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Neues Toilettenkonzept für Dresden: Zwei Millionen Euro für weniger WCs

Bis 2025 will Dresden zwei Millionen Euro in neue öffentliche Toiletten investieren. Die sollen weniger, dafür aber kostenlos werden.

Von Dirk Hein
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Die öffentliche Toilette am Pirnaischen Platz in Dresden wird abgebaut und soll nicht ersetzt werden.
Die öffentliche Toilette am Pirnaischen Platz in Dresden wird abgebaut und soll nicht ersetzt werden. © Sven Ellger

Dresden. Mehr öffentliche Toiletten liegen nach mehr Bäumen und mehr Bänken in den Top 3 der Wünsche der Dresdnerinnen und Dresdner an ihre Stadt. Um dem nachzukommen, hat der zuständige Bürgermeister Stephan Kühn (Grüne) dem Rat jetzt ein zwei Millionen Euro teures neues Toilettenkonzept vorgelegt. Demnach soll es jedoch weniger und nicht mehr öffentliche WCs geben. Wie die Verwaltung das begründet und welche Kritik es gibt.

Wie viele öffentliche Toiletten gibt es bisher in Dresden?

Bisher gibt es in Dresden 86 öffentlich nutzbare Toilettenanlagen. Der genaue Standort ist zum Beispiel im Themenstadtplan der Landeshauptstadt im Internet einsehbar. Zehn öffentliche Toiletten betreibt Dresden selbst.

Diese befinden sich zum Beispiel am Busparkplatz Carolabrücke, am Fetscherplatz, am Alaunplatz oder am Annenfriedhof. 21 öffentlich nutzbare Toiletten befinden sich in den Stadtbezirksämter (Altstadt, Neustadt, Loschwitz, Leuben, Prohlis), in den Rathäusern, den Bibliotheken und im Festspielhaus Hellerau.

18 Toiletten unterhalten die Firmen Wall und Ströer. Diese hatten sich bisher im Zusammenhang mit den Werberechten im Stadtgebiet zum Betrieb der Anlagen verpflichtet. Weitere 37 öffentlich nutzbare WCs stellen zum Beispiel Einkaufscenter und Parkhäuser zur Verfügung. Dazu zählen auch die, meist in der Neustadt vorhandenen, sogenannten "Netten Toiletten". Vor allem Kneipen öffnen damit auch für nicht zahlende Gäste ihre Toiletten.

Warum braucht Dresden dringend neue Toiletten?

Eine Kopplung der öffentlichen Toiletten mit dem Betrieb der städtischen Werbeanlagen ist gemäß einer Entscheidung des Bundeskartellamtes nicht mehr möglich. Die Stadtverwaltung muss die Toilettenanlagen daher separat vergeben und betreiben lassen. Mit den bisherigen Betreibern dieser WCs wurde für den Abbau der Anlagen eine Übergangsfrist vereinbart, sodass keine Versorgungslücken entstehen.

Betroffen sind davon 18 Toilettenanlagen, zum Beispiel am Pirnaischen Platz, am Albertplatz, am Nürnberger Ei, am Trachenberger Platz und an der Wallstraße auf Höhe der Altmarkt-Galerie. Diese Anlagen werden allesamt bis spätestens Ende 2025 abgebaut, aber nicht komplett durch neue ersetzt.

Alle anderen Standorte, also die in den öffentlichen Gebäuden der Stadt und die bereits durch Dresden betriebenen WCs, bleiben unverändert erhalten.

Wo entstehen neue Toiletten und wo nicht?

Dresden will zukünftig Bau und Betrieb der öffentlichen WCs der städtischen "Kommunale Immobilien Dresden GmbH" übertragen. Statt der 18 bisher von Wall und Ströer betrieben Standorte soll es nur noch 13 geben. Erhalten bleiben die Anlagen Pirnaischer Platz – Mobi Punkt, Wallstraße Richtung Postplatz, Prager Straße 4, Albertplatz, Ritterstraße, Trachenberger Platz und Sachsenplatz. Geplant ist jeweils der Ersatz der alten Anlagen durch neue. Die Kosten betragen zwischen 115.000 und 175.000 Euro pro Standort

Neue Toiletten entstehen am Wasaplatz und am Amalie-Dietrich-Platz, am Parkplatz Ammonstraße sowie am Ullersdorfer Platz, Toeplerplatz und an der Lennéstraße. Die Kosten dafür liegen zwischen 145.000 und 205.000 Euro je nach Standort.

