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Dresdner Bürgermeister-Streit: OB Hilberts neue Schrumpf-Vorschläge

In der Debatte um die Besetzung der Dresdner Beigeordnetenposten bringt Oberbürgermeister Dirk Hilbert jetzt drei neue Varianten ins Spiel. Die Stadtspitze soll verkleinert werden.

Von Andreas Weller
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Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat drei neue Varianten zur Besetzung wichtiger Posten in Dresden.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat drei neue Varianten zur Besetzung wichtiger Posten in Dresden. © Sven Ellger

Dresden. Seit Monaten zieht sich der Dresdner Bürgermeisterstreit hin. Alle bisherigen Versuche, die Beigeordneten durch den Stadtrat zu wählen, scheiterten. "Deshalb mache ich nun erneut Vorschläge", erklärt Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FPD) nun. Vorschläge, die mit heftigen Einschnitten für die Fraktionen verbunden wären, obwohl der OB von denen die Stimmen dafür benötigt. Außerdem erhielte Hilbert mehr Macht.

Hilbert will Anzahl der Bürgermeister reduzieren

Bis zum Bürgermeister-Streit hatte Dresden sieben Bürgermeister. Hilbert selbst hatte in der Diskussion darum ins Spiel gebracht, einen weiteren Bereich zu schaffen, damit auch seine FDP an den Posten beteiligt wird. Acht Posten stehen für Hilbert nun nicht mehr zur Diskussion. "In Zeiten von Krisen müssen wir den Gürtel enger schnallen, die Bürger wollen zurecht eine effiziente Stadtspitze", so Hilbert.

Deshalb hat der OB nun zwei Vorschläge mit fünf statt sieben Bürgermeistern vorgelegt und einen mit sechs Bürgermeistern. Pro wegfallenden Bürgermeisterposten könne, inklusive Personal, Technik und weiterer Kosten, rund eine Million Euro pro Jahr gespart werden, sagt Hilbert.

Vorschlag 1: Fünf Bürgermeister und mehr Macht für Hilbert

In der von Hilbert favorisierten Variante mit fünf Bürgermeistern sollen die Bereiche Finanzen und Personal zu ihm wandern - eine klare Machterweiterung. Dazu soll es einen Bürgermeister für Jugend, Bildung und Sport geben - der nicht zur Neubesetzung anstehende Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) bekäme somit den Sport dazu.

Aus dem Bereich Ordnung und Sicherheit soll Umwelt und Sicherheit werden - Umwelt und Recht kämen hier hinzu. Aus Kultur würde Wirtschaft, Digitales und Kultur - Wirtschaft und das Vergabebüro sollen neu dorthin.

Soziales und Gesundheit wird zu Bürgerdienstleistungen und Gesundheit - neu wären hier das Bürgeramt und die Stadtbezirke und Ortschaften. Bei Stadtentwicklung, Bau und Verkehr würde sich nichts ändern - dieses ist das zweite Ressort, das aktuell nicht zur Wahl ansteht. Baubürgermeister ist Stephan Kühn (Grüne).

Vorschlag 2: Sechs Bürgermeister und ebenfalls mehr Kompetenzen für den OB

Auch bei dem Vorschlag mit sechs Bürgermeistern will Hilbert Finanzen und Personal zu sich holen. Daneben soll es die Bereiche Wirtschaft, Tourismus und Digitalisierung; Jugend, Bildung und Sport; Umwelt, Recht und Sicherheit; Kultur, Friedhofs- und Bestattungswesen; Bürgerdienstleistungen und Gesundheit; sowie Stadtentwicklung, Bau und Verkehr geben.

Vorschlag 3: Fünf Bürgermeister ohne Machterweiterung

Dann gibt es noch eine Variante mit fünf Bürgermeistern, in der Finanzen und Personal nicht zum OB gehen würden. Wirtschaft, Finanzen, Personal, Sport und Digitalisierung sollen stattdessen in einem Geschäftsbereich zusammengefasst werden. Die entspräche im Grunde dem bisherigen Bereich von Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD), allerdings ohne Rechtsamt. Dazu sind je ein Bürgermeister für Bildung und Kultur; Umwelt, Recht und Sicherheit; Bürgerdienstleistungen und Gesundheit; sowie Stadtentwicklung, Bau und Verkehr vorgesehen.

