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Parkpreise, Parkplätze, Verkehrsversuche: Wie der ADAC die Verkehrspolitik in Dresden bewertet

Viele Autofahrer ärgern sich über Staus und hohe Parkgebühren in Dresden, zeigt der neue Mobilitätskompass. Über die Verkehrspolitik der Stadt hat Sächsische.de mit Markus Löffler vom ADAC gesprochen.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Die Parkgebühren in Dresden sind 2021 kräftig angehoben worden. Viele Autofahrer sind damit unzufrieden.
Die Parkgebühren in Dresden sind 2021 kräftig angehoben worden. Viele Autofahrer sind damit unzufrieden. © Sven Ellger

Dresden. Befriedigend, würde man in der Schule sagen. Dresdens Autofahrer bewerten die Straßen, den Verkehr, die Parkplatzsituation und die Parkgebühren in der Stadt mit der Note 2,9. Das ist das Ergebnis des neuen Mobilitätskompasses. Sächsische.de hat sich die Bewertungen mit Markus Löffler vom ADAC Sachsen genauer angeschaut und unter anderem über Verkehrsversuche gesprochen. Seine Forderung: Mehr Transparenz vorab könnte helfen, den Frust bei Autofahrern abzubauen.

Herr Löffler, was macht Dresden richtig beim Autoverkehr und was nicht?

Dresden hat insgesamt ein leistungsfähiges Straßennetz. Allerdings sind nur etwa zwei Drittel der Straßen in einem guten Zustand, mit sinkender Tendenz. Es ist daher vor allem wichtig, die Mittel für den Straßenbau in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen, damit sich kein Sanierungsstau aufbaut. Und die Dauerbrenner wie Königsbrücker Straße und Stauffenbergallee müssen endlich angegangen werden. Bei den verschiedenen Verkehrsversuchen der Stadt sollte auch immer das Stimmungsbild der Bevölkerung mit eingeholt und berücksichtigt werden, um letztendlich zu breit akzeptierten Lösungen zu kommen.

Grundsätzlich habe ich ein Herz für Verkehrsversuche. Allerdings muss der Versuch ergebnisoffen sein. Außerdem muss vorab klar und transparent kommuniziert werden, wann solch ein Versuch als Erfolg gewertet wird, was die Ziele sind. Auch ein Irrtum muss als Ergebnis möglich sein. Wenn es stattdessen so rüberkommt, als wäre es der leichteste Weg, bei dem am wenigsten Leute gefragt werden müssen, dann entsteht Frust und der Eindruck, die Verwaltung bastele sich etwas zurecht.

Auf der Albertstraße ist eine Fahrspur zugunsten von Radfahrern weggefallen, auf der Tolkewitzer zugunsten der Straßenbahn. Die Folgen halten sich in Grenzen. War die Aufregung im Vorfeld gerechtfertigt?

Zur Albertstraße kann ich sagen, dort funktioniert die Fahrt über die Carolabrücke in die Straße hinein. Prinzipiell ist es aber so: Werden irgendwo Spuren reduziert, suchen Autofahrer nach Möglichkeiten, einen drohenden Stau zu umgehen. Entweder sie fahren ganz woanders lang oder sie nutzen angrenzende Nebenstraßen, was wir nicht wollen, da sie meistens durch Wohngebiete führen. Eine weitere Möglichkeit: Sie meiden die Hauptverkehrszeiten. Da sind wir durch Corona und flexiblere Arbeitszeiten schon ein ganzes Stück vorangekommen. Ob sich die Folgen auf der Albertstraße und der Tolkewitzer Straße auch deshalb in Grenzen halten, müsste untersucht werden, über die Verkehrsmengen auf den beiden sowie den umliegenden Straßen, sowohl vor als auch nach dem Wegfall der Spuren.

2024 will die Stadt auch auf der Marienbrücke weitere Flächen für den Autoverkehr sperren, um Bahnen zu beschleunigen. Wie halten Sie von dieser Idee?

Auf der Marienbrücke gibt es schon jetzt teils großen Rückstau. Wenn ich eine Spur wegnehme, verlängere ich den Stau noch mehr.

Thema Parkgebühren: In der Innenstadt zahlen Autofahrer pro Stunde 2,40 Euro für das Parkticket. Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) strebt eine weitere Erhöhung an. Sind höhere Parkgebühren aus Sicht des ADAC gerechtfertigt, um den Verkehr in der Innenstadt und den Parkdruck zu reduzieren?

Wir sehen bei den Parkgebühren eine wachsende Unzufriedenheit unter den Autofahrern. In der Vergangenheit gab es bereits Erhöhungen der Parkgebühren in Dresden, ohne dass diese zu maßgeblich weniger Verkehr in der Innenstadt geführt haben. Hier stehen wohl eher die Mehreinnahmen für den Stadthaushalt im Vordergrund, das kommt beim Autofahrer nicht gut an. Es sollte auch stets daran gedacht werden, dass steigende Parkgebühren auch zu sozialer Ungleichheit führen können, wenn sich diese nicht mehr alle leisten können. Zudem machen steigende Parkgebühren natürlich immer die Fahrt in die Einkaufszentren am Rand der Stadt attraktiver, da dort kostenfreie Parkplätze angeboten werden.

