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Dresdner Hebammen: "Ich zahle 800 Euro Haftpflichtversicherung pro Monat"

Josefin Schönberg ist freiberufliche Hebamme in der Dresdner Neustadt. Jetzt droht die so wichtige finanzielle Unterstützung durch die Stadt wegzufallen.

Von Julia Vollmer
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Hebamme Josefin Schönberg arbeitet mit den Frauen vor, während und nach der Geburt.
Hebamme Josefin Schönberg arbeitet mit den Frauen vor, während und nach der Geburt. © Christian Juppe

Dresden. Die Wehen setzen meistens nachts ein. Für Hebamme Josefin Schönberg ist die Begleitung einer Geburt jedes Mal etwas Aufregendes. Seit 20 Jahren betreut sie Familien in Dresden, seit mehr als zehn Jahren im Hebammenhaus auf der Louisenstraße in der Neustadt. "Ich liebe meinen Job sehr, aber die Arbeit in der Nacht und die ständige Alarmbereitschaft ist natürlich auch manchmal anstrengend", sagt sie. Wenn sich das Baby auf den Weg machen will, düst sie los.

Josefin Schönberg arbeitet als freiberufliche Hebammen im Hebammenhaus und rechnet pro betreuter Familien und Geburt mit der Krankenkasse ab. Die Frauen können im Geburtshaus bei ihr ihr Kind bekommen und müssen nicht in die Klinik. Es sei denn, es ist medizinisch dringend nötig. "Ich möchte gern möglichst engen Kontakt mit den Frauen haben und ihnen viel Selbstbestimmung ermöglichen", sagt sie. In der Klinik sehe sie dafür wenig Spielraum.

Rund 20 Geburten begleitet sie pro Jahr. Doch nicht nur die reine Geburtshilfe gehört zu einer Betreuung, sondern auch die Vor- und Nachsorge, also das Messen der Herztöne und die Begleitung der jungen Familie im Wochenbett. Sie geht in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt zu Mutter und Kind nach Hause und berät dort zu allen Fragen. Die Hebammen begleiten auch die Mütter im Wochenbett, die in der Klinik entbunden haben.

Enormer Anstieg der Kosten

Was ihr und allen anderen Kolleginnen sehr zu schaffen macht, ist der Anstieg der Beiträge der Haftpflichtversicherung in den vergangenen Jahren. Diese müssen die freiberuflichen Hebammen abschließen, wenn sie Geburten außerhalb der Klinik betreuen.

"Vor 2014 haben wir rund 1.500 Euro im Jahr für die Haftpflicht gezahlt, jetzt zahle ich 800 Euro pro Monat", erzählt sie. Für eine Hausgeburt, die sie betreut, bekommt die 38-Jährige 800 Euro von der Krankenkasse und für eine Geburtshaus-Geburt 700 Euro. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen übernimmt 60 Prozent dieser Kosten, aber erst rückwirkend nach Abrechnung, die Hebammen müssen also erst einmal vorstrecken.

Geld, das oft nur mit Mühe aufgebracht werden kann. Hebammenarbeit ist keine am Fließband und für jede Frau muss sich ausreichend Zeit genommen werden. "Wir betreuen hier im Hebammenhaus auch Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt oder von traumatischen Erlebnissen während früherer Geburten geworden sind, das lässt sich nicht pro Minute abrechnen", so Schönberg, die selbst Mutter ist.

Nun droht die nächste Unterstützung für die Hebammen wegzufallen. Der Verein Gut ins Leben, in dem auch Josefin Schönberg Mitglied ist, hat eine Petition zum Erhalt der Geburtshilfeprämie gestartet, die im aktuellen Haushaltsentwurf nicht enthalten ist. Mit Wegfall der Hebammenförderung ab 2023 ist zu befürchten, dass immer mehr selbstständige Hebammen aus ihrem Beruf aussteigen. Schon jetzt sind sie knapp.

2018 hatten der Verein Gut ins Leben und die Parteien Grüne, Linke und SPD im Stadtrat die Prämie auf den Weg gebracht. Pro Jahr braucht es etwa 160.000 Euro aus dem Haushalt dafür. Die Sozialpolitiker der genannten Parteien wollen diese auch im neuen Haushalt verankern. Jede begonnene Geburt in einem Geburtshaus oder in einer Praxis unterstützt die Stadt mit 100 Euro und eine begonnene Hausgeburt beziehungsweise Beleggeburt, wenn die bekannte Hebamme mitgeht, in einem Krankenhaus wird mit 200 Euro bezuschusst. Für jede Wochenbettbetreuung gibt es einen Zuschuss von einmalig 30 Euro.

Das sagt die Stadt zur gefährdeten Förderung

Laut Gesundheitsamtsleiter Frank Bauer gibt es 148 freiberufliche und die Geburtshilfeförderung nutzende Hebammen. Auf die Frage, warum die Hebammenförderung im aktuellen Haushaltsentwurf nicht verankert ist, sagt Bauer: "Dresden bewertet die Förderung der Geburtshilfe als einen wertvollen Beitrag zur Sicherung der Versorgung. Gleichwohl handelt es sich um eine freiwillige Aufgabe, die angesichts des begrenzt zur Verfügung stehenden Budgets in der Priorität nachrangig eingeordnet wurde."

Damit solle aber die Förderung oder die geleistete Arbeit keineswegs inhaltlich bewertet werden. Es handele sich um eine Abwägung zwischen Pflicht- und freiwilligen Leistungen. "Selbstredend liegt es aber im Ermessen des Stadtrates, den Fokus auf eine weitere Förderung zu legen", so Bauer. Die Verhandlungen über den Stadthaushalt 2023/24 laufen aktuell.