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So will das Team Zastrow in Dresden wachsen - und neue Verkehrsversuche verhindern

15 Prozent Stimmenanteil will Team Zastrow bei der Kommunalwahl holen. Was in Dresden verändert werden soll - und wer dafür Partner sein könnte.

Von Dirk Hein
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Mit über 80 Kandidaten tritt das Team Zastrow zur Kommunalwahl in Dresden an.
Mit über 80 Kandidaten tritt das Team Zastrow zur Kommunalwahl in Dresden an. © Matthias Rietschel

Dresden. Wahlkampfauftakt für Team Zastrow auf der Dresdner Galopprennbahn: Knapp 100 Menschen aus dem Umfeld der erst vor wenigen Monaten gegründeten Wählervereinigung sind an diesem Mittwochabend gekommen, um sich selbst besser kennenzulernen - und um Namens- und Ideengeber Holger Zastrow zuzuhören.

Geheimgespräche auf der Galopprennbahn

Nicht alle Gäste sind aus Dresden - obwohl offiziell der Wahlkampfauftakt für die anstehende Kommunalwahl in der Landeshauptstadt gefeiert werden soll. Immer wieder wird klar: Zastrow nutzt auch diese Bühne, um seinen weiteren politischen Weg nach dem kürzlich erfolgten FDP-Austritt zu planen. Die Kommunalwahl in Dresden soll dabei nur der erste Schritt sein. Zastrow will im Herbst bei der Landtagswahl antreten und auch dort aus dem Stand ins Parlament einziehen. Dafür werden Gespräche geführt. Erste potenzielle Kandidaten sind mit vor Ort.

Zastrow genießt die neue Bühne, auf der er klar im Mittelpunkt steht. Viele Punkte, die er in seiner Rede anspricht, sind nahezu wortgleich mit seinen letzten Auftritten vor FDP-Publikum, dort sah Zastrow jedoch keine Chance mehr zur Umsetzung. Mehrfach fällt der Satz - "so kann es nicht mehr weitergehen". Weder Linke noch SPD, Grüne oder gar die CDU hätten einen Plan, wie Dresden vorangebracht werden könne. Auch OB Dirk Hilbert (FDP) habe deutlich an Elan verloren.

Vor allem auf Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne) schießt sich Zastrow ein. "Ich habe keinen Groll gegen Stephan Kühn persönlich, aber er ist Parteisoldat der Grünen. Das merkt man ganz klar an seiner Amtsführung".

"Fehlentscheidungen" sollen rückgängig gemacht werden

Zastrow ist damit gleich am Dreh- und Angelpunkt seiner neuen Bewegung angekommen. Die Kommunalwahl in Dresden soll zur Richtungswahl über die Verkehrspolitik in der Stadt gemacht werden. Zastrow lehnt nahezu alles ab, wofür Verkehrsbürgermeister Kühn steht. Der Verkehrsversuch am Blauen Wunder sei grundlegend falsch gewesen - ebenso wie die Radwege entlang der Elbschlösser auf der Bautzner Straße.

Auch die Radroute Ost sei eine Fehlentwicklung. Alleine auf dem Abschnitt an der Comeniusstraße stehen dadurch 140 Stellflächen für Autos nicht mehr zur Verfügung. "Es funktioniert nicht, Straßen nur aus Sicht durchfahrender Radler zu sehen. An diesen Straßen leben Menschen. Zur Lebensqualität älterer Menschen gehören auch Parkplätze", sagt Holger Zastrow im Gespräch. Solche "Fehlentscheidungen" will die neue Wählervereinigung rückgängig machen. "Sollte das linksgrüne Lager die Wahl verlieren, wäre dies eine ganz klare Botschaft."