So zufrieden sind Dresdens Autofahrer:

  • Die Parkplatzsituation wird vor allem in Pieschen und Gruna schlecht bewertet - Note 3,7. Dahinter folgen Alt- und Neustadt. Am zufriedensten zeigen sich die Autofahrer mit den angebotenen Parkplätzen in Kleinpestitz/Mockritz (Note 2,9), Plauen (3,0) sowie Weixdorf und Langebrück/Schönborn (3,0).
  • Die Parkgebühren sind im Zentrum am höchsten. Am unzufriedensten sind die Autofahrer jedoch nicht dort, sondern in den tendenziell in jenen Stadtteilen, in denen die finanzielle Belastung verglichen zum Einkommen ohnehin hoch ist: Gorbitz (Note 3,6), Leuben (3,6) und Prohlis (3,5).
  • Stau gehört zu den größten Problemen von Dresdens Autofahrern. Der Verkehr wird stadtweit mit der Note 3,3 bewertet. In der Äußeren Neustadt, der Albertstadt und der Radeberger Vorstadt (u.a. Bautzner Straße, Stauffenbergallee, Königsbrücker Straße) ist die Unzufriedenheit am größten (Note 3,6). Dahinter folgen Großzschachwitz, Lochschwitz/Wachwitz und Kaditz/Mickten. Besser scheint der Verkehr in Weixdorf und Langebrück/Schönborn zu rollen - Note 3,0, ebenso wie in Niedersedlitz und Lockwitz sowie Strehlen.
  • Straßenzustand, Straßenbreite und Kreuzungen werden von den befragten Dresdnern am besten bewertet - Note 2,2. Schließt man den Umfragewerten in den Stadtteilen auf den Straßenzustand dort, so gibt es in Coschütz/Gittersee (Note 1,8), Weixdorf und Langebrück/Schönborn (1,8) sowie Pieschen die besten Straßenverhältnisse. Schlusslichter sind Großzschachwitz (Note 2,5), Prohlis und Reick (2,4) sowie Briesnitz (2,4).
  • Die Arbeit der Verkehrsplaner in Dresden wird in der Befragung mit der Note 2,4 beurteilt.

Quelle: Mobilitätskompass 2023

Agiert die Stadt unglücklich, wenn sie Parkplätze zugunsten von Fahrradstraßen streicht, zum Beispiel in der Johannstadt für die neue Radroute Ost?

Aufgrund der erforderlichen Breiten können neu angelegte Fahrradstraßen bzw. Radvorrangrouten Probleme für den ruhenden Verkehr bringen, da häufig hierfür Parkplätze entfallen müssen. Daher plädieren wir dafür, die betroffenen Anwohner frühzeitig in die Planungen einzubinden und ihnen zumutbare Alternativen anzubieten. Das könnten beispielsweise Parkmöglichkeiten in neuen Quartiersgaragen oder auf geeigneten Brachflächen sein.

Wie weit kann der Straßenraum noch zugunsten von Radfahrern, Bussen und Straßenbahnen verengt werden, bis der Autoverkehr deutlich im Nachteil ist?

Für diese Einschätzung muss man objektive Kriterien wie Fahr- oder Reisegeschwindigkeiten über das gesamte Stadtgebiet heranziehen. Da kann man Dresden fürs gesamte Verkehrssystem eigentlich ganz gute Noten aussprechen. Es ist dann aber schwierig, vom Gesamtsystem auf einzelne Maßnahmen herunterzubrechen. Aus persönlicher Sicht fühlt sich ein Autofahrer natürlich immer benachteiligt, wenn der Straßenraum zu seinen Ungunsten umverteilt wird, beispielsweise für die Anlage breiter Fahrradanlagen wie auf der Bautzner Straße. Diese gefühlte Benachteiligung sollte man nicht unterschätzen, da hieraus Konfliktpotenzial für das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer entstehen kann.

  • Mehr als 9.000 Menschen aus Ost- und Mittelsachsen haben für den Mobilitätskompass Einblick in ihr Mobilitätsverhalten gegeben. Der Mobilitätskompass wurde unter wissenschaftlicher Begleitung der Evangelischen Hochschule Dresden und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher" entwickelt und ausgewertet, die darauf geachtet haben, dass die Aussagen belastbar sind. Bis Anfang Dezember veröffentlicht Sächsische.de die regionalen und lokalen Ergebnisse. Alle erschienenen Beiträge finden Sie auch auf www.saechsische.de/mobilitaetskompass

Im Übrigen können sich Maßnahmen wie auf der Bautzner Straße auch negativ auf den ÖPNV auswirken, wenn die Verdrängung der Autos aufs Gleis dort zu Stau führt.