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Gefahr am Bahnsteig am Dresdner Bischofsplatz: Frau und Kind stecken in Lücke fest

Beim Aussteigen ist eine Frau am S-Bahnhof Bischofsplatz in Dresden mit ihrem Kinderwagen in der großen Lücke zwischen Zug und Bahnsteig hängen geblieben. Sie ist nicht die einzige, die dort Probleme hat.

Von Theresa Hellwig
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Elvira Sellin versucht, mit ihrem Kinderwagen am S-Bahnhof Bischofsplatz in Dresden in den Zug zu gelangen. Wegen der großen Lücke zwischen Zug und Bahnsteig schafft sie das nicht ohne Hilfe.
Elvira Sellin versucht, mit ihrem Kinderwagen am S-Bahnhof Bischofsplatz in Dresden in den Zug zu gelangen. Wegen der großen Lücke zwischen Zug und Bahnsteig schafft sie das nicht ohne Hilfe. © Christian Juppe

Dresden. Ihr Kind habe sich nur kurz erschrocken, sagt Elvira Sellin. Sie hingegen sei panisch geworden: "Ich hatte Sorge, dass der Zugführer nicht mitbekommt, dass ich festhänge", sagt sie. Wovon sie spricht? Es geht um einen Vorfall vor etwa zwei Wochen.

Elvira Sellin fuhr an diesem Tag mit ihrem anderthalb Jahre alten Sohn mit der S-Bahn, Fahrtrichtung Dresden-Neustadt. Der Kleine saß im Kinderwagen. Am Bahnhof Bischofsplatz in Dresden wollte die Trachauerin den Zug verlassen - und blieb mit ihrem Wagen hängen. Denn die Lücke zwischen Zug und Bahnsteigkante ist dort viel größer als üblich. So groß, dass Elvira Sellin alleine dort mit dem Kinderwagen nicht aus dem Zug kommt.

"Da muss man einen wirklich großen Schritt machen, um aus dem Zug zu gelangen", sagt die 37-Jährige. "Der Wagen ist hängengeblieben und vornübergekippt", schildert die Mutter die Szene. "Ich habe ihn von hinten versucht zurückzuhalten, damit er nicht noch weiter in die Lücke rutscht." Nur durch das beherzte Eingreifen eines anderen Fahrgastes habe sie aus der misslichen Lage befreit werden können.

Auch der Bundespolizei ist das Problem bekannt

Schon zwei Mal sei ihr das inzwischen passiert. "Ich fahre die Strecke nicht so oft", sagt sie. "Deshalb hatte ich die Lücke nicht mehr auf dem Schirm." Aber selbst, wenn sie daran gedacht hätte: Sie hätte beim Aussteigen Hilfe gebraucht, sagt sie. "Alleine schaffe ich es da nicht rüber."

Und nicht nur Elvira Sellin hat mit der Lücke zu kämpfen. "Eine Freundin hat mit ihrem Kinderwagen ebenfalls Schwierigkeiten", sagt sie. "Und eben wurde ich am Bahnsteig von einer Frau angesprochen, die sagte, sie habe Knieprobleme - und deshalb ebenfalls Schwierigkeiten."

Je nach Stelle, ist die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig am Bischofsplatz über 40 Zentimeter groß.
Je nach Stelle, ist die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig am Bischofsplatz über 40 Zentimeter groß. © Christian Juppe

Auch der Bundespolizei ist das Problem bekannt. Zwar habe es viele Jahre keine angezeigten Unfälle gegeben. Aber ein Vorfall ist den Bundespolizisten bekannt. Am 4. Januar dieses Jahres habe sich eine Person beim Einsteigen in den Zug verletzt. "Die Person trug beim Einstieg in die S-Bahn einen großen und schweren Rattanstuhl vor sich her", schildert Martin Ebermann von der Bundespolizei. "Dabei trat die Person, da ihre Sicht von dem Stuhl verdeckt war, zwischen Zug und Bahnsteigkante - und stürzte."

Der S-Bahnhof gilt, so wie er ist, als eingeschränkt barrierefrei. Der Bahnsteig selber ist mit einem Aufzug erreichbar. Um in den Zug hinein zu kommen, benötigen Fahrgäste mit Rollstuhl jedoch fremde Hilfe.

Problem besteht bereits seit 2016: seit Eröffnung der Station

Das Problem ist nicht neu: Schon 2016, im Jahr der Eröffnung des Haltepunktes, hatte die Sächsische Zeitung darüber berichtet. Bis zu 47 Zentimeter ist die Lücke groß, hatte damals eine SZ-Messung gezeigt. Weil es nicht das einzige Problem am damals nigelnagelneuen Bahnsteig war, handelte sich dieser den Namen "Pannen-Bahnhof" ein. Damals hatte die Deutsche Bahn erklärt, wie es dazu kommt: Die Lücke liegt daran, dass der Zug an der Stelle in einer Kurve hält.

Das Problem ist also bereits seit acht Jahren bekannt. Dennoch: Gelöst ist es noch nicht. Wird es noch eine Lösung geben?

Heute verweist die Bahn - wie bereits damals - auf ihre Kundenbetreuer und Kundenbetreuerinnen. Diese seien gerne beim Ein- und Aussteigen behilflich, sagt Bahn-Sprecher Jörg Bönisch. Alle Züge der S-Bahn Dresden seien zudem mit einer Überfahrbrücke ausgestattet. "Diese befindet sich im Steuerwagen und kann bei Bedarf ausgefahren werden, um den Spalt zu überbrücken", so der Sprecher. Zudem weise eine Durchsage im Zug auf die große Lücke hin.

Eine Hoffnung auf eine bessere Lösung macht er nicht: "Bedingt durch die Kurvenlage ist die Situation nicht änderbar", so der Sprecher. "Es sind weder am S-Bahnhof noch an den Fahrzeugen Anpassungen möglich."

VVO hofft auf nächste Ausschreibung der Strecke

Etwas hoffnungsvoller stimmt hingegen eine Aussage des Verkehrsverbunds Oberelbe (VVO). Bereits auf eine Anfrage von Elvira Sellin erklärt der Kundenservice per E-Mail, dass es der Wunsch des Verkehrsverbunds sei, dass künftig Fahrzeuge mit Schiebetritten zum Einsatz kommen. "Für die Bereitstellung eines adäquaten Leistungsangebots mit solchen Fahrzeugen benötigen wir jedoch mehr Geld. Wir stehen dazu im engen Austausch mit dem Freistaat Sachsen, um eine dauerhafte Erhöhung der Mittel für den Eisenbahnverkehr zu erreichen", heißt es in einer Mail.

Auch Christian Schlemper, Sprecher des Verkehrsverbunds, verweist auf die kommende Ausschreibung der Strecke. Diese steht für 2027 an. Dort "können die sich bewerbenden Bahnunternehmen auch neue Fahrzeuge anbieten", sagt er. Diese könnten dann über eine automatische Spaltüberbrückungen verfügen. Solche Züge würden auch bereits auf anderen Strecken des VVO eingesetzt.