"Unser erster Antrag muss ein Eilantrag sein"

Die ersten Monate im Rat hat Zastrow dabei schon klar im Blick. "Unser erster Antrag im neu gewählten Stadtrat muss gleich ein Eilantrag sein". So wolle man den - ebenfalls von Bürgermeister Kühn forcierten - Verkehrsversuch auf der Carolabrücke stoppen. Zwischen Carolaplatz und Rathenauplatz soll es ab dem 2. September testweise eine durchgehende Radverkehrsanlage geben. Dafür wird auf der Brücke ein Radstreifen stadteinwärts angelegt und eine Autospur gesperrt. Komme der Verkehrsversuch sei Chaos und ein "Blaues Wunder 2.0" vorprogrammiert, so Zastrow zu Sächsische.de.

Abseits des Eilantrages sollen im ersten halben Jahr sämtliche Mobilitäts- und Radfahrkonzepte der Stadt auf den Prüfstand kommen. Vieles, was Grundlage von Verwaltungshandeln ist, sei veraltet und müsse neu beschlossen werden.

Das Team Zastrow will zur Kommunalwahl eine Richtungsentscheidung über die neue Dresdner Verkehrspolitik erreichen.
Das Team Zastrow will zur Kommunalwahl eine Richtungsentscheidung über die neue Dresdner Verkehrspolitik erreichen. © Dirk Hein

Der Stadtrat sei dabei nicht machtlos gegenüber der Verwaltung. Die Fraktionen im Rat könnten sich "deutlich aufrüsten", mehr juristische Beratung einfordern, die "Verwaltung quälen". Man müsse "die ganze Klaviatur der politischen Kommunikation" spielen. Momentan habe es der Verkehrsbürgermeister zu leicht. Andere Mehrheiten im Rat würden den Politiker jedoch zum Einlenken zwingen.

Fahrradschleusen und ÖPNV-Ausbau

Wichtig sei jedoch: Das neue Team Zastrow ist nicht komplett gegen neue Radwege. Bei der Suche nach "schönen und sicheren Radwegen" könnten unter Umständen auch Autospuren wegfallen - allerdings nur, wenn sowohl Autos als auch Räder und der ÖPNV flüssig vorankommen. Die während der Expertenanhörung zum Blauen Wunder ins Gespräch gebrachten "Fahrradschleusen" seinen zum Beispiel ein sinnvoller Vorschlag. Per Ampelregelung auf der Brücke würden dabei zuerst Radfahrer und dann Autos "Grün" bekommen und die Kreuzung am Schillerplatz befahren. Statt einer räumlichen Trennung durch eigene Radwege würde eine zeitliche Entflechtung laut Experten ausreichen.

Auch der Ausbau des ÖPNV zum TSMC-Werk im Dresdner Norden oder sogar die Erweiterung der Linie 7 nach Ottendorf-Okrilla seien wichtige Projekte, die deutlich beschleunigt werden müssten.

Am Mittwochabend an der Galopprennbahn äußerte sich Zastrow auch zum Thema, mit wem er diese Ziele erreichen möchte. Entscheidend sei, was die Mehrheit der Dresdner wolle. Im nächsten Stadtrat mit womöglich noch mehr Fraktionen dürfe es keine ideologischen Scheuklappen geben. Ohne die AfD zu nennen, sagt Holger Zastrow: "Wir bleiben unabhängig. Wird unseren Ideen gefolgt, ist das gut. Haben andere gute Ideen, dann folgen wir dem."

Wahlkampf mit Startup-Charakter

Bei den Gästen vor Ort kommt das gut an. Zastrow selbst fühlt sich auf der kleinen Bühne sichtlich wohl, kokettiert mit immerhin 15 Kilo, die er in den letzten Wochen abgenommen habe und mit dem Startup-Charakter seines Teams. "Andere Parteien haben 150.000 bis 200.000 Euro Wahlkampfbudget, wir haben seit gerade mal drei Wochen ein eigenes Konto, dennoch habe noch nie so viel Aufbruch gespürt, wie jetzt".

5.000 Plakate seien "auf Sicht" gedruckt wurden. Alle würden mittlerweile hängen. "Wir sind damit quasi ausverkauft."