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Wie steht OB Hilbert zum geplanten Moschee-Neubau in der Dresdner Johannstadt?

In Dresden-Johannstadt soll eine Moschee gebaut werden, initiiert vom Verein Marwa-Elsherbini-Kultur- und Bildungszentrum. Dessen Vorsitzender steht jedoch im Fokus des sächsischen Verfassungsschutzes.

Von Kay Haufe
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Dieser Entwurf für eine Moschee an der Marschnerstraße wurde vor wenigen Tagen in der   Gestaltungskommission gezeigt.
Dieser Entwurf für eine Moschee an der Marschnerstraße wurde vor wenigen Tagen in der Gestaltungskommission gezeigt. © Sven Ellger

Dresden. Die Idee, in der Johannstadt eine Moschee zu bauen, stößt nicht bei allen Dresdnern auf Gegenliebe. So gab es eine Petition, um den geplanten Bau an der Marschnerstraße zu stoppen. Eine Moschee mitten im Wohngebiet, neben Schulen und nahe dem Krankenhaus St. Joseph-Stift wäre viel zu laut und unzumutbar, so die Argumente der Anwohner. Der Petitionsausschuss des Stadtrats hat der Petition allerdings nicht abgeholfen, wie Ausschussvorsitzende Annekatrin Klepsch (Die Linke) den Petenten mitgeteilt hat.

Die Stadt sieht in den Neubauplänen des Vereins Marwa-Elsherbini-Kultur- und Bildungszentrum jedoch grundsätzlich einen Vorteil im Vergleich zum jetzt genutzten Gebäude. Im früher von der Drewag genutzten Flachbau auf einem schmalen Eckgrundstück an der Marschner- und Comeniusstraße kommen freitags bis zu 1.500 Menschen zum Gebet zusammen. "Aus Sicht der Landeshauptstadt Dresden ist das Überführen des derzeitigen Interimszustandes in ein tatsächliches Gebetshaus als angemessene Heimstätte einer Glaubensgemeinschaft grundsätzlich zu begrüßen", sagt Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP).

Erst vor wenigen Tagen wurden die Pläne für die Moschee von Architekten in der Gestaltungskommission vorgestellt. In spätestens drei Monaten wolle man den Bauantrag einreichen.

Privates Bauvorhaben auf eigenem Grundstück in Dresden

Es handele sich um ein privates Bauvorhaben auf einem Grundstück, das dem Verein gehört. Der Verein habe als Eigentümer grundsätzlich das Recht, sein Grundstück zu nutzen und in diesem Zusammenhang auch zu bebauen. "Konkret auf die Situation vor Ort bezogen ist festzustellen, dass einer Glaubensgemeinschaft auf ihrem eigenen Grundstück und bei angemessener Beachtung des vorhandenen baulichen Kontextes und der geltenden Baugesetzgebung das Recht eingeräumt ist, ein zu religiösen Zwecken dienendes Gebäude zu errichten", heißt es aus dem Rathaus.

Und der OB legt nach: "Das Grundgesetz garantiert die Freiheit des Glaubens, die ungestörte Religionsausübung und das niemand deswegen benachteiligt werden darf. Dazu gehört in unserer interreligiösen und offenen Gesellschaft auch ein entsprechendes Gotteshaus. Das gilt gleichermaßen für Muslime, Christen, Juden und andere Gläubige in unserer Stadt."

Vereinsvorsitzender steht im Fokus des Verfassungsschutzes

Aber Dirk Hilbert und die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung wissen auch, dass der Vorsitzende des "Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrums Dresden" seit Längerem im Fokus des sächsischen Verfassungsschutzes steht. Der Ägypter Saad Elgazar habe Kontakte zur radikalislamischen Muslimbruderschaft, deren Ziel die "Errichtung eines politischen und gesellschaftlichen Systems auf der Grundlage der Scharia" ist, heißt es auf der Internetseite des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz.