Wie OB Hilbert weiter vorgehen will

Die Vorschläge hat er nun den Fraktionen zugestellt. "Ich bin offen für andere Vorschläge", betont Hilbert. Er wolle nun mit den Fraktionsspitzen diskutieren und ausloten, ob es eine Mehrheit für einen Vorschlag geben kann. "Wir müssen alles dransetzen, bis zur nächsten Stadtratssitzung eine kompromissfähige Variante zu haben", so der OB. Er wolle am 24. November eine Wahl. "Wir sollten zumindest die Bereiche, die sich mit Krisen auseinandersetzen, wählen - also Soziales sowie Ordnung und Sicherheit."

Welche Fraktionen mit ihm eine Mehrheit für eine Variante bilden könnten, wisse er noch nicht. "Zuletzt ist die SPD über eine entscheidende Brücke nicht gegangen", sagt Hilbert und meint damit seinen Vorschlag, Lames von Finanzen zu Ordnung und Sicherheit zu verschieben. Man solle es jetzt aber zunächst mit fünf oder sechs Bürgermeistern probieren. "Später könnte man dies ja auch wieder erweitern. Wenn das zum Frieden führt, verschließe ich mich dem nicht - dann muss davon aber auch ein starkes Signal ausgehen, dass wir einen breiten demokratischen Konsens haben." Eines sei für Hilbert klar: "Die AfD wird nicht Teil der Dresdner Stadtregierung sein."

Die SPD wäre vermutlich raus

Nach dem ganzen Poker der vergangenen Wochen und Monate lief es zuletzt auf einen Machtkampf zwischen FDP und SPD hinaus. Hilbert und FDP-Fraktionschef Holger Zastrow wollten den machtvollen Bereich Finanzen, Personal und Recht von Peter Lames mit der FDP-Landesvorsitzenden Anita Maaß besetzen. Dafür sollte Lames Ordnung und Sicherheit bekommen. Die SPD besteht bislang darauf, dass Lames Finanzbürgermeister bleibt. Zastrow lehnte es gleichzeitig ab, dass die FDP Ordnung und Sicherheit übernimmt, obwohl Dresdens FDP-Chef und Stadtrat Holger Hase den Posten gerne hätte.

Folgt eine Mehrheit Hilberts Vorschlag mit sechs Bürgermeistern - für fünf dürfte eine Mehrheit noch weniger realistisch sein - hätte Hilbert direkt Zugriff auf Finanzen und Personal. Bildung und Bau sind bereits mit CDU und Grünen besetzt, die CDU könnte mit Steffen Kaden den Bereich Wirtschaft, Tourismus und Digitalisierung bekommen, Die Linke Soziales und Kultur behalten und Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) könnte Bürgermeisterin für Umwelt, Recht und Sicherheit werden.

OB Hilbert befeuert dieses Gedankenspiel, indem er Jähnigen, die er eigentlich nach einem harten Wahlkampf ums OB-Amt unter den beiden loswerden wollte, selbst ins Spiel bringt. "Frau Jähnigen ist ja Juristin, das wäre denkbar.

Wie die Fraktionen reagieren

FDP und Freie Wähler unterstützen die neuen Varianten des OB, erklären diese. CDU-Fraktionschef Peter Krüger nennt sie "interessante Vorschläge". Er will vor allem die Variante mit sechs Bürgermeistern diskutieren. "Das ist ja quasi wie mit sieben, weil der OB Finanzen und Personal zu sich zieht. Ich glaube, Herr Hilbert kann sich unserer Unterstützung sicher sein." Dies könne dazu führen, dass am 24. November gewählt wird. "Wir werden jedenfalls keiner Vertagung mehr zustimmen", so Krüger.

Das würde den ersten Riss in der Kooperation aus Grünen, CDU, SPD und Linke bedeuten. Ein Ziel, das OB Hilbert verfolgt. Grünen-Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne hält dagegen mindestens sieben Bürgermeister für "verantwortbar". Die Aufgaben seien eher gestiegen. "Herr Hilbert macht hier keinen Vorschlag, wie wir zu einer konstruktiven Einigung finden können. Es werden Vorschläge ins Haifischbecken geworfen - nach dem Motto: Einigt euch, wie ihr euch gegenseitig auffresst." Man müsse irgendwie am 24. November wählen können und dafür benötige der OB eine Mehrheit in Rat. Mit Blick auf die SPD sagt sie: "Wer rausfliegt, wird nicht mitstimmen."

Die SPD hält sich zunächst zurück. "Dass der OB Vorschläge macht, ist legitim", so Stadtrat Stefan Engel. "Wir werden sie uns anschauen."