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Qualität in Dresdens größtem Wasserspeicher wird geprüft

Der Räcknitzer Hochbehälter versorgt die Menschen zwischen Prohlis und Cossebaude mit Trinkwasser. Nachdem die acht Kammern saniert wurden, steht jetzt der Wassertest bevor.

Von Peter Hilbert
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In Dresden wird immer mehr Trinkwasser benötigt. Teil der Wasserversorgung ist der Räcknitzer Hochbehälter, der jetzt erneuert wurde.
In Dresden wird immer mehr Trinkwasser benötigt. Teil der Wasserversorgung ist der Räcknitzer Hochbehälter, der jetzt erneuert wurde. © dpa-Zentralbild

Dresden. Fünf Meter ragt das rollende Gerüst empor, auf dem Polier Paul Vogel und Emil Zdrzalek stehen. Damit können die Beton-Sanierer der Dresdner Niederlassung der Firma Wiedemann den letzten, aber entscheidenden Akt ihrer Arbeiten in Dresdens größtem Hochbehälter vollziehen – die Prüfung.

Seit 2019 wird der unterirdische Wasserspeicher, der aus vier Doppelkammern besteht, Schritt für Schritt saniert. Jede von ihnen besteht aus zwei jeweils 60 Meter langen und 5,80 Meter hohen Hallen. Jährlich ist eine Doppelkammer der 1929 übergebenen Anlage an die Reihe gekommen, die erstmals so umfassend saniert wird. Dieses Jahr ist die letzte Doppelkammer an der Reihe.

Die Heimat-Baustelle: nur sechs Kilometer auf Arbeit

Vor allem geht es darum, die Decken der Wasserkammern neu zu beschichten. Mitte September war das abgeschlossen, erklärt Projektleiter Martin Kayser von Sachsen-Energie. Jetzt prüfen Vogel und Zdrzalek noch die Festigkeit der Decke.

Der Polier hat eine besondere Beziehung zu diesem Hochbehälter. Schließlich trinkt der Vater von zwei Kindern mit seiner Familie täglich in seiner Striesener Wohnung den Kaffee, der aus Wasser aus diesem Hochbehälter zubereitet wird. "Es war eine tolle Arbeit", sagt der 42-Jährige. Schließlich ist Vogel nicht immer auf Heimat-Baustelle, wo er nur einen Arbeitsweg von sechs Kilometern hat. Hier waren es vier Jahre. "Schade, dass es jetzt vorbei ist." Demnächst muss er nach Bremen, wo ein Trinkwasserspeicher ebenfalls saniert werden muss.

Das System: Dresden braucht immer mehr Wasser

Die umfangreichen Dresdner Wasseranlagen von Sachsen-Energie müssen gut instandgehalten werden, um auch künftig die Versorgung mit dem Lebensmittel Trinkwasser zu sichern. Denn die Großstadt Dresden benötigt immer mehr davon.

Wurden 2011 täglich im Durchschnitt noch rund 102.000 Kubikmeter Trinkwasser verbraucht, so waren es 2020 weit über 124.000 Kubikmeter. Selbst im etwas kühleren Jahr 2021 wurden täglich durchschnittlich 120.166 Kubikmeter verbraucht.

Der Trend liegt zwar hauptsächlich an der Industrie, die stark wächst. Doch auch die Hitze treibt den Verbrauch nach oben. So lag der Durchschnittsverbrauch im Juni dieses Jahres bei 141.608 Litern täglich und im Juli bei 140.070.

Aufbereitet wird das Trinkwasser in den Werken Coschütz, Hosterwitz und Tolkewitz und dann in Hochbehältern gespeichert. Mit seinen acht unterirdischen Kammern ist der Räcknitzer der größte der insgesamt 35 Hochbehälter. Insgesamt können dort 60.000 Kubikmeter Wasser gespeichert werden. Das ist etwa ein Viertel des gesamten Fassungsvermögens aller Dresdner Hochbehälter. Versorgt wird damit das linkselbische Dresdner Stadtgebiet zwischen Prohlis und Cossebaude.

