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Elbdampfer: Original-Glocke des Dresdner Dampfers "Meissen" wiedergefunden

Rund 125 Jahre lang galt die Schiffsglocke des Dresdner Elbdampfers "Meissen" als verschwunden. Durch einen Zufall ist sie wieder aufgetaucht, pünktlich zur Flottenparade.

Von Connor Endt
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Finder Karsten Porath (links) und Kapitän Steffen Berthold (rechts) läuten die lang verschollene Schiffsglocke des Personendampfers "Meissen".
Finder Karsten Porath (links) und Kapitän Steffen Berthold (rechts) läuten die lang verschollene Schiffsglocke des Personendampfers "Meissen". © Sven Ellger

Dresden. Niemand spricht ein Wort, als Kapitän Steffen Berthold an Bord des Personendampfers "Meissen" in seine weißen Handschuhe schlüpft. Dann läutet der Kapitän die glänzende Glocke am Schiffsbug. Die Töne schallen über Deck, die Mannschaft jubelt und klatscht. Ein breites Lächeln zieht sich über Bertholds Gesicht.

Rund 125 Jahre war die Schiffsglocke des Dampfers "Meissen" verschollen. Das genaue Datum ist unklar. Niemand wusste, ob die Glocke gestohlen oder während des Zweiten Weltkriegs für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen wurde. Durch einen Zufall ist sie jetzt, viele Jahrzehnte nach ihrem Verschwinden, wieder an ihrem ursprünglichen Ort.

Der Fund der Glocke

Karsten Porath heißt der Finder der Glocke. Mit seiner Familie kauft Porath 2003 ein älteres Haus in Schleswig-Holstein. Die Vorbesitzer überlassen ihm das Haus mitsamt seinem Inventar. "Der Umzug musste schnell gehen", erinnert sich Porath.

Im Keller findet er eine alte Holzkiste mit Karten, Bannern und Messgeräten. In der Kiste liegt auch eine massive Bronzeglocke mit mehreren Inschriften. "König Albert" steht dort und "Gegossen von W. Michalk in Deuben bei Dresden 1885".

Die Suche nach der Herkunft

Porath will wissen, woher die Glocke stammt, recherchiert viele Wochen im Netz - erfolglos. Irgendwann hängt er die Glocke über den Tresen seiner Kellerbar. Sie wird fortan geläutet, wenn seine Freunde und er zu Hause feiern.

Einer dieser Freunde ist Olaf Münzner, der in Freital wohnt. Porath erzählt Münzner von seinen missglückten Recherchen. Münzner kommt auf die Idee, Videos und Bilder der Glocke in einer Freitaler Facebook-Gruppe zu posten.

Michael Fichte, Maschinist des Dampfers "Meissen", sieht die Aufnahmen bei Facebook. Er blättert durch die Schiffschronik, sucht nach Aufzeichnungen, vergleicht Daten und Beschreibungen. "Irgendwann hatte ich Erfolg", sagt Fichte. Er findet eine Aufzeichnung zu der verschollenen Glocke. Dort ist auch eine Inschrift vermerkt, die auf der verschollenen Glocke stehen muss. Sie stimmt mit der auf den Facebook-Bildern überein. "Das Schiff hieß früher 'König Albert' und wurde dann umbenannt", sagt Fichte. "Als ich die Inschrift gelesen habe, wusste ich, dass ich auf der richtigen Spur bin."

"Die Liebe zum Wasser liegt in der Familie"

"Ich finde es toll, dass ich einen kleinen Teil zur Geschichte dieses Schiffes beitragen kann", sagt der Finder Karsten Porath. "Ich bin der Schifffahrt schon seit langem sehr verbunden."

Porath besitzt selbst ein Boot, mit dem er regelmäßig in Schleswig-Holstein über die Ostsee segelt. Sein Vater war Kapitän in einer Reederei. "Die Liebe zum Wasser liegt in der Familie", sagt der Finder.

Schiffsglocke wird bei der Flottenparade geläutet

Der Zeitpunkt für den Fund der Glocke könnte nicht passender sein: Am 1. Mai startet die alljährliche Flottenparade, die von der Sächsischen Dampfschifffahrt organisiert wird. Ab 10 Uhr fahren die historischen Schiffe der Flotte rund dreieinhalb Stunden über die Elbe. Die Veranstaltung lockt jedes Jahr Tausende Dresdnerinnen und Dresdner an das Elbufer.

"Wir freuen uns wirklich sehr, dass der Dampfer 'Meissen' bei der Flottenparade wieder mit seiner ursprünglichen Glocke teilnehmen kann", sagt Jochen Haubold. Er ist nautischer Leiter der Sächsischen Dampfschifffahrt und plant zusammen mit den Dampfschiff-Kapitänen die Choreografie der Flottenparade.

"Bis heute sind noch einige Steuerräder und Pfeifen verschollen", sagt Haubold. "Vielleicht finden Menschen ja noch weitere historische Schiffsteile in ihren Kellern. Das wäre schön."