten Jahren seit Ihrem ersten Landtagsneubau der Ton geändert in den politischen Diskussionen?

Er ist verengt geworden und mit Angst belastet. Die Diskussionen sind alle ängstlicher geworden. Das mag ich nicht und es ist nicht zielführend. Es fehlt auch manchmal an der gebotenen Kommunikation, es wird viel zu oft übereinander als miteinander geredet.

Warum haben Sie da nicht gesagt: Bei dem ganzen Ärger, der mich da erwartet, das tue ich mir auf meine alten Tage nicht mehr an?

Ich habe keine alten Tage (schmunzelt). Ich habe damals in drei Jahren die Erweiterung des Landtages geplant und gebaut. Danach nochmal in drei Jahren die Sanierung des Altbaus. Es ist ein Gebäudeensemble entstanden, was einen echten Ruf hat. Jetzt muss es weitergehen. Wir planen kein heldenhaftes, aber ein sinnvolles Gebäude. Ich habe dafür die Zustimmung des Parlamentes und des Präsidiums im Landtag.

Es gibt aber Überlegungen, eine Veränderungssperre über das Areal zu legen und einen Bebauungsplan zu erzwingen, würden Sie sich so einem langen Prozess nochmals stellen?

Wir haben unsere Pläne bereits in mehreren Gremien vorgestellt und haben danach stets einstimmige Zustimmungen erhalten. Diesen Prozess werden wir fortführen. Positive Kritik ist in unserer Gesellschaft Alltag und erwünscht. Ich stehe dazu und werde damit sachlich umgehen. Wir haben bisher alle Anforderungen und Erforderlichkeiten in der Planung berücksichtigt.

Letztlich bauen wir mit den Steuergeldern unserer Bürger. Verzögerungen oder gar das Anhalten der Bauplanungen wird sich in erheblichen Mehrkosten niederschlagen.

Was zeichnet Ihre Pläne denn aus?

Zum einen haben wir ein wichtiges Thema gelöst: Der Landtag muss nicht zweigeteilt werden. Das ist, was ich und auch der Landtag selbst unbedingt befürworten. Zum anderen sind der Erweiterungsbau im Hof und der Anbau neben dem Plenarsaal in der funktionalen Anbindung, in ihrer Höhe und städtebaulichen Einordnung auf das bestehende Landtagsgebäude und den Erlweinspeicher genaustens abgestimmt.

Um nochmal auf den Punkt zu kommen: Dresden baut an dieser Stelle für die Ewigkeit, warum also nicht ein zweites Mal so etwas Beindruckendes wie den Landtagsneubau entstehen lassen?

Weil es nicht funktionieren würde. Die verschiedenen Gebäude stehen in einer Beziehung zueinander. Ich kann aber nicht einen Bauteil, der direkt neben dem Plenarsaal liegt, plötzlich opulent gestalten. Ich möchte eine Ordnung haben. Die Zeitschichten des Landtages werden alle sichtbar sein - der Altbau, der Neubau von vor 30 Jahren und jetzt die beiden Erweiterungen. Die Fassade ist aber natürlich noch keine fertige Fassade, wir arbeiten da weiter. Es gibt neue alternative Entwürfe, die ich aber zunächst meinen Auftraggebern vorstellen werde.

Die Gestaltungskommission hat von der Fachseite her für uns gestimmt, der aktuelle Konflikt ist durch einzelne Personen entstanden. Für uns ist klar: Besonders in Zeiten wie diesen, die durch Verunsicherung und Krieg geprägt sind, fühlen wir uns verantwortlich, das Weiterbauen zu kultivieren - schlicht, uneitel und trotzdem schön.

Wann könnten Sie denn starten?

Gebaut werden könnte zügig, bereits 2025 soll der Spatenstich erfolgen. Noch dieses Jahr werden wir den Entwurf fertigstellen, nächstes Jahr soll die Ausführungsplanung folgen und dann könnte es losgehen.