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Elbe-Hochwasser in Dresden: Warten auf den Höchststand

Bereits am Samstagvormittag soll die Elbe in Dresden ihren Höchststand erreichen. Welche Straßen und Wege gesperrt sind, wie die Kanäle gesichert werden und wie die Prognosen aussehen.

Von Peter Hilbert & Sandro Pohl-Rahrisch
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Stark angestiegen ist die Elbe in Dresden in den vergangenen Tagen - Tendenz weiter steigend. Deshalb können auch Fähren nicht fahren. Dieses Bild wird sich noch bis nächste Woche bieten.
Stark angestiegen ist die Elbe in Dresden in den vergangenen Tagen - Tendenz weiter steigend. Deshalb können auch Fähren nicht fahren. Dieses Bild wird sich noch bis nächste Woche bieten. © Peter Hilbert

Dresden. Die Elbe steuert auf ihren Höchststand zu. 5,56 Meter hat der Pegel am Freitagabend an der Augustusbrücke angezeigt – Tendenz steigend. Für diesen Samstag erwarten die Experten den Hochwasserscheitel in Dresden. Danach soll sich das Wasser nur sehr langsam wieder zurückziehen. Was das für die Stadt am Wochenende und zu Beginn der neuen Woche bedeutet: Das sind die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

Die Überflutungen: Rechter Elberadweg gekappt

Schlechte Karten haben derzeit Radler, wenn sie den rechtselbischen Radweg nutzen wollen. Am Loschwitzer Elbufer ist er vor dem Blauen Wunder komplett überflutet. Nur ein Fahrrad, das im Ständer vorm Körnergarten halb unter Wasser steht, zeugt noch von strampelnden Aktivitäten.

Rechts der Elbe geht für Radfahrer über weite Strecken nichts mehr. Nicht nur am Blauen Wunder, sondern auch in der Innenstadt ist der Elberadweg auf dieser Seite überflutet.
Rechts der Elbe geht für Radfahrer über weite Strecken nichts mehr. Nicht nur am Blauen Wunder, sondern auch in der Innenstadt ist der Elberadweg auf dieser Seite überflutet. © Peter Hilbert

Auch elbabwärts sieht es nicht besser aus. So ist vor der Saloppe überhaupt nichts mehr vom Weg zu sehen. Die Elbe plätschert jetzt an den Mauern von Dresdens erstem Wasserwerk, das zur Wohnanlage umgebaut wurde. Komplett überflutet sind auch die rechtselbischen Wiesen samt Weg zwischen Albert- und Augustusbrücke. Zwar sieht es am anderen Ufer noch etwas besser aus. Doch unterm linken Ende der Albertbrücke hat am Freitagmittag die Elbe bereits den Rand der Radwegs erreicht, droht auch ihn zu überfluten.

Die Elbfluten umspülen derzeit die Außenmauer der Saloppe. Aus den Fenstern bietet sich so ein Blick auf eine weite Wasserlandschaft.
Die Elbfluten umspülen derzeit die Außenmauer der Saloppe. Aus den Fenstern bietet sich so ein Blick auf eine weite Wasserlandschaft. © Peter Hilbert

Währenddessen bietet sich Passanten auf der Augustusbrücke ein idyllisches Bild. Das Terrassenufer ist bis zur Treppe neben dem Italienischen Dörfchen geflutet. Auf dem Wasser spiegeln sich die Hofkirche, das Ständehaus und die Brücke in der Mittagssonne.

Die Silhouetten der Hofkirche und des Ständehauses spiegeln sich derzeit auf dem überfluteten Terrassenufer.
Die Silhouetten der Hofkirche und des Ständehauses spiegeln sich derzeit auf dem überfluteten Terrassenufer. © Peter Hilbert

Der Verkehr: Terrassenufer wird nicht vor Dienstag freigegeben

Das Terrassenufer ist bereits seit Donnerstagabend gesperrt. Zwischen Steinstraße und Kleiner Packhofstraße ist kein Durchkommen. Das wird wahrscheinlich bis kommende Woche so bleiben, denn der Pegel sinkt nur langsam. Das Terrassenufer wird erst bei einem Wasserstand von etwa fünf Metern und weniger wieder für den Verkehr freigegeben. "Die Sperrung wird am Montag voraussichtlich noch bestehen, da die Straße nach dem Abfließen des Wassers noch gereinigt werden muss", heißt es aus dem Rathaus. Weitere Straßen sind hochwasserbedingt derzeit nicht gesperrt.

Mindestens bis Montag soll das Terrassenufer gesperrt bleiben.
Mindestens bis Montag soll das Terrassenufer gesperrt bleiben. © Peter Hilbert

Außer Betrieb sind bis auf Weiteres die Fähren zwischen Johannstadt und Neustadt, Kleinzschachwitz und Pillnitz (nur Autofähre) sowie Laubegast und Niederpoyritz. Die Kleinzschachwitzer Personenfähre kann noch bei gut sechs Metern überholen. "Immer vorausgesetzt, die Passagiere erreichen den Anleger trockenen Fußes", so DVB-Sprecher Falk Lösch.