Es gebe auch Anhaltspunkte für Kontakte zu anderen islamistischen Gruppierungen. Über den Zeitraum von mehreren Jahren habe Saad Elgazar im Internet in öffentlich zugänglichen sozialen Netzwerken zahlreiche Beiträge veröffentlicht, mit denen er ein eindeutiges und offenes Bekenntnis zur extremistischen Muslimbruderschaft abgab, ihre Aktivitäten begrüßte und darüber hinaus auch eine antisemitische Weltanschauung erkennen ließ, so der Verfassungsschutzes weiter. Elgazar selbst hatte die Vorwürfe mehrfach von sich gewiesen.

Keine Zusammenarbeit der Stadt Dresden mit Elgazar

Hilbert argumentiert, dass Elgazar von der Stadt bereits 2017 aufgrund der Einschätzung durch Sicherheitsorgane von einer gemeinsamen Veranstaltung zum jüdischen und islamischen Neujahr ausgeladen wurde. "Ihr Erscheinen an der oben genannten Veranstaltung würde dem Zweck, den friedlichen und versöhnlichen Charakter Ihrer Religionsgemeinschaft den Dresdner Bürgern zu vermitteln, ganz offensichtlich zuwiderlaufen. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass wir Ihre Teilnahme an der Veranstaltung nicht wünschen und dies erforderlichenfalls auch am Veranstaltungstag vor Ort durchsetzen werden, indem wir Ihnen den Zutritt verwehren", hieß es damals in im Schreiben aus dem Bürgermeisteramt. "Das gilt noch immer", sagt Hilbert.

Für ihn haben politische und religiöse Extremismen in der Dresdner Stadtgesellschaft keinen Platz. "Deshalb gibt es seitens der Landeshauptstadt Dresden keine Zusammenarbeit mit Herrn Elgazar und wird es auch künftig nicht geben. Es wäre aber der völlig falsche Weg, alle Muslime in unserer Stadt aufgrund einer Person wie Herrn Elgazar zu diskreditieren." Die Religionsausübung einer gesamten Gemeinschaft dürfe aber nicht aufgrund der Handlungen einer Einzelperson benachteiligt werden.

"Grundgesetz muss ohne Wenn und Aber geachtet werden"

Grünen-Stadtrat Thomas Löser hatte bereits in der Sitzung der Gestaltungskommission gefragt, wie sich die Stadt zum Verein positioniere. "Der OB betont vollkommen zu Recht, dass man für die Handlungen einzelner nicht die gesamte muslimische Gemeinde verantwortlich machen darf. Das Recht auf freie Religionsausübung ist eine Säule unseres demokratischen Gemeinwesens", sagt er zur Reaktion Hilberts.

"Zugleich obliegt es dem Vorstand der Marwa-Gemeinde zu prüfen, wie das beschädigte Vertrauen, welches durch die Beobachtung des Vorsitzenden durch den Verfassungsschutz entstanden ist, wieder hergestellt werden kann. Die Vorwürfe von Antisemitismus und religiösem Extremismus wiegen schwer und dürfen nicht bagatellisiert werden." Löser fände es gut, wenn sich die demokratischen Fraktionen im Stadtrat Dresden in dieser Frage abstimmen und eine gemeinsame Position entwickeln würden.

Auch Tilo Wirtz, Stadtrat der Linken betont, dass die freie Ausübung der Religion ein unverletzliches Grundrecht in Deutschland sei, was die Errichtung von Bauwerken einschließe. "Auf dieses Grundrecht kann sich aber nur berufen, wer seinerseits das Grundgesetz ohne Wenn und Aber achtet. Wer Toleranz einfordert, muss sie auch selbst leben. Gotteshäuser als Symbole politischer Landnahme, Parallelgesellschaften, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, Geschlechterungerechtigkeit, Antisemitismus oder gar der Wille zur Vernichtung Israels haben da überhaupt keinen Platz."