Dresden
Merken

Dresdner Kran-Unfall: Wie geht es den Mietern am Rundkino?

Im Juni kippte ein riesiger Kran in der Dresdner Innenstadt um, verletzt wurde wie durch ein Wunder niemand. Die Mieter haben bis heute mit den Unfallfolgen zu kämpfen.

Von Nora Domschke
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Über seinem Erotikladen ist im Juni ein Kran in ein Wohnhaus am Rundkino gekracht. Michael Kling musste einen Monat lang schließen, auf eine Entschädigung wartet er bis heute.
Über seinem Erotikladen ist im Juni ein Kran in ein Wohnhaus am Rundkino gekracht. Michael Kling musste einen Monat lang schließen, auf eine Entschädigung wartet er bis heute. © Christian Juppe

Dresden. Michael Kling kam zwei Minuten zu spät. Als er am 27. Juni sein Geschäft an der Ferdinandstraße betritt, herrscht Chaos. Seine beiden Mitarbeiterinnen berichten ihm von dem schweren Unfall, der sich kurz vorher am Rundkino ereignet hat. Ein 50 Meter hoher Kran, der zur Hotelbaustelle nebenan gehört, war umgekippt und dabei an einem Wohnhaus hängengeblieben. "Es hat so gekracht, wir sind um unser Leben gerannt", erzählt eine der Frauen.

Dass bei dem Unfall niemand verletzt wurde, grenzt an ein Wunder. Die Ferdinandstraße ist an diesem Tag sehr belebt, viele Menschen kaufen in den Geschäften ein oder bummeln einfach durch die Gasse. "Als ich ankam, lagen überall Trümmerteile", erinnert sich Michael Kling, der dort seit elf Jahren einen Erotikladen betreibt.

Einen Tag nach dem Unglück lag der umgekippte Kran noch immer auf der Ferdinandstraße. Er musste nach und nach demontiert werden.
Einen Tag nach dem Unglück lag der umgekippte Kran noch immer auf der Ferdinandstraße. Er musste nach und nach demontiert werden. © Archiv/Marion Doering

Dass er seinen Laden einen Monat lang nicht öffnen darf, ahnt er an diesem heißen Juni-Montag noch nicht. Zunächst wurde aufwändig geprüft, ob die Statik des Hauses durch den Kraneinschlag beeinträchtigt wurde. Es kamen Gutachter und Mitarbeiter von Versicherungen, erzählt Kling.

Vier Familien mussten aus den beiden Wohnhäuser St. Petersburger Straße 18a und 18b noch am selben Tag in ein Hotel umziehen. Darum hatte sich der Vermieter Vonovia umgehend gekümmert, wie Anwohner damals bestätigten.

Vonovia-Sprecher Matthias Wulff betont auf Anfrage von Sächsische.de auch heute: "Glücklicherweise ist damals niemand verletzt worden." Was ist seit dem Unfall mit dem Haus passiert? Es sei schnell klar gewesen, dass das Gebäude stabil ist, so Wulff. Daher konnten alle Mieter zügig in ihre Wohnungen zurückkehren.

Die Instandsetzung der Fassade sei beauftragt, aber noch nicht abgeschlossen, was auch am Winterwetter liege, so der Sprecher. "Ein Raum ist noch gesperrt." Die betroffenen Bewohner würden eine Mietminderung erhalten, bis die Arbeiten abgeschlossen sind.

Wo der Kran in die Hauswand eingeschlagen war, wird nun die Fassade saniert.
Wo der Kran in die Hauswand eingeschlagen war, wird nun die Fassade saniert. © Christian Juppe

Auch Michael Kling konnte sich mit dem Vermieter einigen und zahlt bis Ende Dezember 30 Prozent weniger Miete für sein Geschäft. Auf die Zahlung einer Entschädigung wartet er allerdings bis heute. Rund 40.000 Euro habe ihn der Kranunfall gekostet. Jalousien und Beleuchtung sind kaputt, durch die Schließung fehlen ihm Einnahmen, seine Mitarbeiter musste er trotzdem bezahlen. All das soll die Versicherung der Kranfirma übernehmen - passiert ist bislang nichts.

Dabei war schon im Juni recht schnell klar, dass es sich bei der Unfallursache um einen technischen Defekt handelte. Die Dresdner Kriminalpolizei ermittelte umgehend vor Ort und konnte schon einen Tag nach dem Unfall einen Straftatverdacht ausschließen. Kräne müssen regelmäßig gewartet und geprüft werden - das war bei dem Unglückskran offenbar der Fall.

Erotikladen hinter Baugerüst versteckt

Das Geschäft mit Dessous und Sexspielzeugen ist aber längst nicht wieder so gut angelaufen, wie erhofft, erzählt Michael Kling. Gerade in der Vorweihnachtszeit kommen normalerweise viele Pärchen zu ihm, um sich beraten zu lassen und ihr Erotikleben etwas in Schwung zu bringen. Weil zu seinen Kunden viele Touristen zählen, spüre er einen deutlichen Rückgang, denn sein Laden ist derzeit hinter einem Baugerüst und einer großen Plane versteckt und kaum zu sehen.

Vom Gerüst aus wird die beschädigte Fassade des Wohn- und Geschäftshauses saniert. Eine ältere Bewohnerin, die seit 20 Jahren in der dritten Etage des Blocks wohnt, erzählt, dass drei Familien, die nach dem Unfall ins Hotel umziehen mussten, inzwischen komplett ausgezogen seien. Sie selbst war zum Zeitpunkt des Unglücks daheim und erinnert sich daran, dass es furchtbar knallte, als der Kran in die Hauswand einschlug. "So, als wäre etwas explodiert."