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"Dresden tut zu wenig gegen ignorante Raucher, die ihre Kippen wegwerfen"

Zigarettenstummel finden sich überall auf Fußwegen und Straßen in Dresden. Wer sie achtlos wegwirft, kann sich ein Bußgeld einfangen. Doch wird das ausreichend kontrolliert? Nein, sagt ein genervter Anwohner. Er handelt selbst.

Von Kay Haufe
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Anwohner Joachim Brockpähler reinigt den Promenadenring in Dresden von weggeworfenen Zigarettenkippen.
Anwohner Joachim Brockpähler reinigt den Promenadenring in Dresden von weggeworfenen Zigarettenkippen. © Sven Ellger

Dresden. Wo man geht und steht, fast überall im Dresdner Stadtzentrum liegen Zigarettenkippen auf dem Boden. Besonders häufig finden sie sich an Haltestellen von Bus und Bahn, obwohl dort meist auch ein Mülleimer steht. Um Raucher für das korrekte Entsorgen von Zigarettenkippen zu sensibilisieren, hatte die Stadtverwaltung zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai eine sogenannte "Kippenkampagne" gestartet. Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben an dem Tag kontrolliert, ob Zigarettenstummel richtig entsorgt werden. Doch lange angehalten hat diese Aufmerksamkeit offenbar nicht. Die Kippen liegen weiterhin fast überall.

Einer, den das achtlose Wegwerfen der Kippen stört, ist Joachim Brockpähler. Er wohnt unweit vom Postplatz und sieht täglich, wie Passanten ihre Zigarettenstummel einfach auf den Boden werfen. Rings um die Bänke am Promenadenring an der Marienstraße sammeln sich die Kippen dutzendfach. Seit einiger Zeit fegt Brockpähler die Hinterlassenschaften einmal pro Woche zusammen und entsorgt sie. "Es stehen an jeder Bank Mülleimer und es ist einfach nicht nachzuvollziehen, warum Raucher ihre Kippe trotzdem auf den Boden werfen müssen."

Elf Bußgeldverfahren wegen Kippenwegwerfen in Dresden abgeschlossen

Brockpähler ärgert sich, dass die Stadt trotz der Ankündigung, mehr gegen das Kippenwegwerfen zu unternehmen, nicht aktiver eingreift. "Dresden tut zu wenig gegen ignorante Raucher, die ihre Kippen wegwerfen", sagt er. Die Zahlen der abgeschlossenen Bußgeldverfahren für diese Ordnungswidrigkeit in diesem Jahr scheinen ihm recht zu geben: Es sind lediglich elf.

"Meine Frau und ich sprechen auch Raucher an, wenn sie ihre Zigarette wegwerfen. Manche sagen dann, sie hätten noch gar nicht darüber nachgedacht", erklärt Brockpähler. Das Bewusstsein bei den Rauchern müsse geschärft werden. Er selbst will seinen Teil dazu beitragen, indem er den Bereich um die Bänke säubert.

Dass viele Raucher offenbar gar nicht wissen, dass sie mit ihrer weggeworfenen Kippe eine Ordnungswidrigkeit begehen, zeigt auch die Auswertung der Stadt ihrer Aktion am Weltnichtrauchertag. "Viele der Angesprochenen zeigten sich von diesen Tatsachen zunächst überrascht, entsorgten ihre Zigarettenkippe daraufhin jedoch richtig", heißt es in der Presseinformation.

An einsichtige Raucher haben die Mitarbeiter des Ordnungsamtes damals Taschenaschenbecher ausgegeben. Darin lassen sich Zigarettenstummel sammeln, wenn sich auf die Schnelle kein Müllbehälter findet. Nicht alle Angesprochenen reagierten jedoch mit Einsicht, heißt es weiter. In vier Fällen beließen es die Kontrollteams darum nicht bei einer mündlichen Belehrung, sondern ahndeten den Verstoß mit einer Anzeige der Ordnungswidrigkeit. Bis zu 55 Euro sind dafür fällig.

Ordnungsamtsmitarbeiter kontrollieren weiter

Prinzipiell würden die Bediensteten des Ordnungsamtes immer versuchen, das Wegwerfen von Zigarettenkippen während ihres Außendienstes zu beachten. Schwerpunkte der Kontrollen sind dabei die Innenstadt, größere Haltestellenbereiche sowie Grünanlagen und Spielplätze, sagt ein Stadtsprecher.

Zum Weltnichtrauchertag waren sechs Teams an den Haltestellenbereichen Postplatz, Albertplatz, Schillerplatz und Wiener Platz unterwegs, sowie auf der Prager Straße, an den Bushaltestellen im Bereich der Bayrischen Straße und an den Eingangsbereichen von Zoo und Parkeisenbahn. "Die Kontrollen an diesem Tag wurden in zivil durchgeführt und galten insbesondere der Aufklärung, dass Zigarettenkippen, genau wie anderer Müll auch, in entsprechenden Müllbehältern zu entsorgen sind", so der Sprecher.

Während des Aktionstages stellten die Kontrolleure auch neun minderjährige Raucher fest. Deren Tabakwaren wurden sichergestellt und die Eltern erhielten eine schriftliche Information, dass sie die Tabakwaren im Ordnungsamt abholen können. Andernfalls fällt für deren Vernichtung eine Verwaltungsgebühr in Höhe von rund 30 Euro an.

Giftstoffe im Stummel haben verheerende Auswirkungen

Experten rechnen mit einer Dauer von rund zehn bis 15 Jahren, bis ein Zigarettenstummel verrottet ist, erklärt der Umweltdienstleister Badenova in seinem Nachhaltigkeitsblog. In dieser Zeit zersetzten sich die Zigarettenfilter in kleine und kleinste Teile. Das gehe so weit, dass die Polar- und Meeresforscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) winzig kleine Cellulose-Partikel sogar im Packeis der Arktis nachweisen konnten.

Die im Zigarettenstummel enthaltenen Giftstoffe sind laut Badenova eine reale Gefahr für die Qualität des Grundwassers. Durch den Kontakt mit Wasser würden die Giftstoffe aus der Zigarettenkippe ausgewaschen und könnten so leicht ins Grundwasser gelangen. Der giftige Mix einer einzigen Zigarettenkippe reiche aus, um 40 bis 60 Liter Grundwasser zu verunreinigen – oder das Pflanzenwachstum negativ zu beeinflussen.

Komme das Nervengift Nikotin mit Wasser in Kontakt, so reiche eine Kippe aus, um 1.000 Liter Grundwasser zu kontaminieren und den Lebensraum für Tiere zu verseuchen. Forschende der Universität San Diego hätten herausgefunden, dass das Nikotin einer Zigarette – aufgelöst in einem Liter Wasser – ausreicht, um Forellen innerhalb von vier Tagen zu töten.