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Weniger schwitzen, besser schlafen: Dresden legt bundesweit erstes Hitze-Handbuch vor

Die Stadt Dresden hat ein Hitze-Handbuch veröffentlicht. Es konzentriert sich zunächst auf Gorbitz und soll Basis für einen Aktionsplan bei extremer Hitze sein. Was drin steht und wo man es erhält.

Von Christoph Springer
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Trinkbrunnen sind eine Hilfe an besonders heißen Tagen. Der Neumarkt gilt als eine der heftigsten Hitzeinseln in Dresden.
Trinkbrunnen sind eine Hilfe an besonders heißen Tagen. Der Neumarkt gilt als eine der heftigsten Hitzeinseln in Dresden. © Symbolfoto/xcitepress/Finn Becker

Dresden. Dieses Buch ist eher ein dickes Heft mit Ringbindung. Es hat 96 Seiten im A4-Format und ist nach Angaben der Stadt zugleich seiner Zeit voraus und dringend nötig. Premiere in Dresden. Die Stadtverwaltung hat das nach eigenen Angaben erste Hitze-Handbuch einer deutschen Kommune veröffentlicht. Es orientiert sich an Gorbitz, dort lief die Pilotphase für ähnliche Ratschlagsveröffentlichungen, die es künftig auch für andere Teile der Stadt und eben bundesweit geben soll. "Gut vorbereitet auf Hitze" ist der Untertitel für die Informationen und Empfehlungen, die unter Regie des Gesundheitsamtes zusammengefasst worden sind.

Warum gibt es jetzt ein Hitze-Handbuch für Dresden?

Der Klimawandel mit steigenden Temperaturen, anhaltender Sommerhitze und die Notwendigkeit, sich darauf einzustellen, war der Grund, das Hitze-Handbuch zu erarbeiten. Die mittlere Temperatur des Jahres erhöhte sich in Dresden innerhalb von 30 Jahren um fast ein Grad, bis 2050 werden es weitere 2,1 Grad sein, prognostizieren Wissenschaftler. So steht es auf Seite 12 des Hitze-Handbuchs. Parallel dazu steigt die Anzahl der Sommertage. So werden Tage bezeichnet, an denen die Luft 25 Grad Celsius oder sogar wärmer ist. Nachts gibt es weniger Abkühlung, das alles zusammen kann gesundheitsschädigend sein - vor allem für Senioren und Kinder.

Im Rahmen des Projekts "Heat Resilient City" (HRC) haben Wissenschaftler, Verwaltungsmitarbeiter und Praktiker seit 2017 untersucht, welche Maßnahmen helfen, Gebäude und Freiräume an mehr Sommerhitze anzupassen. Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt wurden nun Praxistipps erarbeitet. Damit endet das Projekt, an dem unter anderem die Technische Universität, das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden beteiligt waren.

Warum wurde Gorbitz als Projektort gewählt?

Gorbitz wurde als Beispielquartier in Dresden ausgewählt. Dort ist die Eisenbahner-Wohnungsgenossenschaft aktiv. Sie gehört zu den Partnern beim HRC-Projekt und hat zum Beispiel an der Höhenpromenade das Haus mit den Adressen Leutewitzer Ring 35/37 so saniert, dass die Bewohner weniger zu kämpfen haben, wenn es draußen heiß ist.

Bei der weiteren Arbeit haben sich auch die Verantwortlichen des Gesundheitsamtes der Stadt auf Gorbitz konzentriert. Sie haben mit rund 90 Einrichtungen und Akteuren gesprochen, die dort mit Menschen zu tun haben, die bei Hitze besonders gefährdet sind. Dazu gehören die Verantwortlichen von Senioren- und Pflegeheimen, Praxen, Schulen, Apotheken und verschiedene Vereine. Sie sollen nun als Multiplikatoren dienen und den Inhalt des Hitze-Handbuchs weitergeben, erklären und bei der Umsetzung helfen.

Was steht in dem Hitze-Handbuch?

Das Hitze-Handbuch ist in drei große Teile unterteilt und beginnt mit allgemeinen Informationen zum Klima in Dresden, Präventionsratschlägen und Erklärungen zu Infokanälen wie dem Deutschen Wetterdienst (DWD).

Im zweiten Teil geht es auf elf Seiten um die gemessene und die gefühlte Hitzebelastung in Gorbitz. Dazu wurden im Juli 2018 an einem Tag mit einem Klima-Messrucksack die Temperaturen auf verschiedenen Straßen und Plätzen erfasst und später die Gorbitzer befragt. Mehr als 4.300 haben mitgemacht.

Die Ergebnisse laut dem Hitze-Handbuch: Besonders anstrengend war die Hitze auf großen und zum Teil versiegelten Plätzen wie dem Merianplatz und dem Amalie-Dietrich-Platz, außerdem auf Nord-Süd-Straßen ohne Schatten. Angenehmer war es zum Beispiel auf der Höhenpromenade.

39 Prozent der befragten Gorbitzer gaben an, von sommerlicher Hitze stark betroffen zu sein. Das ist die höchste Stufe der empfundenen Hitzebelastung im Stadtgebiet. Stadtweit erklärten dagegen nur etwas mehr als ein Viertel der Dresdner, dass sie sommerliche Hitze stark betrifft.

In Teil drei des Hitze-Handbuchs geht es um praktische Tipps - angefangen von Trink- und Ernährungsempfehlungen über Sonnenschutz und das Kühlen von Innenräumen bis hin zu Empfehlungen für Gesundheits-, Pflege- und Sozialeinrichtungen, Schulen und Wohnungsanbieter.

Man könne das Buch ganz durchlesen, "ich habe es gemacht und fand es spannend von Anfang bis Ende", sagt Gesundheitsbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Die Linke). Es ist aber auch ein Projekt ihres Verantwortungsbereichs im Rathaus. Sie fand keine Fachbegriffe, stets nur allgemeinverständliche Erklärungen auf den 96 Seiten.

Wo ist das Buch zu haben?

200 Exemplare hat die Stadt drucken lassen. Sie sollen an alle Mitstreiter ausgeteilt werden, die in Gorbitz Ansprechpartner für Einwohner sein können, die mit Hitze zu kämpfen haben. Aus dem Internet kann es von der Seite der Stadt www.dresden.de komplett heruntergeladen werden. Die Wohnungstipps sind zum Beispiel auf Seite 66 zu finden, Hinweise zur Pflege von Angehörigen an besonders heißen Tagen auf Seite 73.

Die Stadt nutzt das Hitze-Handbuch als Basis für weitere stadtteil-konkrete Hitze-Ratschläge, etwa für die Altstadt, die Neustadt und Pieschen, wo es besonders viele "Hitzeinseln" gibt, also besonders heiße Plätze. Dazu gehören im Zentrum der Altmarkt, der Neumarkt und der Postplatz.

Parallel dazu arbeitet die Stadt an einem Hitze-Aktionsplan für ganz Dresden. Erste Ergebnisse sollen bis zum Sommer 2024 vorliegen, der Plan selbst Ende 2024 dem Stadtrat abstimmungsreif vorliegen und dann ab dem Sommer 2025 genutzt werden.