Dresden
Merken

Nach neun Monaten in aserbaidschanischer Haft: TU-Dresden-Dozent aus Gefängnis entlassen

Am Montag ist der Forscher Gubad Ibadoghlu überraschend aus der Haft in Aserbaidschan entlassen worden. Frei ist er damit noch lange nicht - wie es jetzt weitergeht.

Von Connor Endt
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Gubad Ibadoghlu wurde überraschend aus dem aserbaidschanischen Gefängnis entlassen. Jetzt wartet er auf sein Urteil.
Gubad Ibadoghlu wurde überraschend aus dem aserbaidschanischen Gefängnis entlassen. Jetzt wartet er auf sein Urteil. ©  privat

Dresden. Der Wissenschaftler Gubad Ibadoghlu, der seit dem 23. Juli 2023 in Aserbaidschan im Gefängnis sitzt, wurde aus der Haft entlassen. Der verantwortliche Richter ordnete Hausarrest für den 52-Jährigen an. Zudem darf Ibadoghlu die Landeshauptstadt Baku nicht verlassen.

Gubad Ibadoghlu sollte eigentlich seit Oktober 2023 an der Technischen Universität (TU) Dresden lehren und forschen. "Ich bin unfassbar erleichtert, dass er endlich nicht mehr im Gefängnis sitzt", sagt seine Tochter Zhala Bayramova am Telefon. Am Montagnachmittag habe ihr Handy gar nicht mehr stillgestanden, ständig seien neue Nachrichten dazugekommen. "'Dein Vater wurde entlassen', haben sie mir geschrieben, ich konnte das am Anfang gar nicht glauben", sagt sie.

Jetzt könne ihr Vater endlich angemessen medizinisch versorgt werden. Sein Gesundheitszustand habe sich zuletzt rapide verschlechtert, er leide unter Diabetes, habe Prostata-Probleme und könne kaum noch sehen. Aktuell werde er im Krankenhaus behandelt, so seine Tochter.

Zhala Bayramova macht die aserbaidschanische Regierung für die schlechte Verfassung ihres Vaters verantwortlich: für die unzureichende medizinische Behandlung während der Haft und für die unregelmäßige Verfügbarkeit seiner Medikamente.

Kritiker sprechen von einem Scheinprozess gegen Ibadoghlu

Die aserbaidschanische Regierung wirft Gubad Ibadoghlu vor, Falschgeld erworben, verkauft oder hergestellt zu haben. Für bis zu zwölf Jahre könnte der Wissenschaftler dafür laut Amnesty International ins Gefängnis kommen. Kritiker sprechen von einem Scheinprozess, um einen der größten Kritiker des amtierenden Machthabers Ilham Alijew loszuwerden. Gubad Ibadoghlu hat jahrelang zu Korruption und Geldwäsche in Aserbaidschan geforscht und sich regelmäßig kritisch öffentlich geäußert.

Tochter Zhala Bayramova kämpft seit gut acht Monaten für die Freilassung ihres Vaters.
Tochter Zhala Bayramova kämpft seit gut acht Monaten für die Freilassung ihres Vaters. © privat

Warum Gubad Ibadoghlu ausgerechnet jetzt entlassen wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. "Ich glaube, der Druck auf Aserbaidschan ist so groß geworden, dass Alijew reagieren musste", sagt Zhala Bayramova. So hatte etwa das Europäische Parlament vergangenes Jahr in einer Resolution die Freilassung des Wirtschaftswissenschaftlers gefordert. Zahlreiche Politiker, etwa Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und die Bundestagsabgeordneten Kassem Taher-Saleh (Grüne) und Lars Rohwer (CDU) hatten sich für Ibadoghlu eingesetzt. Hinzu kommt: Aserbaidschan richtet in diesem Jahr die 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen aus und steht damit im internationalen Scheinwerferlicht.

"Hol' mich hier so schnell wie möglich raus"

Kassem Taher Saleh und Lars Rohwer wollen sich weiterhin für den Wissenschaftler einsetzen. "Wir werden weiter überparteilich dafür einstehen, dass Gubad Ibadoghlu freigesprochen wird und bald nach Dresden kommen kann, um hier als freier Wissenschaftler an der TU zu lehren", sagt Saleh. Die beiden Abgeordneten stehen mit den zuständigen Stellen im Auswärtigen Amt weiterhin in Kontakt. Zudem wollen sie den aserbaidschanischen Botschafter erneut kontaktieren und zusammen mit Politikern anderer Parteien die Ausreise des Wissenschaftlers fordern.

Zhala Bayramova kämpft jetzt dafür, dass ihr Vater bald aus Aserbaidschan ausreisen darf. Doch bis das passieren kann, muss Gubad Ibadoghlu erst freigesprochen werden. Und das kann dauern: Laut Bayramova ist die Verhandlung erst für den 20. Mai angesetzt.

Bisher habe sie nur wenige Minuten mit ihrem Vater telefonieren können, sagt Zhala Bayramova. Dieser sei geschwächt, könne kaum liegen und muss wohl längere Zeit in medizinischer Behandlung verbringen. "Er hat mir zwei Dinge gesagt", berichtet sie. "Erstens: Hol' mich hier so schnell wie möglich raus. Und zweitens: Ich werde weiter darüber reden, was in unserem Land schiefläuft."