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Gratis-Hygiene für alle!

Die Kolumne "Meine Stadt" beschäftigt sich aus ganz persönlicher Sicht mit Themen aus dem Dresdner Alltag. Heute: Wenn sich Stadträte mit Tampons befassen, geht das schnell in die Hose, meint SZ-Redakteurin Katrin Saft.

Von Katrin Saft
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Öffentliche Toiletten wie die am Pirnaischen Platz in Dresden gibt es längst nicht genug, findet SZ-Redakteurin Katrin Saft.
Öffentliche Toiletten wie die am Pirnaischen Platz in Dresden gibt es längst nicht genug, findet SZ-Redakteurin Katrin Saft. © Sven Ellger/SZ-Bildstelle

Ich finde es immer sehr aufmerksam, wenn Restaurants auf Damentoiletten Hygieneartikel bereitlegen – Tampons, Binden, manchmal Deos. Es ist weniger eine Notwendigkeit, denn eine Geste, damit sich die Gästin wohlfühlt. Nun sollen sich alle Gästinnen von Dresden, die sich im Menstruationsalter befinden, wohler fühlen. Der Stadtrat hat beschlossen, dass Periodenprodukte eine hoheitliche Aufgabe werden und auf allen städtischen Toiletten verfügbar sein sollen – gratis! Allein die Spendergefäße kosten 200.000 Euro, die Füllung kommt regelmäßig noch dazu.

Was wie die Vorreiterschaft ins Emanzipationszeitalter klingt, ist nicht ganz bis zu Ende gedacht. Denn wie kann man in Zeiten des Strohhalmverbots öffentlich Wegwerfartikel befördern? Wenn ich die Generation Greta richtig verstanden habe, müssten auf Damentoiletten Menstruationstassen ausgelegt werden. Die lassen sich auswaschen und umweltfreundlich wiederverwenden.

Ich frage mich auch, ob der Rat an die Gleichberechtigung gedacht hat. Wenn Frauen Tampons bekommen, damit sie nicht von ihrer Regel überrascht werden, dann müssten auf Toiletten für Männer Einmalrasierer bereitgestellt werden. Denn schließlich könnten auch sie überrascht werden – bei Tinder von einem Date, für das sie sich frisch machen wollen.

Und was ist mit den Diversen? Und wer denkt an die Älteren? Im Gegensatz zum Menstruations-Kalender gibt es für Inkontinenz keine App, die das Problem planbar macht. Also auch Windelspender in die Rathäuser, Museen und Sportstätten?

Dresden hat andere Sorgen als kostenloses Menstruieren für alle

Um öffentliche Toiletten mit Hygieneartikeln bestücken zu können, muss es allerdings erstmal Toiletten geben. In Dresden geht die Suche danach schnell mal in die Hose. Da gibt es Menschen, die fürchten sich jetzt schon vor dem nächsten Lockdown. Nicht etwa wegen Corona, sondern weil die Restaurants schließen, die beim Spaziergang oft die letzte Rettung sind.

95 öffentliche Toiletten zählt die Stadt – eine für 5.900 Dresdner, Hunderttausende Touristen noch gar nicht mitgezählt. Von denen kassiert die Stadt zwar Bettensteuer. Aber anders als in Kurorten auf Usedom werden von den Einnahmen keine Klohäuschen gebaut. Im Gegenteil. Zum Jahresende sollen 18 öffentliche Toiletten verschwinden. Abriss, weil der Werbevertrag ausläuft. Das ist absurd! Oder kennen Sie einen privaten Vermieter, der das Klo rausreißen würde, weil der Mietvertrag ausläuft?

Mit einem Toilettenkonzept soll’s die Stadtverwaltung richten. Doch die sitzt Ratsbeschlüsse bekanntlich gern mal aus. Und so harrt auch der Tampon-Beschluss seit einem Jahr seiner Umsetzung. In diesem Fall, so finde ich, ist das ausnahmsweise eine gute Nachricht. Denn Dresden hat andere Sorgen als kostenloses Menstruieren für alle. Ein Not-Tampon findet doch selbst in der kleinsten Fahrradtasche Platz.

Dass der Gratis-Unsinn überhaupt den Rat passiert hat, kann ich mir nur so erklären, dass dort immer noch die Männer dominieren. Denn welcher Mann will in Me-Too- und Genderzeiten schon in den Verdacht geraten, frauenfeindlich zu sein?

Als Frau kann ich nur sagen: Baut für 200.000 Euro lieber zusätzliche Toiletten. Tamponspender sind wirklich eine nette Geste. Aber was nützen sie, wenn der Inhalt regelmäßig schon geklaut ist?