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Bombenfund in Dresden: Warum die Sicherung der Gasleitungen so lange dauerte

In Dresden-Übigau wurde Mitte September eine Weltkriegsbombe gefunden. Nahe dem Fundort verlaufen zwei Gasleitungen. Bis diese leer waren, vergingen Stunden. Doch warum dauerte das so lange?

Von Kay Haufe
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Zwischen Gärten einer Anlage an der Hansastraße in Dresden wurde vor wenigen Tag Gas abgefackelt. Enrico Scholz, Netzmeister bei der Sachsen-Energie, hat den Vorgang überwacht.
Zwischen Gärten einer Anlage an der Hansastraße in Dresden wurde vor wenigen Tag Gas abgefackelt. Enrico Scholz, Netzmeister bei der Sachsen-Energie, hat den Vorgang überwacht. © Marion Doering

Dresden. Eine hohe Flamme lodert aus einer metallenen Fackel zwischen den Gärten an der Hansastraße. Passanten und Radfahrer sind angesichts des Feuers verunsichert, fragen, ob sie vorbeilaufen dürfen. "Gehen sie vorsichtig rechts vorbei", ruft Ronny Kunert. Der Sachgebietsleiter für Gas/Wasser Dresden-Nord bei Sachsen-Energie ist mit Netzmeister Enrico Scholz und weiteren Kollegen dabei, das Gas aus der Mitteldruckleitung an der Hansastraße im Abschnitt zwischen Lößnitzstraße und Tulpenweg zu entleeren. Das muss passieren, damit auf einer Baustelle an der Fritz-Reuter-Straße gefahrlos gearbeitet werden kann

Rund zwei Stunden benötigen die Fachleute des Energieversorgers, bis die Leitung, in der das Gas mit 850 Millibar Druck strömt, entleert ist. Das passiert gar nicht so selten in Dresden, sagt Kunert. Mindestens einmal pro Monat ist das für Arbeiten am Gasnetz sowie für das Absichern der vielen Baustellen im Stadtgebiet nötig und fast Routine.

Bevor abgefackelt wird, muss die Leitung abgeschiebert, also geschlossen werden.
Bevor abgefackelt wird, muss die Leitung abgeschiebert, also geschlossen werden. © Marion Doering

Eine Extremsituation dagegen hat Kunert vor wenigen Tagen gemeistert. Auch dabei musste Gas abgefackelt werden, aber aus völlig anderen Gründen. Als am 14. September morgens eine US-amerikanische Fliegerbombe an der Washingstonstraße gefunden wurde, stand das Handy von Ronny Kunert nicht mehr still. Er war als Experte im Lagezentrum dabei, in dem die gesamte Vorgehensweise koordiniert wurde. Während die Entschärfung der Bombe im Mittelpunkt des Interesses stand, haben er und seine Mitarbeiter im Hintergrund für Sicherheit gesorgt.

Wie lief die Vorbereitung zur Sicherung der betroffenen Leitungen ab?

Als Kunert um 8.50 Uhr von der Bombe erfährt, weiß er sofort, dass sie an einer schwierigen Stelle liegt. Der Fundort an der Washingtonstraße liegt nicht nur dicht an einer Tankstelle, ganz in der Nähe befindet sich auch eine Gas-Übergabe-Regelanlage. Diese wird vom Fernleitungs-Netzbetreiber Ontras betrieben, der Erdgas in der Republik verteilt.

An dieser Regelanlage kommt das Gas in einer großen Leitung mit einem hohen Druck von 45 Bar an. Ihm sind zudem noch keine Geruchsstoffe zugesetzt, das heißt, der typische Gasgeruch fehlt. Außerdem befindet sich in der Übergabe-Regelanlage auch eine Mitteldruckleitung, über die das Gas dann in verschiedene Dresdner Stadtteile verteilt wird.

Kunert setzt sich zeitnah mit dem Netzmeister der Ontras in Verbindung und informiert ihn, dass im Lagezentrum, in dem Sprengmeister, Polizei, Sachsen-Energie und Feuerwehr zusammenarbeiten, entschieden wurde, dass das Gas abgestellt und sämtliche Leitungen entleert werden soll. "Letztlich gibt uns der Sprengmeister eine Empfehlung, was getan werden soll und daran halten wir uns."

Ab diesem Zeitpunkt beginnt Kunert Personal zu organisieren, das die Leitung abschiebern und entleeren soll. Bis 16 Uhr führt er 197 Telefonate und Videokonferenzen zur Abstimmung.

Was musste beim Aschalten der Gasleitungen alles beachtet werden?

"Wir haben um 12 Uhr begonnen, das Gas an zwei Stellen abzubrennen, an der Scharfenberger/Ecke Washingtonstraße sowie der Klingerstraße. 14.30 Uhr waren die Kollegen damit fertig. Das ist keine lange Zeitspanne." Mit der Evakuierung der betroffenen Haushalte und Firmen im betroffenen Sperrradius wurde um 14 Uhr begonnen.

14 Kunden waren von der Abschaltung des Abschnittes der Gasleitung betroffen, darunter ein ganzer Wohnblock, der als ein Kunde zählt.

Bis 18 Uhr sollte die Evakuierung abgeschlossen sein. "Zwei Leute von uns haben eine Stunde vor der geplanten Entschärfung nochmal alle Wohnungen und Firmen kontrolliert, ob die Hausanschlüsse geschlossen sind und nicht irgendwo noch ein Gasaustritt möglich wäre. Es hätte ja sein können, dass zum Beispiel gerade an einer Heizungsanlage gebaut wurde."

Was war nach der Entschärfung der Bombe für den Leitungsbetrieb notwendig?

Nachdem die Bombe entschärft war, mussten die Mitarbeiter von Sachsen-Energie wieder alle von der Gasabschaltung betroffenen Gebäude kontrollieren und dort alle Anlagen wieder in Betrieb nehmen. Auch das nahm Zeit in Anspruch. "Es gibt Leute, die können gar nicht verstehen, dass sie noch zwei Stunden ohne warmes Wasser sind, aber Sicherheit geht immer vor", sagt Kunert.

Aus seiner Sicht hat die Entleerung der Leitungen gut funktioniert. Das Gasabbrennen könne man nicht beschleunigen. Und die Frage der dafür entstandenen Kosten stelle sich nicht. Es gehe nicht anders, um die Sicherheit zu gewährleisten.