Dresden
Merken

Ideen für ein muslimisches Kulturhaus in Dresden-Johannstadt

Das Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden stößt im bisherigen Flachbau an der Marschnerstraße an räumliche Grenzen. Jetzt wurden Ideen für einen Neubau in der Gestaltungskommission präsentiert.

Von Kay Haufe
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das ist eine der Ideen des Stuttgarter Architekturbüros m3  für ein "Kulturhaus mit Gebetsraum".
Das ist eine der Ideen des Stuttgarter Architekturbüros m3 für ein "Kulturhaus mit Gebetsraum". © Sven Ellger

Dresden. Bis zu 1.500 Menschen kommen zum Freitagsgebet ins Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden. Dafür müssen zwei Durchgänge für das Plichtgebet der Muslime im früheren Drewag-Flachbau an der Marschnerstraße abgehalten werden. Viele Besucher beten auch im Freien, weil innen nicht genügend Platz ist.

Seit 2009 nutzt der Verein Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden das Gebäude als Begegnungszentrum, in dem auch gebetet wird. Der Vereinsvorsitzende Saad Elgazar ist gleichzeitig der Imam. "Die Idee war, ein Zuhause zu schaffen für Muslime verschiedenster Nationalitäten und gleichzeitig Vorurteile gegenüber dem Islam abzubauen und ein friedliches Miteinander zu unterstützen", heißt es auf der Internetseite des Vereins über seine Ziele.

Schon 2019 Baupläne für Moschee

Das Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden hat seinen Sitz in einem Flachbau auf der Marschnerstraße 2, wo auch gebetet wird.
Das Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden hat seinen Sitz in einem Flachbau auf der Marschnerstraße 2, wo auch gebetet wird. © Sven Ellger

Bereits 2019 hatte der Verein einen Bauantrag für eine mehrstöckige Moschee mit Kuppel und Minarett in der Johannstadt an der Stelle gestellt. Dieser war jedoch laut Stadt unvollständig und konnte vom Bauaufsichtsamt nicht bearbeitet werden. Nun startet das Bildungszentrum einen neuen Versuch. Erste Ideen für ein Gebäude, das nicht Moschee genannt wird, sondern "Kulturhaus mit Gebetsraum", wurden am Freitag in der Dresdner Gestaltungskommission vorgestellt. Das Büro m3 Architekten aus Stuttgart ist erneut mit der Aufgabe beauftragt, es hatte bereits den ersten Entwurf 2019 erstellt.

"Wir finden, das Grundstück befindet sich in einer guten Lage", sagt M3-Inhaber Murat Korkmazyürek. Zum Beten in Richtung Mekka sei es aber eher schlecht, die Ausrichtung geht in Richtung Comeniusstraße. Zudem gebe es ringsum viele verschiedene Gebäude mit Gewerbe- und Wohnnutzung. "Es ist nicht einfach, für das neue Gebäude eine besondere Form zu finden."

Der Neubau, der ein soziales Gebäude mit mehreren verschiedenen Räumen sein soll, werde manchmal sehr voll sein, wie zu den Freitagsgebeten, zu anderen Uhrzeiten aber eher leer, so Korkmazyürek. Es müsse eine gewisse Privatsphäre für die Muslime beim Gebet bieten, aber zu anderen Zeiten auch offen sein, um mit interessierten Gäste in Dialog treten zu können.

"Wir stehen ganz am Anfang unserer Überlegungen und wollen hier unsere städtebaulichen Ansätze vorstellen." Einer sieht ein skulpturales Gebäude in einer gewissen Höhe vor, ein anderer ein Gebäude, das zwei Etagen ins Erdreich ragt, um mehr Platz zu schaffen. "Sehr wichtig für die Nutzung sind ein Innenhof und eine Terrasse", so Korkmazyürek. Um wirklich gut auf dem nur 1.420 Quadratmeter großen Grundstück bauen zu können, bräuchte man jedoch ein Stück des Nachbargrundstückes oder die Genehmigung zur Grenzbebauung. Dazu sei man in Gesprächen mit der Stadt.