In Niederpoyritz/Laubegast soll der Betrieb ab einem Wasserstand von etwa 5,75 Meter wieder aufgenommen werden, die Autofähre Kleinzschachwitz/Pillnitz ab einem Pegelstand von 4,50 Meter. In der Johannstadt/Neustadt muss der Pegel laut DVB unter 4,20 Meter fallen. "Die Entscheidung zur Betriebsaufnahme liegt stets bei den Schiffsführern. Sie sind für die Sicherheit des Fährbetriebes verantwortlich."

Aktuelles zum Hochwasser in Dresden und Sachsen:

Busse der Linie 88 können derzeit nicht die Haltestelle Kleinzschachwitz Fähre bedienen. Endstation ist daher die Freystraße.

Die Kanalsicherung: Gullys werden verschlossen

Für die Stadtentwässerung ist es wichtig, dass Fluten nicht ins elbnahe Kanalnetz eindringen, sodass es dort zum Kollaps kommt. Deshalb ist Kanalbetriebsarbeiter Christian Wuttke mit seinen Kollegen am Freitagvormittag am Terrassenufer unterwegs. Die Elbe ist der bereits am Donnerstag gesperrten Magistrale sehr nahegekommen. Der junge Fachmann schraubt mit seinem Vierkant gerade einen Metallstöpsel in eine Öffnung des Gullydeckels, weitere folgen. Damit ist er dicht und somit bestens für Fluten gewappnet. 29 weitere Deckel verschließt dieses Team von Kanalnetzmeister Frank Lieber allein am Terrassenufer.

Mit seinem Vierkantschlüssel verschließt Kanalarbeiter Christian Wuttke die Stöpsel in den Gullydeckeln am Terrassenufer. So können die Elbefluten nicht in den Altstädter Hauptkanal eindringen, der hier verläuft.
Mit seinem Vierkantschlüssel verschließt Kanalarbeiter Christian Wuttke die Stöpsel in den Gullydeckeln am Terrassenufer. So können die Elbefluten nicht in den Altstädter Hauptkanal eindringen, der hier verläuft. © Peter Hilbert

Insgesamt gibt es 140 verschließbare Schachtdeckel in Dresden. Einerseits handelt es sich um solche Stöpseldeckel wie am Terrassenufer oder neben dem Blasewitzer Ende des Blauen Wunders am Schillergarten. Andererseits gibt es Drehdeckel mit Bajonettverschluss. Die Deckel werden bei genau festgelegten Pegelständen geschlossen.

Währenddessen ist eine andere Kolonne von Vorarbeiter Dirk Schwarze am unteren Ende der Friedrich-Wieck-Straße, wo die Elbfluten schon bedrohlich nahegekommen sind. Mit Azubi Rick Langhof prüft er den dortigen Klappdeckel über dem Kanalschacht, ob er dicht ist.

Dirk Schwarze (l.) und Rick Langhof von der Stadtentwässerung kontrollieren am unteren Ende der Friedrich-Wieck-Straße in Loschwitz, ob dieser Klappdeckel dicht ist. Schließlich ist die Elbe schon bedrohlich nahe gerückt.
Dirk Schwarze (l.) und Rick Langhof von der Stadtentwässerung kontrollieren am unteren Ende der Friedrich-Wieck-Straße in Loschwitz, ob dieser Klappdeckel dicht ist. Schließlich ist die Elbe schon bedrohlich nahe gerückt. © Peter Hilbert

Die Stadtentwässerung hat einen ausgeklügelten Hochwasserschutzplan, der in Fällen wie derzeit penibel abgearbeitet wird. Ab einem Elbpegel von 2,96 Metern beginnen die ersten Schritte. So werden zunächst Hochwasser-Absperrschieber geschlossen. Etwa 50 Stück von ihnen enthält der Einsatzplan der Stadtentwässerung derzeit.

Diese Baugrube für den großen Nordkanal an der Kaditzer Grimmstraße musste geflutet werden. Nur so kann der Boden vor dem Auftrieb geschützt werden. Und das, obwohl er bereits mit 55 Tonnen schweren Stahlbetonrohren und Säcken zusätzlich belastet wurde.
Diese Baugrube für den großen Nordkanal an der Kaditzer Grimmstraße musste geflutet werden. Nur so kann der Boden vor dem Auftrieb geschützt werden. Und das, obwohl er bereits mit 55 Tonnen schweren Stahlbetonrohren und Säcken zusätzlich belastet wurde. © Torsten Fiedler/Stadtentwässerung Dresden

Konsequenzen hat das Hochwasser auch für den Industriesammler Nord, der größten Baustelle der Stadtentwässerung. Damit erhalten die Mikroelektronik-Betriebe im Dresdner Norden einen leistungsfähigen Abwasser-Anschluss. Geflutet werden musste bereits zum zweiten Mal die elf Meter tiefe Baugrube an der Kaditzer Grimmstraße, um den Grubenboden vor Auftrieb zu schützen. Schließlich drückt das Wasser in Elbnähe auch von unten.

