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Wo sind die Sandstein-Vasen vom Dresdner Schauspielhaus?

Normalerweise zieren Knabenskulpturen und Vasen aus Sandstein das Foyer des Dresdner Schauspielhauses. Die Knaben sind da, die Vasen sind allerdings auf die andere Straßenseite gebracht worden. Was dort mit ihnen passiert.

Von Peter Hilbert
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Verwaist ist derzeit die obere Balustrade über dem Kassenfoyer des Schauspielhauses. Sonst stehen dort vier Sandsteinvasen, die derzeit restauriert werden. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten.
Verwaist ist derzeit die obere Balustrade über dem Kassenfoyer des Schauspielhauses. Sonst stehen dort vier Sandsteinvasen, die derzeit restauriert werden. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten. © René Meinig

Dresden. Zehn Frauen und Männer arbeiten in der Zwingerbauhütte auf der Kleinen Packhofstraße. Nicht nur Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger weiß die Arbeit der Restauratoren, Steinmetze und Steinbildhauer zu schätzen. Ende 2020 wurde die Bauhütte auch international auf besondere Weise gewürdigt: Der zuständige Unesco-Ausschuss hatte entschieden, dass das Bauhüttenwesen jetzt zum immateriellen Kulturerbe zählt. Gemeinsam mit 18 Bauhütten aus fünf europäischen Ländern hatte die Dresdner Zwingerbauhütte diesen Unesco-Titel bekommen.

Dass ihre Arbeit besonders gefragt ist, zeigt auch ihr jüngster Auftrag, bei dem die beiden Restauratoren der Zwingerbauhütte fürs Dresdner Schauspielhaus aktiv sind.

Nach den Knabenskulpturen kommen die Vasen dran

Der 62-jährige Frank Hoferick arbeitet bereits seit 1988 in der Zwingerbauhütte, hat unter anderem schon zweimal das Kronentor oder den Herkules vom Wallpavillon mit restauriert. Sein jüngerer, 35 Jahre alter Kollege Stephan Heisig arbeitet hier seit einem Jahr. Nach seinem Master-Studium hatte der Dresdner zuerst als selbständiger Restaurator in Nürnberg gearbeitet und dabei unter anderem in Kirchen spätgotische Wandmalereien restauriert und spätromanische Sandsteinteile konserviert.

Stephan Heisig (l.) und Frank Hoferick restaurieren diese vier Sandsteinvasen von der oberen Balustrade über dem Kassenfoyer des Schauspielhauses. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten.
Stephan Heisig (l.) und Frank Hoferick restaurieren diese vier Sandsteinvasen von der oberen Balustrade über dem Kassenfoyer des Schauspielhauses. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten. © René Meinig
Zehn Zentner wiegt jede der vier Sandsteinvasen, die derzeit in der Zwingerbauhütte restauriert werden.
Zehn Zentner wiegt jede der vier Sandsteinvasen, die derzeit in der Zwingerbauhütte restauriert werden. © René Meinig

Jetzt stehen die beiden Experten in der Zwingerbauhütte an vier 1,20 Meter hohen Sandstein-Vasen, die jeweils 500 Kilo wiegen. Das ist für die erfahrenen Fachleute die zweite Runde bei der Restaurierung von Kunstwerken vom Schauspielhaus. Die Vasen, die sonst auf der Balustrade der oberen Terrasse über dem Kassenfoyer stehen, sind Ende vergangenen Jahres in die Zwingerbauhütte gekommen. Das heutige Kassenfoyer war die frühere Königsvorfahrt, vor der der sächsische Monarch einst in sein Hoftheater kam, erklärt der Zwingerbaumeister.

"Zuvor hatten wir die vier Sandsteinskulpturen von der Balustrade direkt über dem Kassenfoyer restauriert", sagt Beger, der auch Sachgebietsleiter im Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) ist. Die Skulpturen von Oskar Döll sind so alt wie das 1913 eröffnete Schauspielhaus.