Entfallen werden unter anderem die Klos am Pirnaischen Platz (Doppelstandort mit Mobi-Punkt) und an der Wallstraße direkt an der Altmarkt-Galerie, die über eigene Toiletten verfügt. Auch am Nürnberger Ei wird es kein neues öffentliches WC geben. Dieses wurde in den letzten Jahren durchschnittlich einmal pro Tag genutzt.

Laut Bürgermeister Stephan Kühn können die Toiletten nun gerechter im Stadtgebiet verteilt werden. Wo hingegen eine nicht barrierefreie Toilette zu nahe an einer barrierefreien stand, etwa im Kulturpalast, könne auf den alten Standort verzichtet werden.

Welche Standards gelten zukünftig für öffentliche WCs?

Das Toilettenkonzept definiert auch neue Ausstattungsstandards. So werden künftig alle Toiletten im öffentlichen Raum unisex und barrierefrei errichtet. Je nach besonderen Anforderungen am Standort kann diese Minimalvariante durch zusätzliche Urinale und weitere geschlechtergetrennte Toilettenmodule ergänzt werden.

Weiterhin soll auf der Prager Straße als Ersatz für die derzeitige Anlage eine "Toilette für Alle" entstehen. Damit beteiligt sich Dresden am bundesweiten Projekt der Stiftung Leben Pur für mehrfach behinderte Menschen, die bei allen Verrichtungen Begleitpersonen benötigen.

Alle Toiletten sollen zukünftig kostenfrei nutzbar sein. Hintergrund: Auch an besser genutzten Anlagen verrichten selten mehr als 20 Menschen pro Tag ihre Notdurft. Bei 50 Cent Kosten sind die Einnahmen gering, die Kosten auch durch Vandalismus und Diebstahl ungleich höher. Und: "Wer dringend auf die Toilette muss, soll nicht an 50 Cent scheitern", sagt Stephan Kühn.

Welche Kritik gibt es am Toilettenkonzept?

Der Tourismusverband Dresden zeigt sich enttäuscht von dem Konzept. Es berücksichtige die Wünsche der Branche nicht, teilte der Verband am Donnerstag mit. So sei ein Ersatz der 18 extern betriebenen WC-Anlagen in Dresden notwendig, da die bisherigen Vertragspartner diese mit dem Ende der Werbeverträge bereits zum 31. Dezember 2022 hätten zurückbauen müssen. Der Einbau einer öffentlichen Toilette in der Schinkelwache sei ignoriert worden. Dieser und weitere Punkte seien nicht beachtet worden. "Die ganze Arbeit der Tourismusvertreter war umsonst", hieß es. Zudem gebe es an vielen bestehenden Toiletten das Problem, das Gäste beispielsweise mit 90 Cent passend zahlen müssten und Informationen nur auf Deutsch zu lesen seien.

Stadtrat Stefan Engel (SPD) kritisierte: "Ausgerechnet in der touristisch geprägten Innenstadt wird das Netz deutlich ausgedünnt." Die von seiner Fraktion geforderte Prüfung von Standorten an den Elbwiesen falle komplett unter den Tisch. Auch CDU-Stadtrat Mario Schmidt zufolge "enttäuscht das Konzept auf ganzer Linie." Die Grünen haben das Konzept "begrüßt", aber Ergänzungswünsche wie kostenlose Menstruationsartikel angemahnt.

Laut Bürgermeister Kühn ist das Konzept nicht abgeschlossen. So können zum Beispiel weitere Wünsche der Stadtbezirksbeiräte eingearbeitet werden, allerdings fehlt dafür noch das Geld. Weitere Standorte, zum Beispiel am Bischofsplatz sowie die Instandsetzung der Anlage am Dr. Külz-Ring, seien in Planung.