Das Trinkwasser: Präventiver Aufbau von Schutzwänden an Wasserwerken

Die beiden Trinkwasserwerke Hosterwitz und Tolkewitz befinden sich in Elbnähe. Gefahr für sie bestehe durch das Hochwasser aber nicht, teilt der Versorger Sachsen-Energie mit. "Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet", sagt Sprecherin Nora Weinhold. Es gebe aktuell keine größeren Einschränkungen bei der Gewinnung des Wassers sowie innerhalb des Trinkwassernetzes. "Zur Gewährleistung eines lückenlosen Betriebes und einer weiterhin sicheren Versorgung wurden präventiv Maßnahmen aus dem Hochwasserplan umgesetzt. Dazu zählen beispielsweise die Errichtung von Schutzwänden, Vorbereitungen auf einen Notstromeinsatz und das Auffüllen der Hochwasserbehälter."

Die Vorsorge: Dresdens Stromnetz vor Fluten geschützt

Der Versorger Sachsen-Energie hat Konsequenzen aus Millionenschäden gezogen, die die Jahrhundertfluten 2002 und 2013 allein am Stromnetz angerichtet hatten. Deshalb kommt es jetzt zu keinen größeren Ausfällen. Bereits nach 2002 wurde beim flutsicheren Ausbau des Stromnetzes viel unternommen.

13 weitere Bauprojekte wurden nach der Juni-Flut 2013 umgesetzt. So wurde 2016 das 20-Kilovolt-Mittelspannungskabel durch die Kaditzer Flutrinne ersetzt. Die 400 Meter lange neue Leitung führt im Abschnitt zwischen Autobahnbrücke und Hornbach-Baumarkt durch den Graben. Eingebaut wurden in Längsrichtung wasserdichte Kabel mit einer verbesserten Isolierung. Dringt Wasser ein, kann es sich nicht längs ausbreiten. Die alten Leitungen waren nicht wasserdicht. Aus dem Grund wurde 2017 auch ein Mittelspannungskabel hinter dem Landtag ersetzt.

In luftigen Höhen steht jetzt die neue Umspannstation an der Wachwitzer Bergstraße. Die alte Station neben der Erbgerichtsklause an der Pillnitzer Landstraße war sowohl von der Jahrhundertflut 2002 als auch vom Junihochwasser 2013 überflutet worden.
In luftigen Höhen steht jetzt die neue Umspannstation an der Wachwitzer Bergstraße. Die alte Station neben der Erbgerichtsklause an der Pillnitzer Landstraße war sowohl von der Jahrhundertflut 2002 als auch vom Junihochwasser 2013 überflutet worden. © Peter Hilbert

Höherliegende, flutsichere Trafostationen wurden errichtet, unter anderem in Cossebaude, Gohlis und Laubegast. Im Mittelspannungsnetz wurden 25 der insgesamt 1.344 Trafostationen im Zuge der Hochwasser-Schadensbeseitigung erneuert, da sie besonders gefährdet waren. Dafür wurden rund 1,2 Millionen Euro investiert.

Als letztes Bauprojekt aus dem Flutschutzprogramm wurde die Trafostation an der Wachwitzer Bergstraße erst 2018 fertig. Das war nicht eher möglich, da zuvor die Straße des Friedens nach Pappritz bis 2017 ausgebaut worden war. Beide Straßen ins Hochland konnten nicht gleichzeitig gesperrt werden. Die neue Trafostation liegt jetzt neun Meter höher als die alte, die zuvor direkt neben der Erbgerichtsklause an der Pillnitzer Landstraße stand.

Die Prognose: Immer noch 5,48 Meter am Montagmorgen

Die Elbe soll nicht mehr so starken steigen, wie noch Mitte der Woche befürchtet. Für diesen Samstagvormittag wird vom Landeshochwasserzentrum ein Wasserstand zwischen 5,75 und 5,90 Meter erwartet. Danach soll der Pegel sinken, wenn auch nur langsam. Für Montagmorgen rechnen die Experten mit 5,48 Meter.

Bedeutende Wassermengen werden in den nächsten Tagen nicht in die Elbe gespült. So nähert sich am Samstagabend von Norden her zwar Regen. Dieser soll laut Deutschem Wetterdienst (DWD) jedoch rasch in Schnee übergehen und bei Minustemperaturen auch liegenbleiben. Am Sonntag und Montag werden nur vereinzelt Schneeschauer erwartet.