Das ist das Kassenfoyer, bei dem es sich um die einstige Königsvorfahrt des Hoftheaters handelt. Die restaurierten Knabenskulpturen stehen seit vergangenem Jahr wieder auf der unteren Balustrade.
Das ist das Kassenfoyer, bei dem es sich um die einstige Königsvorfahrt des Hoftheaters handelt. Die restaurierten Knabenskulpturen stehen seit vergangenem Jahr wieder auf der unteren Balustrade. © René Meinig
Das ist die komplette Knabenskulptur mit dem neuen Unterarm mit der Fackel auf der Schauspielhaus-Balustrade.
Das ist die komplette Knabenskulptur mit dem neuen Unterarm mit der Fackel auf der Schauspielhaus-Balustrade. © René Meinig
Restaurator Stephan Heisig zeigt das Gipsmodell, nach dessen Vorbild ein neuer Unterarm aus Sandstein für den Knaben mit der komischen Maske hergestellt wurde.
Restaurator Stephan Heisig zeigt das Gipsmodell, nach dessen Vorbild ein neuer Unterarm aus Sandstein für den Knaben mit der komischen Maske hergestellt wurde. © René Meinig

Im ersten Schritt wurde bei den Arbeiten die Farbe entfernt. "Wir hatten festgestellt, dass die Originale ohne Anstrich waren", erklärt Beger. Die Oberfläche wurde zuerst mit einem feinen Quarzmehl mit geringem Druck abgestrahlt. Dabei blieb sogar die Patina der Oberfläche erhalten, erläutert Restaurator Heisig. Dann gingen die Knabenskulpturen baden – allerdings in eine Wanne mit entmineralisiertem Wasser.

Bei der wochenlangen Prozedur wurden die schädlichen Salze aus dem Sandstein gelöst. Die haben sich vor allem infolge der einstigen Braunkohlenverbrennung im Kraftwerk Mitte eingelagert. Nötig sind drei bis vier jeweils zweiwöchige Zyklen. Allein bei einer Skulptur mussten rund 300 Gramm entfernt werden.

Unterarm musste in Kleinarbeit ersetzt werden

Letztlich wurden die Sandstein-Knaben bis zu sechs Wochen lang mit Kompressen getrocknet. Dabei wird auch das letzte Salz entzogen, erklärt Restaurator Heisig den Ablauf. Die Mischung aus Ton, Quarzsand und Zellstoffflocken ist zuvor mit Spachteln aufgetragen worden. Im nächsten Schritt haben die Restauratoren der Zwingerbauhütte die verwitterten Stellen und Löcher mit Spezialmörtel so wiederhergestellt, dass die Oberfläche weitgehend ihre ursprüngliche Form hat.

Besonderer Aufwand war beim Knaben mit der komischen Maske nötig, dessen rechter Unterarm mit der Fackel fehlte. Nach dem Vorbild eines Gipsmodells wurde ein neuer Unterarm in Sandstein nachgehauen. Seit vergangenem Jahr steht diese Knabenskulptur rechts neben den anderen wieder am alten Platz auf der Balustrade.

Mit Kompressen wird an den Füßen von zwei Vasen noch die letzte Feuchtigkeit entzogen.
Mit Kompressen wird an den Füßen von zwei Vasen noch die letzte Feuchtigkeit entzogen. © René Meinig

"Mit den Knaben hatte es gut geklappt. Deshalb haben wir gesagt, dass wir jetzt auch die Vasen restaurieren", sagt Zwingerbaumeister Beger. In diesem Jahr haben sie die gleiche Prozedur durchlaufen bis hin zu den Wasserbädern. Jetzt stehen sie teilweise noch mit Kompressen an den Füßen, die die letzte Feuchtigkeit und die Restsalze entziehen.

Die Schäden an den Kunstwerken aus hartem Postaer Sandstein aus der Sächsischen Schweiz sind gering, erklärt Restaurator Hoferick. "Nur an einer Vase müssen wir noch ausgebrochene Stellen mit Steinersatzmasse ergänzen." Er hofft, dass dies bis Jahresende abgeschlossen ist.

"Sobald es das Wetter dann zulässt, werden wir die Vasen entweder Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres wieder auf der Balustrade aufstellen", sagt Zwingerbaumeister Beger. Dann sind die frisch restaurierten Sandstein-Kunstwerke über dem Kassenfoyer wieder komplett.