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Hindernisse auf dem Bürgersteig: Wenn Zu-Fuß-Gehen in Dresden zum Slalomlauf wird

Vor allem im Stadtzentrum sind Fußwege oft durch Warenaufsteller, Tische und Stühle sowie E-Roller zugestellt. Wie die Dresdner darauf reagieren und was sie sich wünschen.

Von Kay Haufe
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Auf der Hüblerstraße am Schillerplatz ist es für Fußgänger aufgrund von Verkaufsaufstellern und Schildern auf dem Fußwege mitunter schwierig, problemlos voranzukommen.
Auf der Hüblerstraße am Schillerplatz ist es für Fußgänger aufgrund von Verkaufsaufstellern und Schildern auf dem Fußwege mitunter schwierig, problemlos voranzukommen. © Marion Doering

Dresden. Die Schnäppchenangebote in den großen Aufstellboxen der Buchhandlung "Thalia" werden intensiv gesichtet. Schnell stehen zwei, drei Interessenten davor und suchen in den Büchern und Kalendern nach etwas Passendem. Dumm nur, dass sie den ohnehin schon nicht sehr breiten Fußweg auf der Hüblerstraße in Blasewitz verstellen. Generell ist rund um den Schillerplatz viel Laufkundschaft unterwegs. Eltern mit Kinderwagen, ältere Menschen mit Rollator oder Passanten, die ihr Rad schieben - sie alle haben oft Probleme, dort konfliktfrei voranzukommen.

Dass zugestellte Fußwege kein Blasewitzer Phänomen sind, zeigt das Ergebnis des Mobilitätskompasses. Dresdens Fußgänger schätzen ein, dass insbesondere E-Roller viele Fußwege versperren und vergeben dafür die Note 3,76. Also gerade mal ausreichend. Auch Autos und Fahrräder blockieren oft Fußwege, finden die über 3.600 Befragten und schätzen diesen Punkt mit der Note 3,27 ein.

"Viel zu oft dient der Bürgersteigt als Abstellkammer"

Der Verein "Dresden zu Fuß", die Dresdner Ortsgruppe des FUSS e.V., fordert seit jeher eine Mindestbreite für Gehwege von 2,50 Metern. "Und das ganz ohne Hindernisse", sagt Sprecherin Uta Gensichen. "Denn viel zu oft dient der Bürgersteig als eine Art Abstellkammer. Für Menschen mit Kinderwagen, Rollstuhl, Gehstock, Hund oder Gepäck wird das Gehen dann oft zu einem Slalomlauf."

Das Schlimmste daran sei, dass sich die Fußgänger an diesen Zustand gewöhnt hätten, sodass er ihnen nicht einmal mehr auffällt, sagt Gensichen und fragt: "Warum stehen manche Haltestellen mitten auf dem Fußweg? Oder große Straßenschilder, die vor allem für vorbeifahrende Autos gedacht sind? Dazu kommen dann noch Werbeschilder, Stromkästen, Fahrradbügel und natürlich Parkplätze."

Richtig chaotisch werde es, wenn sich Rad- und Fußverkehr einen Weg teilen müssen, während der Autoverkehr stets Vorrang habe. "Viel zu selten werden Straßen schmaler gemacht, um Platz zu schaffen für freie Gehwege." Der Verein "Dresden zu Fuß" wünscht sich von der Stadt Dresden ein deutlicheres Signal hin zu einer fußverkehrsfreundlicheren Gestaltung des öffentlichen Raums. Denn es gebe zwar viele Dresdner, die Auto fahren, aber nahezu alle gehen zu Fuß, schätzt Gensichen ein. Diese Mobilitätsform sollte folgerichtig die größte Priorität in der Stadtplanung haben.

Wie Österreich den Fußverkehr fördert

Für Länder wie Österreich, Norwegen, Schottland und Portugal ist das Thema Gehen so wichtig ist, dass sie Masterpläne für den Fußverkehr entwickelt haben, erklärt die Sprecherin. In Deutschland gebe es Vergleichbares nur in Baden-Württemberg. "Allen gemein ist, dass sie den öffentlichen Raum und damit den Fußverkehr insgesamt attraktiver machen wollen — etwa durch mehr Zebrastreifen, Sitzmöglichkeiten, barrierefreie Gehwege oder auch mehr öffentliche Toiletten."

Die stark kritisierten E-Roller, mit denen noch vor einigen Jahren das gesamte Stadtzentrum zugestellt war, haben zahlenmäßig inzwischen stark abgenommen. In den Wintermonaten reduziere man ohnehin das Angebot, um die langfristige Rentabilität zu gewährleisten, sagt Anna Montasser, Senior Manager Public Policy beim Anbieter "Lime". Diese Entscheidung erfolge in enger Absprache mit der Stadt Dresden, um mögliche Konflikte der genutzten öffentlichen Fläche zu minimieren.

Im November sind alle "Lime"-E-Scooter in Dresden durch ein neues Modell ersetzt worden, das laut Anbieter besonders sicher und nachhaltig sein soll. Dadurch erhofft sich "Lime" eine größere Nachfrage. "Seit dem Start in 2019 haben die "Lime"-Fahrten ungefähr 460.000 Autofahrten in Dresden ersetzt und dadurch wurden circa 179 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart. Diese Zahlen beziehen sich auf einen Erhebungszeitraum von Juni 2022 bis Juni 2023", sagt die Sprecherin.