Das Großprojekt: stärkere Deckenschicht nach 90 Jahren

Nötig ist die Sanierung, um eine noch höherer Festigkeit der Decke in dem Trinkwasser-Bauwerk zu sichern, erklärt Projektleiter Kayser. Schließlich war die alte Mörtelschicht von 1929, die die Stahlbewehrung schützt, nur zwei Zentimeter stark. Außerdem hatte der alte Beton in einigen Bereichen nicht mehr die nötige Zugfestigkeit von 1,5 Newton pro Quadratmillimeter.

An solche Bauwerke werden extrem hohe Anforderungen gestellt. Der geforderte Wert entspricht umgerechnet einer Gewichtskraft von 65 Kilogramm auf der Fläche einer Ein-Euro-Münze, erläutert er.

Polier Paul Vogel (r.) und Beton-Sanierer Emil Zdrzalek bereiten auf einem hohen Gerüst direkt unter der neu beschichteten Decke die Messung der Haftzugfestigkeit des Betons vor.
Polier Paul Vogel (r.) und Beton-Sanierer Emil Zdrzalek bereiten auf einem hohen Gerüst direkt unter der neu beschichteten Decke die Messung der Haftzugfestigkeit des Betons vor. © René Meinig
Komplett saniert sind jetzt die insgesamt acht riesigen Kammern des Trinkwasser-Hochbehälters Räcknitz.
Komplett saniert sind jetzt die insgesamt acht riesigen Kammern des Trinkwasser-Hochbehälters Räcknitz. © René Meinig
Verbunden sind die beiden Kammern durch diese Röhre. Insgesamt 174 Säulen stützen die Hallendecken.
Verbunden sind die beiden Kammern durch diese Röhre. Insgesamt 174 Säulen stützen die Hallendecken. © René Meinig
Sowohl Rohre als auch Wasserhähne im Hochbehälter stammen noch von 1929 und sind völlig intakt. Schließlich sind sie, außer bei der jetzigen Sanierung, ständig von schützendem Wasser umschlossen.
Sowohl Rohre als auch Wasserhähne im Hochbehälter stammen noch von 1929 und sind völlig intakt. Schließlich sind sie, außer bei der jetzigen Sanierung, ständig von schützendem Wasser umschlossen. © René Meinig
Hier arbeitet Polier Paul Vogel (r.) mit der Kernbohrmaschine. An jeder Prüfstelle wird nicht nur die Haftzugfestigkeit gemessen, sondern auch ein kleiner Betonkern ausgebohrt und ins Speziallabor geschickt. Geprüft wird vor allem die Dichtheit. Denn es darf nur möglichst wenig Wasser in die Decke eindringen, um jede Verunreinigung des Lebensmittels Trinkwasser zu verhindern.
Hier arbeitet Polier Paul Vogel (r.) mit der Kernbohrmaschine. An jeder Prüfstelle wird nicht nur die Haftzugfestigkeit gemessen, sondern auch ein kleiner Betonkern ausgebohrt und ins Speziallabor geschickt. Geprüft wird vor allem die Dichtheit. Denn es darf nur möglichst wenig Wasser in die Decke eindringen, um jede Verunreinigung des Lebensmittels Trinkwasser zu verhindern. © René Meinig
Zufrieden sind Projektleiter Toralf Schuppan (l.) von der Sanierungsfirma Wiedemann und Martin Kayser von der SachsenEnergie, dass das Großprojekt jetzt erfolgreich abgeschlossen ist.
Zufrieden sind Projektleiter Toralf Schuppan (l.) von der Sanierungsfirma Wiedemann und Martin Kayser von der SachsenEnergie, dass das Großprojekt jetzt erfolgreich abgeschlossen ist. © René Meinig

"Im letzten Behälter hatten wir die schlechteste Betonqualität", sagt der Projektleiter. Mit den diesjährigen Arbeiten hatten die Betonsanierer Anfang Februar begonnen. Zum Auftakt war das Wasser abgelassen worden. Danach haben die Arbeiter den Mörtel auf der insgesamt 3.100 Quadratmeter großen Deckenfläche, was fast der Größe eines halben Fußballfeldes entspricht, mit einem Höchstdruck von 1.900 Bar entfernt. Damit könnte auch Beton geschnitten werden.

