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Erweiterung der Semperoper in den Zwingerpark: Am Mittwoch wird erneut diskutiert

Um nicht schließen zu müssen, braucht die Semperoper in Dresden einen Anbau. Doch der würde in den Zwingerpark ragen, Bäume würden gefällt. Jetzt berät der Bauausschuss dazu.

Von Dirk Hein
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Die Semperoper soll mit einem zweiten Anbau in den Zwingerpark hineinreichen dürfen.
Die Semperoper soll mit einem zweiten Anbau in den Zwingerpark hineinreichen dürfen. © Sven Ellger

Dresden. Seit 17 Jahren planen die Verantwortlichen im Freistaat an einem Erweiterungsbau für die Semperoper. In zentralster Innenstadtlage, umgeben von denkmalgeschützten Gebäuden, reichlich Leitungen im Untergrund und wichtigem Stadtgrün wurde jedoch lange keine genehmigungsfähige Variante gefunden.

Der zuletzt vorgestellte Plan, neben das bestehende Funktionsgebäude einen zweiten Würfel in den Zwingerpark ragen zu lassen, erlitt im Bauausschuss Schiffbruch. Jetzt haben die Verantwortlichen nachgebessert - und ein Umdenken angestoßen.

Warum die Semperoper einen Neubau braucht

Seit 40 Jahren hat die Semperoper einen von Wolfgang Hänsch geplanten Funktionsbau in Richtung Zwingergarten. In dem befinden sich die Künstlergarderoben, die Probensäle, die Masken-Räume und Büros. Doch 40 Jahre lang ist in diesen Räumen kaum etwas passiert. Garderoben und Sanitäreinrichtungen entsprechen nicht mehr rechtlich geltenden Anforderungen - und schon gar nicht weltweitem Standard.

"Aktuell muss festgestellt werden, das internationale Gastkünstler, Dirigenten, Regieteams sowie Sängerinnen und Sänger nicht mehr bereit sind an die Semperoper zu kommen", heißt es aus dem Freistaat. Grund seien die "schlechten räumlichen Probenbedingungen."

Saniert werden kann der in die Jahre gekommene Funktionsbau eigentlich nur mit einer mehrjährigen Spielpause der Semperoper - undenkbar in Dresden. Daher soll der Neubau zuerst als Ausweichgebäude und später als neue Probebühne der Semperoper gebaut werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Künstler während der Sanierung des alten Funktionsbaus im dann errichteten Neubau geschminkt werden und aufgewärmt immer direkt auf die Bühne kommen können. Das gilt als zwingende Voraussetzung für den Betrieb der Semperoper.

Neubau-Pläne wurden bisher abgelehnt

Im Juni stellten Vertreter des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements (SIB) die Pläne zuletzt im Bauausschuss der Landeshauptstadt vor - und agierten dabei aus Sicht einiger Räte so ungeschickt, dass zu befürchten stand, der Rat könnte das komplette Projekt kippen und ablehnen. Der Plan wurde als "aus der Zeit gefallen" bewertet und als "Treppenwitz" bezeichnet. Der drastische Eingriff in die denkmalgeschützte Parkanlage am Zwingerteich wurde abgelehnt, Bäume müssten erhalten bleiben.

Das SIB wurde mit der Auflage weggeschickt, Visualisierungen vorzulegen, wie sich das Gebäude in die Umgebung einfügen kann. Zudem sollte dargelegt werden, ob sämtliche Alternativstandorte geprüft wurden.

Vor Ort-Termin mit Ministerin

Am Freitag fand eine nichtöffentliche Sitzung des vorentscheidenden Bauausschusses statt. In ihm sitzen Vertreter aller Ratsfraktionen. An dem Termin nahmen neben hochrangigen Vertretern von SIB und Semperoper auch die zuständige Ministerin Barbara Klepsch (CDU) teil.

Zudem liegt eine umfangreiche neue Übersicht zum Neubau vor. Grafiken zeigen, dass die neue Probebühne zwar aus Richtung Landtag deutlich zu sehen sein wird. Auch aus Richtung Zwingerpark wird der Neubau sichtbar sein. Das Haus wird aber weder aus Blickrichtung Neustädter Elbseite, noch vom Theaterplatz aus sichtbar sein. Die Anzahl der zu fällenden Bäume kann weiter reduziert werden, eine besonders geschützte Platane bleibt erhalten.