Die Mitglieder Gestaltungskommission zeigten sich äußerst angetan von der Ideenvorstellung. "Ich finde es eine äußerst spannende Aufgabe. Es ist gut, dass sie uns heute so viele Varianten präsentieren", sagt Kilian Kresing. "Was wir ihnen mitgeben wollen, ist, dass sie den Spagat zwischen offenen Armen und Zeiten, in denen das Gebäude nicht für jeden zugänglich sein wird, schaffen müssen."

Jórunn Ragnarsdóttir sprach die Frage der Sicherheit an, die besonders wichtig für das Projekt sei. Die könne man zum Beispiel mit einem Innenhof lösen, der mit Oren oder Schiebelementen lösen, sagt Murat Korkmazyürek.

Eine weitere Idee für das Kulturzentrum auf der Marschnerstraße.
Eine weitere Idee für das Kulturzentrum auf der Marschnerstraße. © Sven Ellger

Befürchtung: Verwaltung agiert am Stadtrat vorbei

Insgesamt sei es ein sehr ambitioniertes Projekt, aber eins, was verdient, in Dresden zu stehen. "Es muss architektonisch auch was für die Nachbarschaft tun", sagt Ragnarsdóttir. "Wir würden sie gern bei dem Vorhaben begleiten und beraten und laden sie ein, wiederzukommen mit den nächsten Plänen in die Gestaltungskommission."

Das Gebäude könnte rund 300 Menschen Platz bieten, sagt der Architekt. Dafür müssen aber berücksichtigt werden, dass dann auch ausreichend Stellplätze, laut Satzung 30, auf dem Gelände entstehen, warf Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) ein. Alternativ müsste eine Ablösegebühr bezahlt werden, wenn welche fehlen.

Zur Frage einer möglichen Grenzbebauung sagt die Leiterin des Stadtplanungsamtes, Anja Heckmann, dass man dies erst anhand eines konkreten Entwurfes beurteilen könne.

Wie eine Moschee könnte das Kulturhaus in Dresden-Johannstadt aussehen.
Wie eine Moschee könnte das Kulturhaus in Dresden-Johannstadt aussehen. © Sven Ellger

Grünen-Stadtrat Thomas Löser sagte, es gebe für dieses Gebiet doch einen Bebauungsplan. Die Stadtverwaltung selbst hatte in einem Antrag dazu 2018 geschrieben, dass die Fläche städtebaulich weiterentwickelt, neu geordnet und sensibel nachverdichtet werden soll. "Der Bebauungsplan hat keine Rechtskraft erlangt", sagt Anja Heckmannn. Damals sei eine Veränderungssperre über das Gebiet gelegt worden, die aber inzwischen ihre Wirkung verloren habe. Deshalb könne man das Vorhaben jetzt laut Baugesetzbuch einfacher und schneller betrachten, wie schon vorher der Hochhausneubau nebenan am Straßburger Platz. CDU-Stadtrat Mario Schmidt gab zu bedenken, dass man den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan nie aufgehoben habe. "Es ist zu befürchten, dass die Verwaltung jetzt am Stadtrat vorbeiagiert", sagt er im persönlichen Gespräch. Tatsächlich würde ein Bebauungsplanverfahren engere Vorgaben mit sich bringen.

Dass der Neubau einer Moschee Zündstoff birgt, war bereits beim Bekanntwerden des ersten Bauantrages 2019 zu sehen. Damals gab es Protest gegen eine Moschee von Mitstreitern der rechten Splittergruppe „Wellenlänge“. Entzündet hatte der sich möglicherweise am damaligen Verdacht des Verfassungsschutzes, dass einige Vertreter des Zentrums Beziehungen zur radikalislamischen Muslimbruderschaft unterhalten würden. Der Vorsitzende des Vereins, Saad Elgazar, hatte diese Vorwürfe mehrfach von sich gewiesen.