Aufgrund der starken Schäden wurde festgelegt, weit mehr Stahlbewehrungsmatten auf die Decke aufzubringen und sie mit Stahlstiften zu verankern, als ursprünglich geplant. "Deshalb dauern die Arbeiten etwas länger", sagt Kayser. Von Mitte Mai bis Mitte September spritzten die Betonsanierer eine insgesamt rund fünf Zentimeter starke Schichte Spezialmörtel auf die Hallendecken. Er muss sehr fest sowie tragfähig sein und sich dem Untergrund anpassen, um Risse zu vermeiden.

Außerdem wird Mineralgemisch verwendet, in das keine Mikroorganismen eindringen können, die letztlich im Trinkwasser landen. Insgesamt wurden rund 550 Tonnen Mörtel benötigt, erläutert Projektleiter Kayser. Das entspricht 22.000 jeweils 25 Kilo schweren Säcken.

Der Kraftakt: täglicher Corona-Test und Lieferprobleme

Trotz Corona-Krise und anderen Schwierigkeiten in der Folge des Ukraine-Krieges waren immer bis zu zehn Betonsanierer im Einsatz, erläutert Wiedemann-Projektleiter Toralf Schuppan. "Das war nicht einfach", sagt der 51-jährige Dresdner. Während der Corona-Zeit waren für seine Arbeiter tägliche Tests auf der Baustelle angesagt.

In diesem Jahr musste eine weitere Herausforderung gemeistert werden: Haben Speditionen früher den Mörtelnachschub problemlos binnen einer Woche geliefert, sind es heutzutage aufgrund begrenzter Kapazitäten schon bis zu drei Wochen. Also wurden ganz zeitig große Mengen an Mörtel bestellt, sodass ständig bis zu 50 Tonnen der wasserdicht verpackten Säcke auf Paletten bereitstanden. "Deshalb hatten wir keinerlei Unterbrechung wegen fehlendem Nachschub", resümiert Schuppan.

Die Prüfung: Gerät misst Spitzenwerte

Zum Schluss prüfte Polier Vogel mit einem Haftzugmessgerät die geforderte Zugfestigkeit der Betonschicht von mindestens 1,5 Newton pro Quadratmillimeter an der neuen Decke. Zuerst hat er in der Halle an 14 Stellen mit dem Spezialbohrer runde Betonkerne freigelegt. Auf die klebte er zylindrische Prüfstempel.

"Mit 3,5 bis vier Newton waren die Werte in der ersten Kammer schon mehr als doppelt so hoch", sagt Projektleiter Kayser. Da auch in allen anderen Kammern ähnliche Werte erreicht wurden, rechnet er auch jetzt damit. "Wir haben unser Instandsetzungsziel erreicht und sind mit den Arbeiten sehr zufrieden."

Das Finale: Labor testet Wasser

Bis Ende Oktober werden alle Arbeiten abgeschlossen. Dann beginnen Mitarbeiter von Sachsen-Energie mit der Feinreinigung. Letztlich werden die Kammern zu einem Drittel mit Wasser befüllt. Das wird noch im Labor geprüft. Erst, wenn es die Freigabe erteilt, kann dieser Teil des Hochbehälters Ende November wieder in Betrieb genommen werden. Für das Großprojekt hat Sachsen-Energie rund 4,3 Millionen Euro investiert.