Beim Termin in den Proberäumen wurde auch deutlich: Das Gebäude ist kaum noch nutzbar. "Das Haus hat keinerlei Dämmung, im Sommer wird es irre heiß", so ein Teilnehmer. Die Fenster aus Aluminium heizen sich bei Hitze auf und lassen im Winter Kälte ins Haus. Das Dach wurde notdürftig gedeckt, Wasser lief vorher von oben hinein und kam laut Teilnehmern am Termin teilweise aus den Wänden wieder heraus.

Im vergangenen Jahr sorgte ein Wasserrohbruch für einen ernsten Schaden. "Die Verantwortlichen haben Angst vor einer Wiederholung und davor, das die komplette Oper für Wochen gesperrt werden muss."

Bei der Prüfung eines alternativen Standortes wurde auch die mit Bäumen bewachsene Freifläche zwischen Italienischem Dörfchen und Oper vorgeschlagen und verworfen.
Bei der Prüfung eines alternativen Standortes wurde auch die mit Bäumen bewachsene Freifläche zwischen Italienischem Dörfchen und Oper vorgeschlagen und verworfen. © Sven Ellger
So soll der Anbau zukünftig sichtbar sein.
So soll der Anbau zukünftig sichtbar sein. © SIB
Beengte Verhältnisse im aktuellen Probengebäude.
Beengte Verhältnisse im aktuellen Probengebäude. © privat
Die Scheiben sind nicht isoliert.
Die Scheiben sind nicht isoliert. © undefined
Überall gibt es sichtbare Mängel.
Überall gibt es sichtbare Mängel. © undefined
So sieht der Anbau in einem Modell der Semperoper aus. Zwei Etagen liegen unter der Erde.
So sieht der Anbau in einem Modell der Semperoper aus. Zwei Etagen liegen unter der Erde. © undefined

So stehen die Räte zum Neubau

"Die baulichen Anlagen sind einerseits technisch verschlissen, entsprechen andererseits aber auch nicht mehr modernen Anforderungen. Dabei geht es nicht um die vielleicht besonderen Bedingungen, wie sie Stars sich wünschen, sondern um profane bauklimatische und arbeitsrechtliche Grundsätze", sagt Stadtrat Tilo Wirtz (Linke). Arbeitsräume sollten "Zugang zum Tageslicht haben, Räume unter Sonneneinstrahlung nicht überhitzen, acht Personen des Chores sollten sich nicht einen kleinen Raum teilen müssen."

Der geplante Neubau bleibt laut Wirtz dennoch eine "weitere Grenzüberschreitung in einen wichtigen innerstädtischen Park". Seine Zustimmung will Wirtz an eine "besondere Kompensation" binden, die zu leisten sei. Besondere Anstrengungen in Sachen der Haustechnik, des Regenwassermanagements, der Energieeinsparung, der Auswahl der Baumaterialien und Bauprozesse seien notwendig. Gefällte Bäume sollten durch mehr Bäumen ersetzt werden.

Auch laut Stadtrat Thomas Löser (Grüne) hat sich das SIB "wirklich bemüht. Der Vor-Ort-Termin war hochkarätig besetzt, der Rat wurde sehr ernst genommen". Eine Schließung der Semperoper für vier Jahre sei "für den Standort Dresden nicht zu vermitteln". Wenn gebaut wird, "dann muss glaubhaft kompensiert werden. Es könnte mit Holz oder in Holzhybridbauweise gebaut werden", so Löser weiter. "In der Abwägung sollten wir uns auf den Weg zum Neubau machen. Zumal die Landesdenkmalpflege den Neubau zugestimmt hat."

Im Mittwoch soll das Thema im Bauausschuss erneut unter anderem mit Landesdenkmalpfleger Alf Furkert beraten werden. Die Kosten für den Neubau liegen bei "mindestens" fünf Millionen Euro. Vor Baubeginn soll ein Architekturwettbewerb stattfinden.

Transparenzhinweis: Dieser Text ist zunächst in einer anderen Fassung veröffentlicht worden.